RÖMER

Römer Kapitel 5 Teil IX

Römer 5.17

Denn so um des einen Sünde willen der Tod geherrscht hat durch den einen, viel mehr werden die, so da empfangen die Fülle der Gnade und der Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen im Leben durch einen, Jesum Christum.

 

Die vorige Aussage, dass die Gnade weiter reiche als die Sünde, empfängt einen neuen Beleg. Der Apostel kann eben Gottes Gnade nicht genug rühmen, er will die Menschen vom Vertrauen auf sich selbst zu Christus führen; in Seiner Gnade sollen sie sicher ruhen und endlich den Antrieb zur Dankbarkeit empfangen. Der Hauptgedanke des Apostels lautet: Christus siegt über Adam. Denn Christi Gerechtigkeit überwindet Adams Sünde; Christi Gnade dämpft Adams Fluch; Christi Leben verschlingt den Tod, welchen Adam uns zugezogen hat. Übrigens stimmen die Glieder auch dieses Vergleichs nicht völlig überein. Paulus hätte sagen müssen: Viel mehr herrscht die Gabe des Lebens vermöge der Fülle der Gnade; er sagt aber: die Gläubigen werden herrschen. Sachlich ist ja dies einerlei, denn die Herrschaft der Gläubigen im Leben ist auch die Herrschaft des Lebens in den Gläubigen.

Übrigens lohnt es sich, noch einen doppelten Unterschied zwischen Christus und Adam anzumerken, welchen der Apostel nicht deshalb übergangen hat, weil er ihn für unbedeutend hielt, sondern weil er für den vorliegenden Zusammenhang weniger austrug.

Zuerst: Die Sünde Adams zieht uns die Verdammnis nicht zu, weil sie uns lediglich zugerechnet würde, so dass wir nur die Strafe für fremde Schuld trügen. Vielmehr stehen wir in selbst erworbener Schuld, und die auf Adam gelegte Strafe trifft uns, weil unsere Natur in ihm zum Bösen verkehrt ward und nun vor Gott schuldig dasteht. Aber Christi Gerechtigkeit schafft in anderer Weiser unser Heil: Sie gehört uns nicht etwa deshalb, weil sie in uns wäre, sondern weil wir Christus mit allen Seinen Gütern besitzen, welchen des Vaters Gnade uns geschenkt hat. „Gabe zur Gerechtigkeit“ bezeichnet also nicht einen Zustand, welchen Gott in uns herstellt, sondern die unverdiente Zurechnung der Gerechtigkeit. Der Apostel sagt damit nur genauer, was er unter „Gnade“ versteht.

Zweitens: Die Wohltat Christi kommt nicht in gleicher Weise allen Menschen zugute, wie Adam das Verderben über das gesamte Menschengeschlecht brachte. Doch der Grund hierfür liegt auf der Hand: Der von Adam erworbene Fluch kommt auf dem Wege der Natur zu uns, er betrifft also notwendig die ganze Masse des Geschlechts. Um aber in die Gemeinschaft der Gnade Christi zu gelangen, müssen wir ihm durch den Glauben eingeleibt werden. Um also die Erbschaft des Sündenelends anzutreten, genügt es, ein Mensch zu sein, denn dieselbe hängt an Fleisch und Blut. Wer aber Christi Gerechtigkeit genießen will, muss gläubig sein, denn nur der Glaube erschließt Christi Gemeinschaft. Auch den Kindern kommt dieselbe auf keine andere Weise zu. Denn das Kindschaftsrecht, vermöge dessen sie in Christi Gemeinschaft stehen, ruht auf dem Gnadenbunde. Aber dies gilt doch nur von den Kindern der Gläubigen, welche in die Verheißung der Gnade einbegriffen sind, die andern stehen unter dem allgemeinen Lose der Menschheit.