RÖMER

Römer Kapitel 9 Teil VI

Römer 9.22-23

Derhalben, da Gott wollte Zorn erzeigen und kundtun seine Macht, hat er mit großer Geduld getragen die Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis; auf dass er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er bereitet hat zur Herrlichkeit.

 

Derhalben, da Gott wollte Zorn erzeigen und kundtun seine Macht, hat er mit großer Geduld getragen die Gefäße des Zorns, die da zugerichtet sind zur Verdammnis. – Eine zweite Antwort, welche in Kürze zeigt, dass Gottes Rat in diesem Stück zwar unbegreiflich ist, dass aber doch Seine Gerechtigkeit nicht minder untadelig sich zeigt, wenn sie den Verworfenen das Verderben, als wenn sie den Auserwählten die Seligkeit bereitet. Allerdings will und kann der Apostel auch hier nicht erklären, warum die einen verworfen, die andern aber erwählt werden. Denn es wäre nicht recht gewesen, den Inhalt des geheimen Ratschlusses Gottes menschlichem Urteil zu unterstellen, und das Geheimnis hätte doch unenthüllt bleiben müssen. Paulus zügelt also unsere Neugier, damit sie nicht durchforsche, was doch alles Denken übersteigt, und zeigt doch zugleich, dass Gottes Erwählungsratschluss, soweit Er uns überhaupt enthüllt ward, als vollkommen gerecht erscheinen muss. Der Satz „Wenn nun aber Gott … mit großer Geduld getragen hat“ usw., fordert die Ergänzung: Wer wagt es dann noch, Ihm deshalb Ungerechtigkeit vorzuwerfen? Der Gedanke ist nämlich der: Diese Gefäße sind zum Verderben bereitet, das heißt, dem Verderben geweiht und dafür bestimmt; es sind also Gefäße des Zornes, das heißt, sie sind geschaffen und gebildet, um als Beweisstücke der göttlichen Strafe und des göttlichen Zornes zu dienen. Wenn sie nun Gott eine Zeitlang geduldig trägt und sie nicht im nächsten Augenblick zerschlägt, sondern das ihnen zugedachte Gericht aufschiebt – und wenn Er dies tut, einerseits um den Übrigen ein erschreckendes und darum heilsames Beispiel Seines strengen Gerichts zu geben, andererseits um seine Macht zu zeigen, welcher die Kreaturen auf allerlei Weise dienen müssen, namentlich aber um den Reichtum seines Erbarmens über die Auserwählten desto sichtlicher und heller leuchten zu lassen – was soll dann in solcher Anordnung des Tadels wert sein? Freilich verschweigt der Apostel, woher es kommt, dass es zum Verderben bereitete Gefäße gibt. Aber das ist begreiflich. Er kann nach Seinen vorherigen Darlegungen voraussetzen, dass man den Grund in dem ewigen und unentwirrbaren Ratschluss Gottes suche. Und es ziemt sich, Gottes Gerechtigkeit lieber anzubeten, als sie durchschauen zu wollen. „Gefäße“ aber schreibt der Apostel im Sinne von „Werkzeuge“. Denn alle Bewegung aller Kreatur ist wie ein Mittel und Werkzeug göttlicher Kraft. Mit gutem Grunde heißen danach wir Gläubigen (Vers 23) Gefäße der Barmherzigkeit, denn wir sind Gottes Werkzeuge zur Offenbarung Seiner Barmherzigkeit, die Verworfenen aber Gefäße des Zorns; denn sie dienen dazu, dass man Gottes Gerichte schaue.

Auf dass er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er bereitet hat zur Herrlichkeit. – Dies ist ein neuer Anlass, an dem Verderben der Verworfenen Gottes Herrlichkeit zu schauen: Dies Verderben rückt den Reichtum der Güte Gottes über die Auserwählten in ein desto helleres Licht. Oder gäbe es noch einen andern Unterschied zwischen den Auserwählten und Verworfenen als bloß den, dass der Herr die ersteren aus dem gleichen Abgrunde des allgemeinen Verderbens herausgezogen hat? Und zwar nicht auf Grund irgendeines eigenen Verdienstes, sondern lediglich nach dem Wohlgefallen Seiner Gnade! Kräftiger also kann man sich schwerlich von Gottes unermesslicher Gnade gegen Seine Auserwählten überzeugen, als wenn man das Elend derer ansieht, welche unter Seinem Zorn bleiben. Wenn der Apostel zweimal sagt: „Herrlichkeit“, so ist an deren leuchtendste Erscheinung zu denken, an die Gnade. Ganz in demselben Sinne heißt es Epheser 1.12 & 14: Wir sollen etwas sein zu Lob seiner Herrlichkeit, und: Wir sollen sein Eigentum werden zu Lob seiner Herrlichkeit. Der Apostel will damit ausdrücken, dass die Auserwählten dem Herrn als Mittel und Werkzeuge dienen, Sein Erbarmen zu offenbaren und Seinen Namen zu verherrlichen.