JONA-PREDIGTEN

1. Jona-Predigt - I.

 

I. Wir wollen nie, was und wie Gott will.

An der Gnade seid ihr errettet, nicht aus Werken, auf dass sich niemand rühme. Wer will diese Wahrheit verstehen, wenn er sie auch noch so hoch hält? Gottes Wille ist es, dass wir Ihm glauben, aber welche Mühe und Arbeit hatte Gott mit Abraham, bevor Er ihn soweit hatte, dass er es anerkannte: Du bist wahrhaftig, und ich ein Lügner! Du in allen deinen Aussagen allein bist gerecht, und ich ein Gottloser! Dasselbe sehen wir bei unserm Propheten wieder. Ein Prophet war er, ein Knecht des Herrn, das wissen wir auch aus 2. Könige 14.25, wo es von dem Jerobeam, dem Sohne Joas heißt: Er stellte wieder her das Gebiet Israels von Hamat bis ans Salzmeer nach dem Wort des Herrn, des Gottes Israels, das Er geredet hatte durch Seinen Knecht Jona, den Sohn Amittais, den Propheten, der von Gat-Hefer war. Wiewohl er nun ein Prophet und Knecht Gottes war, so wollte er doch nicht wie Gott wollte. Sein Name war Jona, das ist ‚Taube’, seines Vaters Name war Amithai, das ist ‚wahrhaftig’. Aber dieser Jona wollte, bevor es darum ging, nicht glauben, dass er sich davon machen würde, wo er zu predigen hatte, und wollte es nicht verstehen, dass der Name seines Vaters in den Himmeln ‚wahrhaftig’ heißt, der das auch tut wozu Er Sein Wort sendet, und Sein Wort durch den darstellen wird, den Er sich dazu erwählt. Er meinte, Gott würde das doch nicht tun, was Er durch ihn wollte gepredigt haben. Er dachte aber nicht, von wie gewaltiger Wirkung die Predigt ist in der Hand des Herrn. Er dachte nicht an das Wort und dessen Macht. Er dachte: Was ich, Jona, bin und sage, das soll gelten, und weil ich wohl weiß, dass dies nicht gelten wird, darum mache ich mich davon und will nicht predigen. Gottes Wort an ihn war aber: Mache dich auf und gehe in die große Stadt Ninive und predige darinnen; denn ihre Bosheit ist heraufgekommen vor mich. – Der Herr aber wollte diese Predigt, um durch Jonas Wort Ninive zur Buße zu leiten und sodann zu erretten. Jona aber wollte, was der Teufel auch wollte – er wollte wohl predigen: Ninive du bist verdammt! – Aber dann sollte Ninive auch verdammt bleiben!

Ihr werdet wohl oft gedacht haben, dieser Jona war doch ein verkehrter Missionar. Aber Petrus, der Jahrhunderte später am Hafen derselben Stadt wohnte, wo Jona an Bord ging, war zuerst eben so wenig willig, zu dem Hauptmann Cornelio zu gehen, und nachdem er wirklich dahin gekommen, musste er sich vor allen Gläubigen dieses Schrittes wegen rechtfertigen, wobei er sich nicht mal zu helfen wusste mit des Herrn Wort: Gehet hin in alle Welt, sondern er rechtfertigte sich damit, dass Gott ihn ein Gesicht hatte sehen lassen. – Aber die Hand in den eigenen Busen, meine Geliebten! Ich halte euch die große Frage vor: Wollen wir unsrer selbst und unseres Nächsten Seligkeit oder Verderben? Glauben wir wahrlich, dass alles abhängt von der Predigt des Wortes, oder lehnen wir uns mit unserer Eigenliebe und mit unseren Geschichten gegen Gottes Wort und Regiment auf? Zu dem Werke, wozu Jona berufen wurde, seid ihr freilich in der Weise nicht berufen, aber: Gehe in die große Stadt Ninive des eignen Herzens und predige, denn die Bosheit dieser Stadt ist heraufgekommen vor mich! Wollt ihr das nicht als einen Scherz hinnehmen, sondern als Gottes Wort an euch selbst? Wollt ihr solche Predigt euch selbst vorhalten, auf dass ihr, wo es doch Gott ist, der das Wollen und Vollbringen in uns wirkt, eurer selbst Seligkeit schaffet, und der große König „Ich“ in dem Herzen sich mit allen seinen Untertanen in Staub und Asche lege? – Oder denkt ihr nicht vielmehr: Gott ist gnädig und gut, Er tut doch nicht was Er drohet, ich bin doch gerettet, ich brauche mir selbst nichts mehr zu predigen? Untersuchet euch selbst. Aber was mich die Erfahrung gelehrt, das sollt auch ihr wissen: Gottes Wille ist es, dass wir durch das Wort von Buße und Glaube selig werden, und dieses Wort wollen wir nicht! Wir wollen nicht, dass Gnade allein herrsche, weil wir dabei untergehen, und solch einen Untergang unsrer selbst scheuen wir. Das ist es, dass wir nie wollen, so wie und was Gott will, obschon wir tagtäglich beten: Dein Wille geschehe.