RÖMER

Römer Kapitel 3 Teil III

Römer 3.5-8

Ist’s aber also, dass unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit preist, was wollen wir sagen? (Ich rede also auf Menschenweise.) Das sei ferne! Wie könnte sonst Gott die Welt richten? Denn so die Wahrheit Gottes durch meine Lüge herrlicher wird zu seinem Preis, warum sollte ich denn noch als ein Sünder gerichtet werden und nicht vielmehr also tun, wie wir gelästert werden und wie etliche sprechen, dass wir sagen: „lasset uns Übles tun, auf dass Gutes daraus komme?“ Welcher Verdammnis ist ganz recht.

 

Ist’s aber also, dass unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit preist, was wollen wir sagen? (Ich rede also auf Menschenweise.) – Diese Ausführung gehört nicht eigentlich zur Sache, und doch musste der Apostel sie einschieben, damit es nicht schiene, als habe er den Übelwollenden eine nur zu gern ergriffene Handhabe zur Lästerung geboten. Davids Wort legt ja denen, welche durchaus dem Evangelium eine Schande anhängen wollen, die verleumderische Schlussfolgerung nahe: Wenn Gott von den Menschen nichts fordert, als dass Er von ihnen verherrlicht werde – wie kann Er dann ihre Sünde strafen, die ja zu Seiner Verherrlichung dient? Er stößt sich doch mit Unrecht an einer Sache, die gar keinen Anlass zum Zorn, sondern lediglich zu seiner Verherrlichung bietet. Damit aber niemand glaube, der Apostel trage seine eigene Meinung vor, so sagt er ausdrücklich, dass er lediglich nach Weise der Gottlosen redet. Damit versetzt er mit einem einzigen Worte der menschlichen Vernunft einen schweren Hieb, indem er zu verstehen gibt, dass es ihre Art sei, immer wider die göttliche Weisheit zu bellen. Denn er sagt nicht „nach Weise der Gottlosen“, sondern „auf Menschenweise“. Tatsächlich sind dem Fleische alle Geheimnisse Gottes widersinnig, frech und unbedenklich kämpft es dagegen an, und was es nicht versteht, verfolgt es mit seinem Spott. Wir entnehmen daraus die Mahnung, dass, wer solche Weisheit verstehen will, zuerst seinem eigenen Sinne den Abschied geben und sich ganz dem Gehorsam des Wortes unterwerfen muss. – Das Wort zürnen heißt hier so viel wie richten oder strafen.

Das sei ferne! – Zur Abwehr der Lästerung greift Paulus nicht sofort nach Gründen, sondern er drückt zunächst seinen Abscheu aus. So wird klar, dass der christliche Glaube nichts mit solchen Tollheiten zu schaffen hat. Dann erst folgt die Widerlegung; doch sozusagen auf einem Umwege. Denn der Apostel verfolgt den Einwurf nicht bis aufs letzte, sondern gibt einfach die Antwort, dass derselbe zu törichten Folgerungen führte. Zum Beweise für die Unmöglichkeit des Einwurfs dient Gottes Gericht: Wie könnte sonst Gott die Welt richten? Da Er dies aber tut, so kann Er nicht ungerecht sein. Dabei ist gar nicht bloß von der Macht die Rede, die Gott möglicherweise gebrauchen kann und wird, sondern von derjenigen, welche tatsächlich in Lauf und Ordnung aller Dinge widerstrahlt: Gottes Geschäft ist es, die Welt zu richten, das heißt kraft Seiner Gerechtigkeit zu leiten, und was ungeordnet ist, in die beste Ordnung zu bringen. Deshalb kann nichts unrecht sein, was Er festsetzt. Es scheint eine Anspielung an 1. Mose 18.25 vorzuliegen, wo Abraham in seiner Fürbitte für Sodom dem Herrn vorhält: „Das sei ferne von dir, dass du, der du aller Welt Richter bist, den Gerechten mit dem Gesetzlosen tötest.“ Dergleichen kann nicht dein Werk sein, noch darf es auf dich fallen. Ähnlich heißt es in Hiob 34.17: „Kann auch, der das Recht hasst, regieren?“ Unter den Menschen gibt es ja häufig ungerechte Richter; sie haben sich widerrechtlich eingedrängt oder sind hinter ihren früheren besseren Stand zurückgegangen. Bei Gott ist dergleichen ausgeschlossen. Da Er Richter von Natur ist, muss Er auch gerecht sein; denn Er kann sich selbst nicht verleugnen. – Will man außer diesem indirekten Beweis noch einen weiteren, so ließe sich etwa sagen: Dass Gottes Gerechtigkeit in ein helleres Licht rückt, geschieht nicht durch die Natur der Ungerechtigkeit, sondern Gottes Güte überwindet unsere Schlechtigkeit und lenkt sie auf ein Ziel, welches wir selbst nicht suchten.

