ABRAHAM-PREDIGTEN

3. Predigt über Melchisedek - TEIL III

 

TEIL III

Mose kehrt zum König von Sodom zurück, von dem er früher gesprochen hat. Er hat jedoch seine Erzählung unterbrochen, um von Melchisedek zu reden. Er fügt nun hinzu, der König von Sodom habe sich bloß die Leute vorbehalten und die ganze Beute Abram überlassen wollen, als ob er sagen wollte, er verlange nichts von all dem, was ihm von den Feinden genommen worden war, und er erkenne wohl, dass Abram es durch seinen Sieg für sich erworben habe. Er erbittet bloß die Leute und seinen Wohnort zurück. Wir wissen nicht, ob er das nur zum Schein getan hat, weil er sah, dass schon alles in der Hand und in der Macht Abrams war, oder ob er in Wahrheit anerkannt hat, dass alles ihm gebührte, und dass es immer noch viel war, dass er und seine Leute aus der Hand seiner Feinde gerettet worden waren. Wie dem auch sein mag, es wird gesagt, Abram weise dieses Angebot zurück und erkläre, er werde nicht einmal einen Faden oder einen Schuhriemen davon nehmen, d.h. noch nicht einmal etwas Nagel-großes, wie wir in unserer Sprache sagen. ‚Bloß‘, sagt er, ‚was von der Schar gegessen worden ist‘; denn sie hatten ihre Hilfe auch nicht dazu geleistet, um danach ihre Zeche zu bezahlen; und das war auch das mindeste, dass sie dafür unterhalten wurden, dass sie ihr Leben eingesetzt hatten, um die von Sodom zu befreien. ‘Nun ja, was das betrifft, was die verzehrt haben‘, sage ich, ‚mag es dabei bleiben; und dann habe ich meinen Gefährten Aner, Eskol und Mamre; die müssen ihren Teil der Beute bekommen, denn ich will ihrem Vorteil nicht im Wege stehen, und es kommt mir auch nicht zu, ihnen ein Gesetz oder einen Zwang aufzuerlegen. Ich bin großzügig; ich darf sie deswegen nicht zu einer gleichen Maßnahme zwingen. Sie mögen also ihren Anteil nehmen, ich aber nicht‘.

Um sein Wort nun noch mehr zu bekräftigen, sagt er, er habe die Hand zum höchsten Gott aufgehoben, dem Himmel und Erde gehören. Er sagt damit gleichsam, er habe geschworen und werde so handeln; deswegen sei es ihm nicht mehr erlaubt, zurückzugehen. Der andere soll keine Worte mehr verlieren. Wir sehen hier, wie Abram allen Anstoß vermeiden wollte, irgendwelchen Nutzen aus dem zu ziehen, was sein war. Denn nach dem Recht des Kriegers hätte er nach allgemeinem Urteil behalten können, was er erobert hatte. Aber um zu zeigen, dass nicht der Geiz ihn geleitet hat, dass er von Gewinnsucht frei war, als er zu den Waffen griff, sagt er, er werde auch nicht einen einzigen Faden behalten. Selbst bei dem Wort: Damit du nicht sagest, du habest Abram reich gemacht, war er gewiss nicht von Ehrgeiz geleitet. So mag es oft großherzige Regungen bei denen geben, die das Gut des andern an sich zu ziehen bestrebt sind; aber sie fürchten die Schande der Welt und die Vorwürfe; sie wollen überdies ihre Festigkeit beweisen. Abram ist nicht so verfahren, aber das ist, wie ich schon gesagt habe, geschehen, damit der Name Gottes nicht seinetwegen gelästert werde. Denn man hätte sagen können: ‚Was? Dieser Mann hat bisher eine große Einfachheit bewiesen. Man sieht, dass er einen anderen Gott anbetet, dass er von einer erstaunlichen Frömmigkeit ist. Er sagt, er habe sein Land verlassen, da Gott ihn berufen habe, und inzwischen führt er Krieg, er behält die Beute, und man sieht nun, dass er nur ein Räuber ist.‘ So wäre unter dem Namen Abrams der Name Gottes vielen Verleumdungen ausgesetzt worden. Deswegen hält er sich auch zurück.

Nun ist das für uns geschrieben. In erste Linie ist die Regel zu beobachten, dass es nicht genug damit ist, wenn wir vor Gott ein reines Gewissen haben, sondern dass wir auch dafür sorgen müssen, dass wir, wie das Beispiel des Paulus (Apostelgeschichte. 24.16; 1. Korinther 8.13) zeigt, einen guten Ruf und Achtung bei unseren Nächten genießen. Warum das? Damit sie uns dann nicht verdammen, wenn sie glauben können, wir hätten etwas Schlechtes getan. Wir sollen sie vielmehr zum Guten reizen. Zwar werden wir dem Beißen und dem Bellen vieler Hunde nicht entgehen können; auch wenn wir ohne Flecken und Makel sind, so werden sie doch nicht aufhören, uns herabzusetzen und zu verleumden, denn der Sohn Gottes ist auch dadurch hindurch gegangen, alle Propheten und Apostel sind auf Grund falscher Verleumdungen verklagt worden. Also müssen wir dazu bereit sein, Gutes zu tun und Schlechtes zu hören, wie Paulus an einer Stelle sagt (Römer 12.14; 1. Korinther 4.12), viele Sticheleien, falsche Anklagen und Beleidigungen einzustecken. Wir müssen hier hindurch. Aber so viel an uns liegt, dürfen wir denen doch keine Gelegenheit geben, die sie suchen, und müssen ihnen also Abram nachfolgen, dass wir wohl daran denken, wie wir von allen Seiten beobachtet werden. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, so sind wir es doch unseren Nächsten schuldig, dass wir den Schwachen kein Ärgernis geben. Diese könnten sich an uns ein schlechtes Beispiel nehmen, und es wird immer böse Menschen geben; die bloß danach verlangen, irgendeine Anklage, irgendwelchen Streit und irgendwelche Verleumdung aufzubringen. Aber wie ich gesagt habe, wir wissen auch ohne das Bescheid, denn Gott will, dass wir gleichsam auf einem Gerüst stehen, dass wir, wie Paulus im Philipper 2.5 -11 (und auch 2. Korinther 4.10) sagt, Seinen Namen und Sein Zeichen tragen, und dass wir andererseits den Bösen ein Licht seien. Wie verderbt und verkehrt sie auch sein mögen, so sollen wir ihnen doch den guten Weg zeigen, damit sie dadurch verwirrt werden und nichts finden, was sie uns nachsagen könnten. Und dadurch soll ihnen noch alle Entschuldigung genommen werden, wenn sie sehen, dass wir Gott in Rechtschaffenheit dienen, während sie Betrügereien, Unredlichkeiten und dergleichen nachgehen. Auf diese Weise haben wir diese Lehre anzuwenden.