JONA-PREDIGTEN

5. Jona-Predigt - III. Teil

 

III.        Der Predigt Frucht

Jona 3. 5 – 10

Da glaubten die Leute zu Ninive an Gott und ließen predigen, man sollte fasten, und zogen Säcke an beide, groß und klein. Und da das vor den König zu Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte einen Sack um sich und setzte sich in die Asche. Und ließ ausschreien und sagen zu Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Gewaltigen, also: Es soll weder Mensch noch Tier, weder Ochsen noch Schafe etwas kosten, und man soll sie nicht weiden, noch Wasser trinken lassen. Und sollen Säcke um sich hüllen beide, Menschen und Tier, und zu Gott rufen heftig; und ein jeglicher bekehre sich von seinem bösen Wege, und von dem Frevel seiner Hände! Wer weiss, Gott möchte sich kehren und Ihn reuen und sich wenden von Seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Da aber Gott sah ihre Werke, dass sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reuete Ihn des Urteils, das Er geredet hatte ihnen zu tun, und tat’s nicht.

Die Frucht war herrlich. Es kam Glaube, nachdem die Verdammung und der Untergang gepredigt war! Es kam Buße, Zerknirschung, Reue, Demütigung in Sack und Asche! Das Wort der Predigt kam vor den König – dieser ließ Menschen und Vieh, Reiche und Arme, Alte und Junge fasten, sich in Säcke hüllen und heftig zu Gott rufen! Und ein jeglicher musste sich bekehren von seinem bösen Wege und von dem Frevel seiner Hände! So gab alles in der Stadt Gott die Ehre und tat was Gott wollte. Alles rechtfertigte Gott, verdammte sich selbst und alle seine bösen Wege, verließ dieselben und verzweifelte nicht an Gottes Erbarmen. So zeigten sich der Hoffnung Anfang, welche eben darin besteht, dass man nicht verzweifelt. Sie ließen dabei Gott in Seinem Rechte und Freimacht, sie zu erhalten oder zu verderben, aber wie bestimmt auch der Spruch Gottes gewesen: Noch vierzig Tage und Ninive wird untergehen, so gaben sie es doch nicht verloren und ließen nicht nach, mit heftigem Rufen bei Gott anzuhalten um Errettung, Hilfe und Gnade, und sie fassten von Ihm diesen guten Gedanken: Wer weiß, Gott möchte sich kehren und ihn reuen und sich wenden von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Dies war die Frucht der Predigt des Wortes! Die Leute zu Ninive glaubten an Gott! Und da Gott ihre Werke sah, das ist also ihr rechtschaffener Glauben, dass sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, so reute Ihn des Übels, das Er geredet hatte Ninive zu tun, und Er tat es nicht! – Und so war denn die große Stadt Gottes von dem Verderben und dem Untergang für diesmal errettet!

Die Vernunft, angereizt von dem Teufel, hat hier viele Fragen aufzuwerfen, leider die Vernunft der Christen, welche darin von den Niniviten beschämt werden, wie auch Jona selbst von den Niniviten beschämt wurde. Hatte er sich doch gegen den Willen Gottes gesträubt, gegen das Wort der Gnade! Aber die Niniviten fürchteten sich vor dem Worte Gottes und glaubten ihm. – Die Vernunft wirft sich alsbald mit der Frage auf: War diese Buße und Bekehrung der Niniviten aufrichtig? So geht denn die Vernunft stets darauf aus, die Herrlichkeit der Werke, welche in Gott getan sind, zu schmälern, um dagegen ihre eigenen Werke für vollkommen anzupreisen. Was tue ich aber mit einer Frage, welche keiner Antwort wert ist? Gott ist gerechtfertigt, das ist genug! Und da Gott der Niniviten Werke sah, gereute Ihn des Übels, das Er geredet hatte. Die Vernunft bringt aber jede rechtschaffene Buße und Bekehrung in Verdacht, wogegen die Bekehrung des Fleisches nie in Verdacht genommen, sondern hoch gepriesen wird. Und alsbald muss dies durch allerlei Blätter der christlichen Welt erzählt werden – und wer es wagt, dergleichen in Verdacht zu nehmen, der soll kein guter Christ mehr heißen. Die Vernunft meint, Ninive habe von Gott nichts wissen können, weil die Vernunft nicht an den heiligen Geist glauben will, welcher die ganze Welt straft und allerwärts den lebendigen Gott und seine Gerechtigkeit vor den Gewissen handhabt. Die Vernunft zerarbeitet sich sodann an ihren Überlegungen, wie dieses alles zusammenhängen möge und könne mit Gottes Ratschlüssen – weil die Vernunft es nie begreifen kann, dass Gottes Ratschlüsse durch die Predigt von Buße und Glauben, nie aber ohne diese Predigt in Erfüllung gehen! Wie sie es denn auch nicht begreifen kann, dass Gottes Zorn keine Leidenschaft in Gott ist, sondern Sein allerheiligster und ruhevoller Wille, die Sünde zu richten und zu strafen, und dass Seine Drohungen, welche Sein Wort bringt, wo sie haften, in Wahrheit nur ein Aufschrecken zur Bekehrung sind und eine Offenbarung Seiner Erbarmung. Wenn Gott sagt, du wirst sterben und nicht leben, so bekehre dich von deiner Ungerechtigkeit und halte Gott Seinen Christus vor – so wirst du leben und Sein liebliches Angesicht sehen in alle Ewigkeit!

