RÖMER

Römer Kapitel 8 Teil II

Römer 8.5-8

Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. Denn fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott, sintemal das Fleisch dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag´ s auch nicht. Die also fleischlich sind, können Gott nicht gefallen.

 

Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. – Diese Ausführungen über den Gegensatz von Fleisch und Geist haben einen doppelten Zweck. Zunächst sollen sie durch den Hinweis auf das Widerspiel zeigen (was der Apostel zuvor ausgesprochen hat), dass an Christi Gnade nur Teil haben kann, wer vermöge der Erneuerung des Geistes auf ein reines Leben sich bedacht zeigt. Zugleich sollen aber auch die Gläubigen einen Trost empfangen, wenn der Blick auf ihre vielfachen Schwachheiten ihnen den Mut rauben will. Denn wenn (vergleiche Vers 1) nur diejenigen der Verdammnis entrissen sein sollen, welche nach dem Geist wandeln, so könnte damit wieder allen Sterblichen die Heilshoffnung zu entschwinden drohen. Denn wer besitzt den Schmuck einer so engelgleichen Reinheit, dass er gar nichts mehr mit dem Fleische zu schaffen hätte? Deshalb musste der Apostel unbedingt noch weitere Auskunft darüber geben, was es heißen soll, fleischlich sein und nach dem Fleische wandeln. Wenn er sagt, die da fleischlich sind, richten ihr Sinnen und Trachten auf das, was des Fleisches ist, so versteht man ja, dass er solche Leute, die sich nach der himmlischen Gerechtigkeit wahrhaft sehnen, nicht für fleischlich erklärt, sondern nur solche, welche sich ganz der Welt übergeben. Trotz aller fleischlichen Anhängsel mögen also die Gläubigen sich trösten. Sie sollen nur nicht ihren Begierden die Zügel schießen lassen, sondern sich der Leitung des Heiligen Geistes unterstellen. Nur denen wird die Gotteskindschaft abgesprochen, welche den Lockungen des Fleisches nachgeben und ihre Gedanken mit vollem Eifer an verderbte Begierden hängen. Andererseits: Wo der Geist die Oberherrschaft hat, da ist dies ein Anzeichen der göttlichen Gnadenwirkung; und da, wo die Herrschaft des Fleisches den Geist ganz erdrückt hat, findet Gottes Gnade keinen Raum mehr.

Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. – Obgleich der Grundtext diesen Satz mit „denn“ oder „nämlich“ anschließt, ist die Übersetzung „aber“ am passendsten; denn der Zusammenhang zeigt, dass die soeben beschriebene fleischliche Art bis in ihre letzten Konsequenzen verfolgt werden soll. So wird durch den Gegensatz bewiesen, dass, die im Fleische sind, Christi Gnade nicht ergreifen können, denn die ganze Richtung ihres Lebens zielt ja im Gegenteil auf den Tod. Dagegen lässt sich aus dem zweiten Satzgliede schließen, dass, wo nur irgendetwas in uns sich nach dem Leben ausstreckt, sich darin schon die Wirkung des Geistes offenbart; denn aus dem Fleische könnte man keinen einzigen Lebensfunken hervorlocken. Als das Ziel, worauf der Sinn des Geistes sich richtet, nennt der Apostel das Leben; denn der Geist spendet Leben oder führt zum Leben. Der Friede begreift dann nach hebräischer Denkweise das Vollmaß des Glückes in sich. Denn alles, was Gottes Geist in uns wirkt, tut Er zu unserer Seligkeit. Unser Satz darf nun nicht zu dem Irrtum verleiten, als gründe sich das Heil doch irgendwie auf die Werke. Denn wenn auch Gott Anfang und Fortgang des Heils dadurch in uns schafft, dass Er uns nach Seinem Ebenbilde erneuert, so liegt der einzige Grund dafür doch in Seinem Wohlgefallen, welches uns zu Gliedern Christi macht.

Denn fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott. – Denn fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott. Jetzt folgt der Beweis für die vorige Behauptung, dass der Fleischessinn zum Tode führe: Er tut dies, weil er wider Gottes Willen ankämpft. Gottes Wille ist ja der Maßstab dessen, was recht ist. Was Ihm widerstreitet, ist unrecht. Was aber unrecht ist, wirkt immer tödlich. Ist Gott wider uns und unser Feind, so wird man vergeblich auf Leben hoffen. Denn Seinem Zorne folgt der Tod auf dem Fuße nach.

Sintemal das Fleisch dem Gesetz Gottes nicht untertan ist. – Eine Erläuterung des vorigen Satzes, welche zeigt, wieso alle Gedanken des Fleisches wider Gottes Willen streiten: weil man nämlich den Willen Gottes nur dort erkennt, wo Er ihn offenbart hat. In Seinem Gesetz zeigt uns Gott, was Er haben will. Wer also in Wahrheit prüfen möchte, ob Er mit Gott einig ist, soll an diesem Maßstab sein Denken und Treiben messen.

Denn es vermag´ s auch nicht. – So steht es mit der Kraft des freien Willens, welche oberflächliche Moralprediger bis in den Himmel erheben! Gegenüber diesem geläufigen Irrtum sagt Paulus hier mit klaren Worten, dass wir unsere Triebe nicht zum Gehorsam gegen das Gesetz zu zwingen vermögen. Jene Moralprediger sagen, dass das Herz sich nach beiden Seiten hin entscheiden könne; wenn nur der Geist einen leisen Anstoß gebe, so stehe es in unserer Macht, zwischen Gut und Böse zu wählen; es gäbe demgemäß gute Regungen unserer Natur, welche als Vorbereitungen für den Empfang der Gnade zu gelten hätten. Paulus dagegen verkündet, dass unser Herz von Härtigkeit und ungezähmtem Widerspruchsgeist strotzt, so dass es natürlicherweise nie bereit sein wird, sich dem Joch des Herrn zu beugen. Dabei handelt es sich auch nicht um diese oder jene einzelne Neigung, sondern unterschiedslos um alle unsere Herzensregungen. Möge darum jener heidnisch-philosophische Satz vom freien Willen kein Christenherz vergiften! Wer sich selbst kennt, wird bekennen, dass er ein Knecht der Sünde ist, welchen erst Christi Gnade frei machen muss (Johannes 8.34 & 36). Sich einer andern Freiheit zu rühmen ist vollendete Torheit.

Die also fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. – Absichtlich habe ich das „aber“ des griechischen Textes durch „also“ wiedergegeben; denn das Wörtlein hat hier sicher einen folgernden Sinn. Der Apostel zieht den Schluss des ganzen Gedankenganges: Wer sich von den Begierden des Fleisches treiben lässt, ist dem Herrn verhasst. Damit ist der vollständige Beweis für die Behauptung geliefert, dass alle, die nicht nach dem Geiste wandeln, Christus fremd und vom Leben aus Gott ferne sind.