RÖMER

Römer Kapitel 15 Teil IV

Römer 15.13-16

Der Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr völlige Hoffnung habet durch die Kraft des Heiligen Geistes. Ich weiß aber gar wohl von euch, liebe Brüder, dass ihr selber voll Gütigkeit seid, erfüllt mit aller Erkenntnis, dass ihr euch untereinander könnet ermahnen. Ich habe es aber dennoch gewagt und euch etwas wollen schreiben, liebe Brüder, euch zu erinnern, um der Gnade willen, die mir von Gott gegeben ist, dass ich soll sein ein Diener Christi unter den Heiden, priesterlich zu warten des Evangeliums Gottes, auf dass die Heiden ein Opfer werden, Gott angenehm, geheiligt durch den Heiligen Geist.

 

Der Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr völlige Hoffnung habet durch die Kraft des Heiligen Geistes. – Nunmehr schließt der Apostel, wie dies überhaupt seine Art ist (vergleiche Vers 5), seine Aussprache mit einem Gebetswunsch: Wozu er seine Leser ermahnt, das möge Gott ihnen schenken. Wir entnehmen daraus, dass Gott Seine Gebote keineswegs dem Maße unserer Kraft oder dem Vermögen unseres freien Willens anpasst, dass Er sie überhaupt nicht gibt, damit wir etwa im Vertrauen auf eigne Kraft uns zum Gehorsam anschicken sollen. Vielmehr stellt Gott Aufgaben, zu deren Lösung wir Seiner Gnadenhilfe bedürfen; darum werden uns solche Aufgaben ein Antrieb zum Gebet. –

Wenn der Apostel von dem Gott der Hoffnung spricht, so erklärt sich dies aus dem vorhergehenden Verse: Eben der Gott, auf den wir hoffen, soll die Christen mit Freude, das heißt mit fröhlicher Zuversicht des Gewissens erfüllen; ferner mit Frieden, und zwar im oder durch den Glauben. Denn soll dem Herrn unser Friede gefallen, so muss er auf der Gemeinschaft eines wahren und unverletzten Glaubens ruhen. Derselbe Glaube bildet aber auch die einzige Stütze der Freude. Bei dem Worte Frieden könnte man freilich auch an die innere Ruhe vor Gottes Angesicht denken, welche jeder einzelne Gläubige besitzt. Aber unsere Auslegung passt besser in den zuletzt verfolgten Gedankengang. Er setzt hinzu: Dass ihr völlige Hoffnung habet; denn auf diese Weise wird in uns die Hoffnung gestärkt und gemehrt. Der Zusatz: Durch die Kraft des Heiligen Geistes, will uns sagen, dass alles, wovon wir sprachen, Gabe der göttlichen Güte ist. Überhaupt deutet der Ausdruck des Apostels darauf hin, welch wunderbare Kraft des Geistes dazu gehört, in uns allen die genannten Tugenden zu wirken.

Ich weiß aber gar wohl von euch, liebe Brüder. – Der Apostel entschuldigt sich gewissermaßen, dass er als Lehrer und Seelsorger den Römern gegenüber aufgetreten ist. Es trieb ihn dazu nicht ein Misstrauen gegen ihre Weisheit, Gütigkeit oder Festigkeit, sondern lediglich seine Pflicht. So tritt er dem Verdacht entgegen, als wolle er vorwitzig in ein fremdes Amt greifen oder sich in Dinge mischen, die ihn nichts angingen. Welche Bescheidenheit dieses heiligen Mannes! Der Apostel will persönlich gern zurücktreten, wenn nur seine Lehre etwas ausrichtet! Sicherlich waren die Römer ein stolzes Volk; der bloße Name ihrer Stadt erfüllte auch die Geringsten aus dem Volke mit Selbstbewusstsein, und in solcher Verfassung hörten sie nicht gern auf Belehrungen, die anderswoher, und nun gar von Barbaren und Juden kamen. Paulus verzichtet darauf, den Kampf mit solchem Selbstbewusstsein in seinem eignen Namen aufzunehmen. Vielmehr gewinnt er in aller Sanftmut den Sieg über die Ansprüche seiner Leser, indem er einfach auf sein apostolisches Amt sich stützt.