Denn so die Wahrheit Gottes durch meine Lüge herrlicher wird zu seinem Preis, warum sollte ich denn noch als ein Sünder gerichtet werden. – Ohne Zweifel wird auch noch dieser Einwurf im Sinne der Gottlosen vorgetragen. Er ist eine Erläuterung des vorigen, und der Apostel musste ihn hinzufügen, wenn nicht sein Unmut mitten in der Rede abbrechen sollte. Der Sinn ist: Wenn infolge unserer Falschheit Gottes Wahrheit deutlicher und gewissermaßen fester wird, was ja nur zu höherem Ruhme Gottes beiträgt, so ist es ganz unbillig, dass als Sünder gestraft werde, der doch nur ein Werkzeug für die Vermehrung der Ehre Gottes ist.

Und nicht vielmehr also tun, … und wie etliche sprechen, dass wir sagen: „lasset uns Übles tun, auf dass Gutes daraus komme?“ – Auch dieses gottlose Gerede würdigt der Apostel keiner Antwort, die doch leicht zu geben gewesen wäre. Es lag ja bloß der Trugschluss vor: Wenn unsere Übeltaten für Gott Ehre schaffen, und dem Menschen doch nichts mehr am Herzen liegen muss als Gottes Ehre, so müssen wir Übles tun, damit Gott geehrt werde. Die einfache Antwort lautet: Was in sich selbst böse ist, bleibt böse. Dass aber unsere Sünde Gottes Ehre verherrlicht, ist nicht des Menschen, sondern Gottes Werk. Er versteht als ein weiser Künstler unsere Bosheit in Seinen Dienst zu zwingen und dahin zu lenken, wohin wir durchaus nicht zielten: Auf die Mehrung Seines Ruhmes. Die Weise, wie Gott von uns geehrt sein will, hat Er vorgeschrieben: Frömmigkeit will Er haben, die Seinem Worte gehorcht. Wer diese Schranke überspringt, sucht nicht Gottes Ehre, sondern Gottes Schmach. Dass der Erfolg ein besserer ist, ist Werk der göttlichen Vorsehung, nicht der menschlichen Verkehrtheit, der wir es sicherlich nicht zu danken haben, dass Gottes Herrlichkeit nicht verletzt oder gar vernichtet wurde.

Wie wir gelästert werden. – Seltsam, dass die so vorsichtige Lehre des Paulus über die verborgenen Geheimnisse Gottes eine solche Verdrehung durch unverschämte Gegner erfahren konnte! Aber niemals hat ja selbst die Gewissenhaftigkeit und Nüchternheit der Knechte Gottes unreine und giftige Zungen zum Schweigen bringen können. So ist es nichts Neues, dass auch heute auf unsere Lehre, die doch – des Zeugen sind nicht allein wir, sondern alle Engel und alle Gläubigen – das lautere Evangelium Christi ist, Hass und Verleumdung der Feinde fällt. Wir können das aber tragen und bleiben bei dem einfachen Bekenntnis der Wahrheit, die Kraft genug besitzt, solche Lügengewebe zu zerreißen. Im Übrigen folgen wir dem Beispiel der Apostel und lassen verkommene und verderbte Menschlein nicht ungestraft den Schöpfer lästern.

Welcher Verdammnis ist ganz recht. – Gerecht in doppelter Weise: Erstens, weil solch gottloser Gedanke in ihren Sinn kommen und ihre Billigung finden konnte; zweitens, weil sie sich erfrechten, mit solcher Verleumdung das Evangelium zu schmähen.