PHILIPPER

Philipper Kapitel 1 Teil III

Philipper 1.12-17

Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder, dass wie es um mich steht, das ist nur zur Förderung des Evangeliums geraten, also dass meine Bande berühmt geworden sind in Christo in dem ganzen Richthause und bei den anderen allen, und viele Brüder in dem Herrn aus meinen Banden Zuversicht gewonnen haben, und desto kühner geworden sind, das Wort zu reden ohne Scheu. Etliche zwar predigen Christus auch um Neides und Haders willen; etliche aber aus guter Meinung. Jene verkündigen Christus aus Zank, und nicht lauter, denn sie meinen, sie wollen eine Trübsal zuwenden meinen Banden; diese aber aus Liebe, denn sie wissen, dass ich zur Verantwortung des Evangeliums hier liege.

 

Ich lasse euch aber wissen. – Wir erfahren alle an uns selbst, wie sehr das Fleisch durch die Niedrigkeit des Kreuzes beleidigt wird. Wir dulden es ja wohl, dass man uns Christus, den Gekreuzigten predigt; aber wenn Er selbst mit Seinem Kreuze zu uns kommt, dann fliehen wir zurück und erschrecken, als wenn dies etwas Neues und Unerhörtes wäre. Und diese Erfahrung machen wir nicht nur, wenn es uns selbst trifft, sondern auch dann, wenn es die Männer trifft, die uns das Evangelium verkündigen. So hätte es auch leicht geschehen können, dass die Philipper durch die Verfolgung ihres Apostels ganz kleinmütig geworden wären. Denn es ist leicht anzunehmen, dass die bösen Arbeiter, die auch auf die geringste Gelegenheit lauerten, um dem Apostel zu schaden, es nicht unterließen, über seine Not zu spotten, um dadurch sein Evangelium verächtlich zu machen. Oder wenn sie hierdurch vielleicht auch nichts erreichten, so lag es für sie doch nahe, ihn zu beschimpfen, dass er der ganzen Welt verhasst wäre. So hätten sie den Philippern vielleicht Furcht eingeflößt, sich durch die unglückliche Gemeinschaft mit diesem Menschen einen allgemeinen, sonst durch nichts begründeten Hass zuzuziehen. Denn das sind ja die Waffen, die Satan gewöhnlich gebraucht. Dieser Gefahr tritt der Apostel entgegen, indem er erklärt, dass durch seine Bande das Evangelium gefördert worden sei. Der Zweck dieser Mitteilung ist, die Philipper zu ermutigen, damit sie sich nicht abschrecken ließen durch seine Verfolgung.

Also dass meine Bande berühmt geworden sind in Christo – d.h. als in Christi Werk oder Sache getragen. Paulus will sagen, dass seine Banden berühmt wurden, um Christi Ehre zu vermehren. Ich übersetzte lieber „berühmt“ als „bekannt“ oder „offenbar“. Denn eben der Ruhm dieses Gefängnisses hatte dem Evangelium Ehre gebracht. Der Apostel gibt zu verstehen: Satan hat zwar versucht das Evangelium zu unterdrücken, und die Gottlosen meinten, dass sein Werk ihm gelingen würde; aber Gott hat seinen Versuch vereitelt und die Gottlosen in ihrer Hoffnung getäuscht. Und dieses in doppelter Weise. Während das Evangelium früher den meisten unbekannt war, so wurde es jetzt bekannt, und dies nicht allein, es wurde auch berühmt sowohl in dem Richthause als in der ganzen Stadt. Prätorium oder „Richthaus“ ist der Name für den Hof und den Palast des Kaisers Nero in Rom, wo Paulus gefangen gehalten wurde.