Dass ihr selber voll Gütigkeit seid, erfüllt mit aller Erkenntnis. – Zwei wichtige Tugenden eines Seelsorgers sind die Freundlichkeit, die ihn anleitet, zum wahren Wohl der Brüder seine Ermahnungen in sanfte Form zu kleiden, und die kundige Weisheit, die ihm Autorität verschafft, so dass er seinen Hörern nützen kann. Nichts wirkt unseren brüderlichen Ermahnungen mehr entgegen als unsere eigne hochmütige und hämische Haltung, aus welcher man mehr Verachtung und Spott über die Irrenden herausfühlt als die Absicht, zu bessern. Auch unnötige Härte im Auftreten oder in den Worten bringt eine Zusprache um ihre Frucht. Weiter aber wird der Seelsorger mit aller Freundlichkeit und Sanftmut wenig ausrichten, wenn er nicht auch Geschick besitzt und die gegebenen Umstände recht benutzen kann. Diese doppelte Tätigkeit spricht nun der Apostel den Römern zu, wenn er sagt: Ihr seid voll Gütigkeit und erfüllt mit aller Erkenntnis, dass ihr euch untereinander könnet ermahnen. Sie besitzen also die erforderlichen Eigenschaften, sich gegenseitig zu ermahnen.

Ich habe es aber dennoch gewagt und euch etwas wollen schreiben. – Gerade wenn die Römer selbst leisten konnten, was der Apostel ihnen bietet, so war eine Entschuldigung am Platze, und Paulus durfte wohl von einem Wagnis reden. Aber er fügt hinzu, warum er trotzdem reden musste: Um der Gnade willen, die mir von Gott gegeben ist (Vers 16), dass ich soll sein ein Diener Christi unter den Heiden. Zählten die Römer unter die Heidenvölker, so durfte der Apostel der Heiden auch an ihnen nicht vorübergehen. Seine eigne Person stellt dabei Paulus hinter der Würde des apostolischen Amtes völlig zurück. Er erhebt die Gnade Gottes, die ihn an seinen Platz gestellt: Um ihrer willen durfte er Anerkennung und Gehör beanspruchen. Übrigens bezeichnet es Paulus nicht als seine Aufgabe, die Römer etwas Neues zu lehren, sondern nur, sie zu erinnern. Er ist nicht ihr Lehrer, sondern ihr Mahner.

Priesterlich zu warten des Evangeliums Gottes, auf dass die Heiden ein Opfer werden. – Dieser Ausdruck erinnert an einen priesterlichen Opferdienst. Insofern waltet der Apostel und jeder Verkündiger des Evangeliums eines priesterlichen Amtes, als er die Menschen dem Gehorsam gegen das Evangelium unterwirft, dadurch ihre Seelen im Glauben heiligt und sie also Gott dem Herrn wie ein Opfer darbringt. Eine priesterliche Stellung der christlichen Prediger in einem andern Sinne aus diesem zufälligen Ausdruck abzuleiten, ist unerlaubt. Der Apostel fügt hinzu, dass ein solches Opfer Gott angenehm sei; damit will er nicht bloß die Herrlichkeit des Predigtamtes rühmen, sondern auch diejenigen stärken und trösten, welche sich zum Opfer übergeben. Wie nun die früheren Opfer durch äußerliche Zeremonien und Reinigungen dem Herrn geweiht wurden, so werden auch die Opfer, von denen der Apostel spricht, Gott geheiligt durch den Heiligen Geist. Dessen Kraft wirkt in den Herzen und löst sie von dieser Welt los. Zwar kann man auch sagen, dass der Glaube an das Wort ein reines Herz schafft; da aber eines Menschen Wort an sich unwirksam und tot bleibt, so wird die reinigende Kraft im entscheidenden Sinne dem Heiligen Geist zugeschrieben.