JONA-PREDIGTEN

4. Jona-Predigt - Teil 2

 

Kein Seeungeheuer, keine Hölle, kein Tod, keine Gebundenheit in Sünde hat weiter Macht oder Gewalt, wenn der Herr spricht: Lass meine Gefangenen los! Die Hölle muss bersten oder diese wiedergeben. Das sollte uns doch für immer guten Mutes machen, dass wir ein fröhliches, vergnügtes Leben führen mögen, da wir wissen, dass es der Hölle ganz übel dabei wird, wenn sie die Elenden Gottes verschluckt hat. Die mit Christi Blut von Ewigkeit erkauft sind taugen einmal nicht in dem Bauche der Hölle! Die Hölle denkt wohl einen guten Fang an ihnen zu haben, aber sie kann den lebendigen Heiland so wenig in ihrem Bauche ausstehen, dass sie, ob auch der Sünder wohl ihr munden möchte, eines losgekauften Sünders wegen doch mehr Angst des Todes im Leibe haben wird, als der Elende selbst dabei mag geängstet sein. Und fängt er erst an zu schreien und zu bekennen: Das Heil ist des Herrn, so wird es ihr gar übel zum Tode! Und spricht dann Er, dessen Name ist Ihr Erlöser ist stark: Gib wieder deine Beute, alsbald krümmt sich zu Seinen Füßen der mächtige Leviathan, bittet für sich selbst um das Leben und speit den mit Gott Ringenden aus, sei’s auch mit Widerwillen und starkem Sträuben. Aber er muss, denn das Wort ist erschallt: Ich will sie erlösen aus der Hölle, ich will sie erretten vom Tode! Tod, ich will dir ein Gift; Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein!

Aber was sage ich er speiet ihn aus? Ja doch, so lesen wir: Und er (der Fisch) speiete Jona aus ans Land. – So vernehmen wir denn, wie Jona an’s Land gekommen ist, nämlich ebenso wie Mirjam, das heisst deutsch Ihre Widerspenstigkeit, aufgenommen wurde in dass Lager Gottes. Sie wurde aufgenommen, als hätte ihr Vater ihr in das Gesicht gespieen, was wohl die äußerste Schmach ist. Jona befand sich, wie Paulus sich befand, da ihm der Herr erschienen war. Jona, Mirjam und Paulus, und alle die zu dem Häuflein der Heiligen Gottes gehören, kommen ans Land wie ein Totes, das von seiner Mutter Leib kommt, es ist schon die Hälfte seines Fleisches gefressen. Jona kam ans Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf aus der Hölle. Wie verschieden war dieser Jona von dem vorigen Jona. Früher war er fett und stark, früher konnte er so heilig, so gravitätisch einhergehen, er konnte mit dem Haupte in den Wolken wandeln. Wie hübsch waren früher seine Kleider, da konnte er goldene Schellen der Heiligkeit an dem Saum seines Rocks tragen, dass alle den Klang hörten und von ihm sagten: Da geht er, da kommt er. Und ach wie sah er jetzt aus: Hatte er noch Gestalt oder Schönheit? Hätte sein ganzes Volk der Juden ihn in diesem Zustand erblickt, sie würden sich gewiss gefragt haben: Ist das Jona, ist das ein Prophet Gottes, ist das ein Christ? Dahin war seine ganze Zierde, alle seine Herrlichkeit. Wie war er so ganz verändert binnen drei Tagen und drei Nächten! Seine Gestalt war zerfallen und wie von einer Motte zerfressen. Abgehärmt und abgemagert von dem Fasten und der Angst des Todes, kam er zum Vorschein. Er sah aus wie einer der aus dem Grabe gekommen ist. Alle seine Kleider, der ganze heilige Prophet, war ein Schlamm und Speichel, dazu überschüttet von einer großen Wasserwoge, womit die Hölle ihn ausgeworfen hatte. So sah er denn schlimmer aus als noch je zuvor; sündiger war er als je zuvor, elender und hilfloser, unreiner und befleckter, als da er zum ersten Mal bekehrt wurde! Ach er konnte vor Scham und Schande seinen Mund nicht auftun. Er war wie ein kahler unfruchtbarer Baum, zweimal erstorben und ausgewurzelt. Und was Paulus von einer Witwe sagt die in Wollüsten lebt, dass sie lebendig tot ist, ein ähnliches musste er zu seiner Beschämung von sich bekennen. Dass einer zuerst, wenn er bekehrt wird, tot liegt in Sünden und Missetaten, dass ein solcher gelegen hat in den Stricken des Todes in der Hölle, das ist einmal nicht anders! Dass aber ein Wiedergeborener, ein Bekehrter so weit von dem Felsen verschlagen wird, dass er in eine Tiefe hinabstürzt, die er nie zuvor gekannt, ja dass er in den Bauch der Hölle hinein gerät und als ein Gebundener des Satans sich nicht rühren noch bewegen kann, sich selbst mit all seinem Tun und Wollen, wie gerne er auch möchte, nicht mehr erretten kann, solches gereicht doch wohl zu seiner äußersten Schmach und Schande.

