RÖMER

Römer Kapitel 15 Teil II

Römer 15.4-6

Was aber zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einerlei gesinnt seid untereinander nach Jesu Christo, auf dass ihr einmütig mit einem Munde lobet Gott und den Vater unsers Herrn Jesu Christi.

 

Was aber zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. – Jetzt folgt die Anwendung des Beispiels. Niemand soll für zu weit hergeholt halten, was der Apostel über die Nachahmung Christi gesagt hat. Denn es gibt nichts in der ganzen Heiligen Schrift, das nicht uns zur Lehre und zur Unterweisung für unser Leben dienen müsste. Eine wichtige Stelle, die uns einprägt, dass Gottes Wort nichts Unnützes und Unfruchtbares enthält, die uns zugleich mahnt, beim Lesen der Schrift auf den Fortschritt in der Frömmigkeit und Lebensheiligung zu achten. Ist hier nun auch zunächst vom Alten Testament die Rede, so gilt doch das Gleiche von den Schriften der Apostel. Denn wenn Christi Geist überall sich selbst gleichbleibt, so hat Er ohne Zweifel die Offenbarung Seiner Wahrheit, wie einst durch die Propheten, so jetzt durch die Apostel zu unserer Erbauung eingerichtet. Hier finden auch die Schwärmer ihre Widerlegung, welche behaupten, das Alte Testament sei abgeschafft und gehe die Christen nichts mehr an. Welche Anmaßung, die Christen von den Schriften abzutreiben, von welchen doch Paulus bezeugt, dass sie Gott zu ihrem Heil bestimmt habe! Der Satz übrigens, dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben, beschreibt den Nutzen, den wir aus dem Worte Gottes ziehen können, nicht vollständig, sondern bezeichnet nur den Hauptzweck. Dies ist nämlich das Hauptanliegen der Schrift, Menschen zur Geduld zu erziehen, mit Trost zu stärken, zur Hoffnung des ewigen Lebens aufzurichten und in dessen Betrachtung festzuhalten. Das Wort, welches wir mit „Trost“ übersetzen, könnte übrigens auch „Ermahnung“ bedeuten: Dass wir durch Geduld und Ermahnung der Schrift Hoffnung haben. Immerhin scheint unsere Auslegung besser zu passen, weil Geduld aus erfahrenem Trost zu erwachsen pflegt. Erst wenn Gottes Trost unsere Last erleichtert, werden wir stark genug sein, sie zu tragen. Denn die Geduld der Gläubigen ist etwas anderes als jener harte, unerschütterliche Sinn, mit welchem nach Vorschrift der Philosophen der Mensch sich wider das Unglück wappnen soll. Sie ist sanftmütig und unterwirft sich gern der Führung Gottes; denn der Geschmack Seiner Güte und Vaterliebe macht uns alles süß. Solche Geduld nährt und erhält in uns eine Hoffnung, die uns nie verzagen lässt.
Der Gott aber der Geduld. – So heißt Gott, weil Er die Geduld, welche der vorige Satz aus der Heiligen Schrift ableitete, in uns schafft. Er ist die alleinige Quelle der Geduld und des Trostes: Er wirkt beides in unseren Herzen durch Seinen Geist; aber Er gebraucht dazu Sein Wort als Mittel und Werkzeug. Dieses Wort lehrt nämlich zuerst, worin wahrer Trost und wahre Geduld besteht, dann aber besitzt es auch die Kraft, solche Lehre in unsere Seele hineinzusenken. Übrigens wollen wir darauf achten, dass Paulus an die Lehre und Mahnung, die er bisher vorgetragen, jetzt eine Fürbitte schließt; denn er wusste nur zu gut, dass alle Ermahnungen vergeblich sind, wenn nicht der Gott, der durch Menschenmund uns Seine Gebote gibt, diese durch Seinen Geist in unseren Herzen erfüllt. Hauptinhalt des Gebets ist, Gott möge die Herzen der Christen zur Eintracht lenken und schaffen, dass sie einerlei gesinnt seien untereinander. Wenn Paulus hinzufügt: Nach Jesus Christus, so deutet er damit an, wo das Band der Eintracht zu finden ist. Ein trostloser Bund, der ohne Gott geschlossen wird! Das gilt aber von jedem Bund, der uns von Gottes Wahrheit abführt. Um nun noch mehr zu Einigkeit in Christus zu locken, zeigt der Apostel (Vers 6), wie notwendig diese sei. Denn nur dann loben wir Gott in rechter Weise, wenn wir es einmütig und mit einem Munde tun. Niemand darf sich rühmen, dass er Gott auf seine besondere Weise die Ehre geben wolle, denn vor Gott gilt die Einigkeit Seiner Knechte so viel, dass Er aus dem Geschrei des Zankes und Streites die Lobgesänge, die Ihm gelten sollen, gar nicht heraushört. Diese eine Erwägung sollte hinreichen, die krankhafte Lust am Streiten und Disputieren einzudämmen, welche heute so viele Gemüter beherrscht.