GALATER

Galater Kapitel 6 Teil III

Galater 6.11-13

Sehet, mit wie vielen Worten habe ich euch geschrieben mit eigener Hand. Die sich wollen angenehm machen nach dem Fleisch, die zwingen euch zu beschneiden, allein dass sie nicht mit dem Kreuz Christi verfolgt werden. Denn auch sie selbst, die sich beschneiden lassen, halten das Gesetz nicht, sondern sie wollen, dass ihr euch beschneiden lasst, auf dass sie sich von eurem Fleisch rühmen mögen.

 

Sehet, – möglicher Weise auch: ihr sehet, mit wie vielen Worten habe ich euch geschrieben mit eigener Hand. – Paulus erinnert daran, dass er mit seiner eigenen Hand einen so langen Brief geschrieben hat, weil ihm daran liegt, seine Besorgnis den Galatern noch mehr ans Herz zu legen, sowie sie zu einem aufmerksameren Lesen zu reizen. Denn je mehr Arbeit er um ihretwillen auf sich genommen hatte, desto mehr mussten sie sich angespornt fühlen, seinen Brief nicht bloß oberflächlich, sondern mit eingehendstem Studium zu lesen.

Die sich wollen angenehm machen nach dem Fleisch. – Das sind Leute, die mit scheinfreundlicher Miene um die Gunst der Menschen buhlen, nicht um ihnen in Wahrheit förderlich zu sein, sondern um von ihnen geehrt zu werden. In dieser falschen Weise ehrgeizig waren ja die Lügenapostel. Paulus gibt zu verstehen: Sehet ihr denn nicht, was das eigentlich für Leute sind, die euch die Beschneidung aufhalsen wollen? Durchschaut ihr nicht ihr eigentliches Ziel? Es ist ein Irrtum, als Triebfeder ihres Handeln einen wahrhaft frommen Eifer vorauszusetzen; sie wollen um diesen Preis lediglich Menschengunst gewinnen oder wenigstens nicht verscherzen. Als Juden wollen sie mit ihrer Beschneidungspredigt bei den vielvermögenden Stammesgenossen nur Anerkennung suchen, oder wenigstens dem Hass derselben aus dem Wege gehen. Es treibt sie die verkehrte Absicht, dass sie nicht mit dem Kreuz Christi verfolgt werden. So predigen sie einen Christus ohne Kreuz. Eben dies entfesselte ja die Wut Israels wider Paulus, dass er mit seiner Kreuzespredigt dem Zeremoniendienst ein Ende machte. Die Lügenapostel dagegen schmeichelten den Juden, um von ihnen keine Verfolgung zu erleiden. Wenn sie dabei noch selbst das Gesetz beobachtet hätten, wäre es erträglicher gewesen. Nun aber brachten sie einen Aufruhr in die ganze Kirche, um der persönlichen lieben Ruhe willen. Sie trugen kein Bedenken, den Gewissen ein tyrannisches Joch aufzulegen, um selber ganz frei von leiblicher Beschwerde zu sein. So fälschten sie aus Furcht vor dem Kreuz die wahre Predigt vom Kreuz.

Denn auch sie selbst, die sich beschneiden lassen. – Damit meint Paulus schwerlich jeden, der die Beschneidung auf sich nimmt, sondern in unserem Zusammenhange lediglich die falschen Lehrer, die besonders auf die Beschneidung dringen. Ihnen wirft er vor: Sie halten das Gesetz nicht. Also kann ihr Treiben aus wirklich ehrlichem Gesetzeseifer nicht entspringen. Paulus will nämlich nicht bloß im Allgemeinen daran erinnern, dass kein Mensch das Gesetz zu halten imstande ist; vielmehr wirft er in aller Form seinen Gegnern vor, dass sie, wenn nur erst die Beschneidung durchgesetzt ist, für ihre Person sich gar nicht mehr an alle die gesetzlichen Zeremonien binden, die sie andern auflegen. Wo nicht mehr misstrauische Menschenaugen auf sie gerichtet sind, kümmern sie sich um das Gesetz durchaus nicht mehr. Ähnlich stellen sich auch heute viele gegenüber dem Papsttum: Man verteidigt die Tyrannei nicht, weil man sich selbst im Gewissen daran gebunden fühlt, sondern weil man nach Ämtern schielt. Ich spreche von den Hofaposteln und allen denen, welche dem Brodem der Küche nachlaufen. Man verkündet feierlich, dass man die Gebote der heiligen römischen Kirche in Ehrfurcht erfüllen müsse; so redet man aber nur, wo es gilt, Konflikte zu vermeiden – während man sich sonst sehr wenig um die Kirchengebote kümmert! Mit solchen Geistern hatte auch Paulus zu kämpfen. Aber er reißt ihnen ihre Maske vom Gesicht und zeigt ihre ganze Unaufrichtigkeit: Sie wollen, dass ihr euch beschneiden lasst, auf dass sie sich an eurem Fleisch rühmen mögen. Sie legen den neugewonnenen Christen die Beschneidung auf, um vor den Juden so dazustehen, als machten sie Proselyten für das Judentum. So wird der Leib dieser Christen nur missbraucht, damit die Lügenapostel groß dastehen.