ABRAHAM-PREDIGTEN

2. Predigt über Melchisedek - TEIL III

 

TEIL III

Der zweite Punkt bezieht sich auf den Ort Salem. Salem bedeutet Frieden, und der Apostel zeigt uns, dass wir außer der Gerechtigkeit, die wir von unserem Herrn Jesus Christus empfangen, immerfort einen Frieden genießen, den Er alleine gibt und den wir durch kein anderes Mittel erlangen können. Wie sich auch die Gottlosen und die Verächter Gottes mühen mögen, sich Ruhe zu verschaffen, so weckt Gott sie doch wieder auf, ja Er tut das durch einen Geist der Raserei, so dass sie wie von Sinnen sind. Denn die Gottlosen suchen sich so Ruhe zu verschaffen, dass sie Gott vergessen, soweit es ihnen möglich ist. Danach gebärden sie sich wie die Tiere. Nun muss Gott sich doch ihnen zum Trotz wieder in Erinnerung bringen, und wenn Er ihnen erscheint, so zittern sie als vor ihrem Richter. Dann haben sie hunderttausend Zeugen, denn ihr Gewissen ist ihnen furchtbarer als alle Prozesse der Welt; sie müssen in Wahrheit durch sich selbst verdammt werden. Auch wenn Gott sich schweigend stellt, so können die Gottlosen sich doch nicht freisprechen, dass sie nicht ihren Fluch spüren müssten. Die Gottlosen haben also keinen Frieden, wie es bei Jesaja heißt (Jesaja 48.22). Aber Jesus Christus ist unser Friede, sagt Paulus in Epheser 2.14, da Er uns mit Gott, Seinem Vater, verbunden und vereinigt hat. Deshalb sagt Paulus auch im 5. Kapitel des Römerbrief: Nun wir denn sind gerecht worden durch den Glauben, so haben wir Frieden zu Gott oder mit Gott. Er unterscheidet den Frieden der Gottlosen, d. h. den, den sie suchen und nicht finden können, von dem Frieden der Gläubigen. Die Gottlosen mögen Gott den Rücken kehren und sich soweit von Ihm entfernen, als es ihnen möglich ist; aber die Gläubigen stellen sich vor Gott und anerkennen Ihn als ihren Vater, da sie wissen, dass Er ihnen ihre Fehler nicht zurechnet, da ja Jesus Christus sie davon freigesprochen hat. Auf diese Weise haben sie Frieden und freuen sich der unendlichen Barmherzigkeit, die ihnen geschehen ist. So wird Jesus Christus nicht ohne Grund der Friedenskönig genannt.

Überdies sind auch die Gläubigen nicht bloß für die Gegenwart sicher, sondern auch für die Zukunft, denn sie wissen, dass Gott sein Werk in ihnen so angefangen hat, dass Er es auch vollenden will. Sie hoffen also darauf, dass Er ihnen niemals fehlen wird, und dass sie mehr und mehr von Ihm geführt und regiert werden, bis sie in Seinem Reiche angelangen. So haben wir, kurz gesagt, den Frieden, und so werden wir ihn in Jesus Christus besitzen, da wir ohne ihn Feinde Gottes sein müssen; und wie wir unseren Lastern und unseren Auflehnungen gegen Ihn Krieg führen, so muss Er auch gegen uns bewaffnet sein.

Es ist auch zu beachten, dass Er ewiger Priester wurde, da Melchisedek, wie schon in der ersten Predigt berührt wurde, ohne Ursprung, ohne Ende und ohne Stammbaum eingeführt wird. Das geschieht, damit wir erkennen, dass unser Herr Jesus Christus, obgleich Er in der Fülle der Zeiten gesandt wurde, doch ewiger Sohn Gottes bleibt, ja dass Er vor der Schöpfung der Welt zum Erlöser bestimmt wurde, denn Er ist der Erstgeborene aller Kreaturen, da ja in Ihm und durch Ihn alles geschaffen wurde, und Er auch nach dem wunderbaren Rat Gottes alles wiederherstellen sollte, weil nach dem Fall Adams, der alle Kreaturen mit sich zugrunde gerichtet hat, überall bloß Auflösung herrschte. Aber alles ist durch unseren Herrn Jesus Christus wieder hergestellt worden. So sollen wir, wie der Apostel in letzten Kapitel des Hebräerbriefes sagt, erkennen, dass Jesus Christus nicht bloß heute ist, sondern dass Er gestern, d. h. von aller Zeit her, gewesen ist, dass Seine Kraft sich erwiesen hat, wie sie sich bis ans Ende erweisen wird. So müssen wir uns also ganz zu dieser Kraft hin flüchten, die die Väter schon erfahren und erprobt haben, ehe Er im Fleisch kundgetan worden ist, und nicht daran zweifeln, obgleich wir fern von Ihm sind und der Himmel und die Erde weit voneinander sind. Wir werden doch immer aus Seinem Leben lebendig gemacht, durch Seinen Reichtum reich gemacht, durch Seine Kraft gehalten und bewahrt. Denn wenn die Sonne, die bloß ein unvernünftiges Geschöpf ist, die Erde fruchtbar macht und erwärmt, und wenn wir dadurch von Gott ernährt und erhalten werden, wie viel mehr muss Jesus Christus tun, der nicht eine unvernünftige Kreatur, der überhaupt keine Kreatur, sonder Gott, im Fleisch geoffenbart, der unser Mittler ist, dem Gott nach Seinem Willen alles überlassen hat, was zu unserem Glück erforderlich war?