Und viele Brüder in dem Herrn aus meinen Banden Zuversicht gewonnen haben, und desto kühner geworden sind, das Wort zu reden ohne Scheu. – Dieses Beispiel lehrt uns, dass die Leiden der Heiligen, die sie um des Evangeliums willen erdulden, uns mit guter Zuversicht erfüllen müssen. Allerdings würden diese Leiden für uns ein schreckliches Schauspiel bieten und wohl imstande sein, uns allen Mut zu nehmen, wenn wir nur auf die Wildheit und Wut der Feinde sehen würden. Da aber hier zugleich die Hand Gottes offenbar wird, des Gottes, der unter der Schwachheit des Kreuzes die Seinen unbesiegbar macht, und sie über ihre Feinde triumphieren lässt, so gewinnen wir dadurch immer neue Zuversicht. Solche Erfahrung muss uns immer höheren Wagemut geben; denn der Sieg unserer Brüder ist uns ein Unterpfand des eigenen Sieges. Wenn wir daran denken, wird alle Furcht schwinden, und wir werden imstande sein, Zeugnis abzulegen, auch wenn tausend Gefahren uns umringen.

Etliche zwar predigen Christus auch um Neides und Haders willen; etliche aber aus guter Meinung. – Hier haben wir eine zweite Frucht der Bande des Paulus: Nicht nur die Brüder werden durch sein Vorbild mit guter Zuversicht erfüllt, sodass die Einen standhafter wurden, die anderen freudiger zur Predigt; auch seine Neider und Hasser empfingen einen Anstoß, das Evangelium zu verkündigen, wenngleich mit anderer Absicht.

Jene verkündigen Christus aus Zank. – Dies ist eine weitere Ausführung des vorhergehenden Satzes. Paulus wiederholt, dass es zweierlei Arten von Leuten gab, die durch seine Bande getrieben wurden, Christus zu verkündigen. Die einen trieb Zanksucht, also ein böser Sinn, die anderen dagegen ein frommer Eifer, der mit dem Apostel die Verkündigung des Evangeliums auf sich zu nehmen gedachte. Von den Ersteren heißt es, dass sie Christum nicht lauter verkündigen: Es fehlte ihnen der rechte Eifer. Von dem Inhalt der Lehre ist dabei keine Rede. Es kann ja geschehen, dass jemand vollkommen reine Lehre führt und sich doch von unlauterem Sinne erfüllt zeigt. Dass eben dies hier der Fall ist, zeigt der Zusammenhang deutlich. Paulus würde es doch gewiss nicht ruhig mit angesehen haben, wenn das Evangelium verunstaltet worden wäre. Er bezeugt aber, dass er sich über die Predigt jener Leute freut, wenngleich diese Predigt nicht aus einfältigem und lauterem Herzen kam. Wie freilich eine solche Predigt dem Apostel schaden konnte, vermögen wir, denen die genaueren Verhältnisse und Umstände nur ungenügend bekannt sind, nicht zu sagen. Weiter erhebt sich die Frage: Wenn es sich doch nur um Leute handeln konnte, die vom Evangelium etwas verstanden, wie kamen dieselben Leute dazu, das Evangelium zugleich zu bekennen und zu verfolgen? Ich antworte: Der Ehrgeiz ist blind, ja wütend und dumm. Deshalb braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Feinde das Evangelium als Waffe gebrauchen, um damit die guten und frommen Prediger zu quälen. Gewiss sagt Paulus hier nichts anderes, als was ich selbst erfahren habe. Es gibt auch noch jetzt solche, die das Evangelium in keiner anderen Absicht verkündigen, als um damit die frommen Prediger zu verfolgen, um so der Wut der Feinde zu dienen.

Sie wissen, dass ich zur Verantwortung des Evangeliums hier liege. – Diesen Leuten, welche das Evangelium aus treuer Liebe zu Christo predigten, wäre es wie eine Schmach vorgekommen, hätten sie sich nicht dem Apostel zugesellt, der ja für Christi Sache focht. Genauso müssen auch wir denken. Wir müssen den Dienern des Herrn, wenn sie in Not sind, so viel wir vermögen, die Hand reichen. Tief wollen wir es uns einprägen, dass der Apostel von einer Verteidigung des Evangeliums spricht. Legt Christus solch ehrenvolles Werk in unsere Hand, welche Entschuldigung haben wir, wenn wir Seine Sache nicht treu führen? Oder was haben wir zu erwarten, wenn wir sie durch unser Schweigen verraten? Was anders, als dass Er uns auch aufgibt: Er, der unser einziger Fürsprecher und Vertreter beim Vater ist!