Aber genug von der Vernunft! Das dritte Kapitel des Propheten Jona beweist es vor aller Welt schlagend und überzeugend genug, was ich in dem Eingang meiner Predigt aussprach: Dass man, wie untüchtig auch an und für sich selbst, dennoch zu allem guten Werk tüchtig sein wird, wenn man an der Hand der Gnade geht. Ihr habt keinen Mangel an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesu Christi; welcher auch euch wird festhalten bis an das Ende, dass ihr unsträflich seid auf den Tag unseres Herrn Jesu Christi schrieb Paulus an die Korinther. Wer will Liebe, Hoffnung, Glaube, Sanftmut, Demut, Keuschheit, Aufrichtigkeit; wer begehrt und erstrebt sich allerlei gute Werke, Heiligkeit und Frucht, woraus er seiner Seligkeit gewiss sein möchte? Wer will Gebet und gottesfürchtigen Wandel? Wer will ein Herz, welches ehrlich und gut, welches ohne Falsch ist? In Summa: Wer will den Willen Gottes unsträflich getan haben, auch der Kennzeichen sich erfreuen, dass er ein Kind Gottes ist und in Gottes Wegen einhergeht? Der gebe es alles aus seiner eigenen Hand! Lass los, spricht der Herr, und du wirst losgelassen werden. Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat ewiges Leben! Wer ewiges Leben hat, hat die Wirkungen, die Bewegungen, das Vorsichherschaffen, welches diesem Leben eigen ist, wie von selbst. Jona wollte auch erst seinen Weg in eigener Hand halten und klüger sein als Gott, darüber geriet er in die Hölle – als er aber nichts mehr hatte, nichts mehr wusste, als den Herrn und Sein Wort, da ging es so gut, dass wir an ihm ein Beispiel haben, welches wohl einzig in der Schrift dasteht: Denn eine große Stadt Gottes kam zum Glauben und zur Buße durch eine einzige Predigt, worauf Jona nicht hat studieren können, um sie fertig zu bringen, und durch einen einzigen Gang, welchen der Prophet nicht mal hatte gehen wollen!

Es sieht allerdings gefährlich aus und scheint ein Sprung in die Tiefe der Hölle, als ein Gottloser gerecht und selig zu werden und das ‚Können’ und das ‚Sollen’ drangegeben zu haben – denn da muss man lediglich von der Gnade abhängen. Aber das Wort, das Wort von Gnade – kann es machtlos sein, ist es nicht allmächtig? Wohl dem, der sich demselben ergeben hat! Ich sage dem Wort, und nicht seinem Befinden. Das Wort, es schafft vor sich her. Und wer als ein Auswurf der Hölle auf Gottes Wort einhergeht und auf Sein Wort das Netz auswirft, sei es auch in die Tiefe, wo nach aller Vernunft nichts gefangen wird, er wird das Schiff wohl in den Hafen bringen, zum Sinken belastet mit Werken, die in Gott getan sind. Die Fische hat aber der Herr gegeben, nicht hat sie der Mensch geschaffen. Und ist dem Menschen zum Ruhm oder hat er damit etwas verdient, dass er sie gefangen hat? Und wer sorgt noch hinterher, dass das Netz nicht zerreißt? Alles ist aus Gott! Gotte und dem Lamme allein die Ehre von nun an und in Ewigkeit! Amen.