RÖMER

Römer Kapitel 7 Teil II

Römer 7.5-6

Denn da wir im Fleisch waren, da waren die sündlichen Lüste, welche durchs Gesetz sich erregten, kräftig in unsern Gliedern, dem Tode Frucht zu bringen. Nun aber sind wir vom Gesetz los und ihm abgestorben, das uns gefangen hielt, also dass wir dienen sollen im neuen Wesen des Geistes und nicht im alten Wesen des Buchstabens.

 

Denn da wir im Fleisch waren. – Der Gegensatz zeigt noch deutlicher, wie töricht die fanatischen Ansprüche sind, mit welchen die Gläubigen noch immer unter dem Gesetze sollen festgehalten werden. Denn solange der gesetzliche Buchstabendienst ohne Christi Geist lebt und herrscht, werden die Lüste des Fleisches nicht eingedämmt, sondern brechen immer stärker hervor. Das Königreich der Gerechtigkeit wird erst aufgerichtet, wenn Christus die Sklaverei unter dem Gesetz bricht. Zugleich lässt uns Paulus ersehen, welche Werke denen ziemen, die vom Gesetz frei geworden sind: Gesetzesknechtschaft führt zum Tode, der Dienst der Gerechtigkeit zum Leben. Doch halten wir uns genau an die Worte des Apostels! Wenn er die Zeit beschreiben will, da wir noch unter der Herrschaft des Gesetzes standen, sagt er: Wir waren im Fleische. Daraus wird klar, dass alle, welche unter dem Gesetz sind, nur äußerlich durch den Geist desselben berührt werden; eine innere Frucht und Wirkung wird nicht erzielt. Denn es fehlt der innerliche Anteil am Geist Gottes. Solche Leute bleiben im Innersten sündhaft und verkehrt, bis ein besseres Heilmittel ihre Krankheit vertreibt. Beachtenswert erscheint diese geläufige Redeweise der Schrift, laut welcher alle diejenigen „im Fleische“ sind, welche nur die Gaben der Natur besitzen, aber noch nicht die besondere Gnade, welche Gott Seinen Auserwählten schenkt. Wenn der ganze Zustand unseres Lebens in dieser Weise von Sünde durchtränkt ist, so bleibt von Natur kein Teil unserer Seele unberührt, und der freie Wille kann keine andere Fähigkeit besitzen, als in alle Teile unseres inneren Lebens sündige Begierden wie Pfeile zu schießen.

Da waren die sündlichen Lüste, welche durchs Gesetz sich erregten. – Das Gesetz steigerte nur die sündlichen Begierden, welche ihren Samen ringsum in die Seele streuten. Alles an uns diente der bösen Lust. Solches schafft das Gesetz, wenn nicht die innere Leitung durch den Geist hinzukommt; es erregt die Begierden des Herzens, so dass sie nur lebhafter aufquellen. Und der Apostel fügt noch einmal hinzu, dass, solange die sündlichen Lüste unter dem Gesetz uns beherrschen, nichts erreicht wird, als dass wir dem Tode Frucht bringen. So wenig vermag das Gesetz für sich allein. Welche Torheit also, sich und andere von neuem unter dieses Joch zu beugen!

Nun aber sind wir vom Gesetz los. – Vermochte das Gesetz so wenig das Fleisch zu zügeln, dass es sogar die Sünde noch mehr reizte, so mussten wir von ihm befreit werden, wenn anders die Sünde gebrochen werden sollte. Sind wir aber von der Gesetzesknechtschaft befreit, um Gott zu dienen, so ist es falsch, aus der Erlösung eine Freiheit zum Sündigen abzuleiten, und eine verkehrte Rede, wenn man sagt, dass die Gnade den Zügel der bösen Lust locker mache. Wir prägen uns vielmehr ein, dass die Befreiung vom Gesetz lediglich so stattfindet, dass auf der einen Seite das harte Drängen und der Fluch dahin fällt, auf der andern Seite aber Gottes Geist uns zum Wandel in seinen Wegen leitet.

Und ihm abgestorben. – Diese Wendung beschreibt die Weise unserer Erlösung vom Gesetz: Es kann uns mit seiner Last nicht mehr drücken, weder mit seiner unerbittlichen Strenge noch mit seinem Fluch.

Im neuen Wesen des Geistes. – Der Geist ist das Widerspiel des Buchstabens; denn ehe der Heilige Geist unsern Willen nach Gottes Willen bildete, haben wir am Gesetz lediglich einen äußerlichen Buchstaben, welcher vielleicht den äußerlichen Handlungen einen Zügel anlegen, aber keineswegs die brennende Begierde in Schranken halten kann. Ein „neues“ Wesen wird dem Geiste beigemessen, weil das Geistesleben an die Stelle des alten Menschen tritt. So spricht Paulus auch vom alten Wesen des Buchstabens, weil die Erneuerung des Geistes dasselbe zerstört.