Jona kam also ans Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf der Hölle! Er hatte seine Heiligkeit in der Hölle lassen müssen und lag da auf dem Trockenen wie eitel Speichel und Schlamm. Die Hölle hat ihn nicht freigeben wollen, sie musste es aber! Denn das Gebet des Lebens war gekommen zu dem Gebet des Elenden! So stieß sie ihn denn aus, überwarf ihn aber dabei noch am Ende mit ihrem ganzen Geifer! Da lag er denn wie ein Frucht aus der Geburt geworfen, nicht wert ein Mensch zu heißen, wie ein Junges, dahingeworfen aus der Mutter, von der Gebärerin, die sich davon gemacht, verlassen, wie ein hilfloses Kind, das nicht weiss was es anzufangen hat. Aber nein, ein Kind denkt nicht: Er lag da, ein weiser, ein verständiger, ein denkender Mann; ein Mann der Gott kannte, der mit dem Herrn, mit den Engeln Umgang gepflogen hatte, der erleuchtet war, der den Geist Gottes empfangen hatte; und dieser denkende Mann war überworfen, überdeckt mit allem Schlamm des Abgrundes, so dass er vor den Menschen sich schämen und davon machen musste, oder mit allen Gefühlen: Ich bin es unwert, dass sie mich aufnehmen, ihre Hilfe anrufen, wie der elendeste Bettler es nicht braucht zu tun. Wo er auch hinkommen mochte, musste er seine Kleider ausziehen, nackt da stehen und froh sein, wenn man ihm mit etwas Wasser zur Reinigung, mit einem Kleide zur Verdeckung in Liebe entgegen kam.

Ich hätte seine Gespräche hören mögen, die er mit Frommen und Gottlosen, mit Reichen und Armen am Geiste, mit Heuchlern und Aufrichtigen, mit Ketzern und Irrenden, mit hohen Heiligen und kleinen Kindern in der Gnade gehalten haben mag, nachdem er so wunderbar erlöst war aus dem Rachen des Todes! Gehört möchte ich haben sein Zeugnis von sich selbst und von der Gnade Jesu, auch die Antworten, die er den Leuten gegeben hat, da er so schrecklich verunstaltet zum ersten Male wieder Menschen sah. Sie haben ihn natürlich gefragt: Wie heißt du, und wo kommst du her, und wodurch bist du so zugerichtet? Da hat er denn die ganze Wahrheit sagen müssen. Auch bekennen wie er hat heilig sein wollen, wie er aber dabei gesündigt hat, wie er also nicht mehr heilig sei, sondern Gott allein heilig ist – und dass er deshalb nunmehr in Wahrheit heilig sei, wie er auch aussehe, weil das Heil des Herrn ist.