RÖMER

Römer Kapitel 6 Teil V

Römer 6.12-13

So lasset nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, ihr Gehorsam zu leisten in seinen Lüsten. Auch begebet nicht der Sünde eure Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit, sondern begebet euch selbst Gott, als die da aus den Toten lebendig sind, und eure Glieder Gott zu Waffen der Gerechtigkeit.

 

So lasset nun die Sünde nicht herrschen. – Jetzt erst beginnt die eigentlich ermahnende Rede, die sich nunmehr wie von selbst aus der vorgetragenen Lehre von unserer Lebensgemeinschaft mit Christus ergibt: Mögen die Reste der Sünde noch in uns sein, so wäre es doch ungereimt, dass die Sünde noch ihre ungebrochene Herrschaft ausüben sollte. Die Kraft der Heiligung muss ihrer Herr werden, damit man an unserm Leben spüren kann, dass wir wahre Glieder Christi sind. Dass bei dem sterblichen Leibe nicht an Fleisch, Haut und Knochen zu denken ist, sondern an das gesamte sündige Menschenwesen, daran ist oben schon erinnert worden (siehe Vers 6). Hier wird dies vollends deutlich; denn das zweite Satzglied nimmt vom Leibe den Übergang zur Seele. Paulus beschreibt das Wesen des alten Menschen, als ob er ganz Fleisch wäre; so groß ist das Verderben unserer Natur, dass nichts übrig blieb, was ihres ersten Ursprungs aus Gott noch würdig wäre. So lässt auch Gottes Spruch 1. Mose 6.3, welcher darüber klagt, dass die Menschen Fleisch geworden sind wie das unvernünftige Vieh, uns nur noch irdische Bestandteile übrig bleiben. Eben dahin zielt Christi Wort (Johannes 3.6): „Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch.“ Wollte man demgegenüber sagen, dass wir uns doch immerhin noch im Besitze einer höher gerichteten Seele befänden, so bedeutet dies nichts. Denn in unserm gegenwärtigen Verderben ist unsere Seele derartig an die Erde gebunden und dem Leibe untertan, dass sie ihres ursprünglichen Vorzugs verlustig ging. Auch deshalb heißt die Menschennatur „Leib“, weil sie ohne die göttliche Gnade nur ein trügerischer Schatten, ein vergängliches Nebelgebilde ist. Dazu bezeichnet Paulus solchen Leib verächtlich als „sterblich“: So wird vollends anschaulich, wie unsere ganze Natur zu Tod und Vergänglichkeit neigt. Unter der Sünde, die nicht herrschen soll, wird die angeborene Verkehrtheit des Gemütes verstanden, die uns zum Sündigen treibt und aus welcher recht eigentlich alle Übeltaten und Laster hervorquellen. Zwischen ihr und uns stehen die Lüste des Leibes: Die Sünde ist die Königin, die Lüste sind ihre Erlasse und Befehle.

Auch begebet nicht der Sünde eure Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit. – Wo die Sünde einmal die Herrschaft über die Seele gewonnen hat, da werden alle unsere Glieder fortwährend in ihren Dienst gezogen. Deshalb beschreibt der Apostel hier die Herrschaft der Sünde nach ihren Folgen, um uns eine desto bessere Anleitung zu geben, ihr Joch abzuwerfen. Wenn unsere Glieder „Waffen“ heißen, so ist dies Gleichnis dem Kriegswesen entlehnt: Wie der Soldat seine Waffen stets bereit hält, um sie zu brauchen, wann der Feldherr es befiehlt, und wie er sie ohne dessen Anordnung niemals braucht, so müssen die Christen alle ihre Glieder als Waffen in einem geistlichen Kriege ansehen. Missbrauchen sie irgendein Glied zu verkehrtem Wesen, so dienen sie der Sünde. Sie haben aber Gott und Christus den Fahneneid geleistet; daran sind sie gebunden. Folglich müssen sie jeden Verkehr mit dem Feldlager der Sünde abbrechen. Wie schändlich missbrauchen also den christlichen Namen, die ihre Glieder als Satans Buhldirnen allezeit bereithalten, jegliche Scheußlichkeit auszuüben! Demgegenüber verlangt der Apostel, dass wir uns völlig dem Herrn zur Verfügung stellen sollen. Wir sollen unserm Sinn und Geist alle Abschweifungen versagen, zu welchen die Lüste des Fleisches uns verleiten wollen, und allein auf Gottes Wink schauen, bereit, Seine Befehle zu empfangen, gerüstet, Seinen Willen zu tun. Unsere Glieder sollen dem Dienste Gottes geweiht und geheiligt sein, so dass alle Kräfte Leibes und der Seele nichts anderes suchen als Gottes Ehre. Dafür gibt der Apostel noch einmal den Grund an: Als die da aus den Toten lebendig sind. Denn nicht vergeblich hat Gott unser altes Leben getötet und uns zu einem neuen erweckt, welches ja nicht ohne Lebensbewegungen bleiben kann.