PHILIPPER

Philipper Kapitel 4 Teil III

Philipper 4.10-14

Ich bin aber höchlich erfreut in dem Herrn, dass ihr wieder wacker geworden seid, für mich zu sorgen; wiewohl ihr allewege gesorgt habt, aber die Zeit hat’s nicht wollen leiden. Nicht sage ich das des Mangels halben; denn ich habe gelernt, bei Welchen ich bin, mir genügen zu lassen. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, beide satt sein und hungern, beide übrig haben und Mangel leiden. Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus. Doch ihr habt wohlgetan, dass ihr euch meiner Trübsal angenommen habt.

 

Ich bin aber höchlich erfreut. – Diese Aussprache herzlicher Dankbarkeit will vorbeugen, dass den Philippern nicht etwa ihre freundliche Spende nachträglich leid werden möchte. So pflegt es ja zu gehen, wenn wir Grund zu der Annahme haben, dass man unsere Leistungen verachtet oder gering schätzt. Sie hatten dem Apostel durch Epaphroditus Unterstützungen gesandt. Deren Empfang bestätigt er nun und spricht dabei seine Freude aus, dass sie wieder wacker worden sind, wörtlich: Dass sie neuen Trieb empfangen haben, für ihn zu sorgen. Diese Wendung erinnert an einen Baum, dessen Lebenssaft im Winter sich zurückzieht, der aber im Frühling Blüten zu treiben beginnt. Doch sofort schränkt der Apostel seine Aussage wieder ein, damit es nicht den Anschein gewinne, als wolle er sich über frühere Vernachlässigung beklagen. Er stellt also ausdrücklich fest: Wiewohl ihr allewege gesorgt habt, aber die Zeit hat es nicht wollen leiden. So schiebt er die Schuld auf die Ungunst der Zeit.

Nicht sage ich das des Mangels halben. – Paulus verbessert sich zum zweiten Mal; denn es soll nicht der Verdacht aufkommen, dass er kleinmütig gewesen und durch das Unglück gebrochen sei. Aber er braucht die Philipper nur an seine ihnen wohlbekannte vorbildliche Standhaftigkeit und Anspruchslosigkeit zu erinnern. So kann er wohl sagen, dass ihre freundliche Gabe ihm Freude bereitet; aber er würde auch einen etwaigen Mangel geduldig getragen haben. Bemisst sich doch der „Mangel“ nach der Empfindung, die man davon hat. Denn wer mit seinem von Gott bestimmten Lose zufrieden ist, fühlt im Gemüte niemals Mangel: Ich habe gelernt, bei welchen, das heißt in welchen Umständen ich bin, mir genügen lassen. Warum? Weil die Heiligen wissen, dass es so Gottes Wille ist. Ihr Genüge bemessen sie also nicht nach dem, was äußerlich vorhanden oder nicht vorhanden ist, sondern nach dem Willen Gottes, den sie aus den gegebenen Verhältnissen ablesen. Denn es steht ihnen fest, dass Gottes Vorsehung und Wohlgefallen ihr Leben regiert.

Ich kann niedrig sein und kann hoch sein. – Paulus versetzt sich in gegensätzliche Lagen und spricht es aus, dass sein Geist sich in alles schicken kann. Gewöhnlich macht das Glück den Menschengeist übermäßig aufgeblasen, das Unglück wirft ihn tief darnieder. Der Apostel aber weiß nichts von diesem doppelten Fehler. Er vermag auch die Niedrigkeit zu tragen. „Hoch“ und „satt“ zu sein versteht ein Mensch, der nüchtern und mäßig unter Danksagung zu gebrauchen weiß, was er hat, zum Verzicht auf alles bereit, wenn es Gottes Wille sein sollte, nach Vermögen mitteilsam für die Brüder und frei von Überhebung. In dieser Weise „hohe“ und „satte“ Tage zu tragen, ist viel schwerer, als Armut zu tragen, ist eine hohe und seltene Tugend. Wer aber ein wahrer Christ sein will, muss sich in dieser Wissenschaft von Paulus üben lassen. Dabei soll man sich aber derartig an ein mäßiges Leben gewöhnen, dass man es nicht hart und drückend empfinden würde, wenn einmal der Überfluss schwinden sollte.

Ich vermag alles durch Christus. – Paulus hatte sich hoher Dinge gerühmt. Nun möchte er weder selbst in den Ruf der Selbstüberhebung kommen noch anderen Anlass zu törichter Prahlerei geben. Darum fährt er fort, dass Christus es ist, der ihm so starken Mut verleiht. Was der Apostel kann, vermag er in Christus, nicht in eigener Kraft: Christus muss die Stärke geben. Daraus wollen wir entnehmen, dass Christus auch in uns sich stark und unbesiegbar erweisen wird, wenn wir im Bewusstsein der eigenen Schwachheit uns allein von Seiner Kraft tragen lassen. Wenn übrigens Paulus „alles“ vermögen will, so meint er nur alles, was im Kreise seiner Berufung liegt.

Doch ihr habt wohlgetan, dass ihr euch meiner Trübsal angenommen habt. – Wie weise und vorsichtig verfährt der Apostel in jeglicher Beziehung! Er schaut nach allen Seiten aus, damit er nirgends Anstoß gebe. Seine Standhaftigkeit rühmte er nur, um dem Gedanken vorzubeugen, dass der Mangel ihn niedergedrückt habe. Nun aber sorgt er wieder, dass seine hohe Sprache nicht nach Geringschätzung der Wohltat klingen möchte, welche die Philipper ihm erwiesen. Denn solche Geringschätzung würde nicht bloß unfreundlich und hart, sondern auch hochfahrend heißen müssen. Zugleich möchte die Anerkennung den Philippern wohl auch die Freudigkeit erhalten, gegebenen Falls einem anderen unter Christi Dienern zu Hilfe zu kommen.