GALATER

Galater Kapitel 6 Teil II

Galater 6.6-10

Der aber unterrichtet wird mit dem Wort, der teile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet. Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch säet, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch säet, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten. Wer aber auf den Geist säet, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn wenn wir nicht ablassen, so werden wir zu seiner Zeit ernten. So lange wir nun Zeit haben, so lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

 

Der aber unterrichtet wird mit dem Wort, der teile mit allerlei Gutes dem, der ihn unterrichtet. – Wahrscheinlich sind schon damals die Lehrer und Diener am Wort vernachlässigt worden; und doch ist dieses eine besonders schlimme Form von verabscheuungswürdiger Undankbarkeit. Ist es nicht äußerst unwürdig, diejenigen in betrügerischer Weise um den leiblichen Unterhalt zu bringen, von welchen wir Speise für unsere Seelen empfangen? Denen keine irdische Vergeltung zu gewähren, durch welche wir himmlische Güter erhalten? Aber das ist einmal wie früher so auch heute die Weise der Welt, den Dienern Satans den Kropf voll zu pfropfen, aber den frommen Seelenhirten nur knauserig den notdürftigsten Unterhalt darzureichen. Nun ziemt sich für uns zwar weder ein fortwährendes unzufriedenes Klagen noch ein kleinliches Festhalten an unserem Recht, aber doch musste Paulus die Galater zu ihrer Pflichterfüllung anhalten. Er geht auf diesen Punkt näher ein, weil er nicht persönlich für seine Sache, sondern ohne Rücksicht auf den eigenen Vorteil für das allgemeine Wohl der Kirche eintrat. Er fand den Grund für die Vernachlässigung der Diener des Wortes in der Verachtung dieses Wortes selber. Denn wo man das Wort wert schätzt, da kann es nicht anders sein, als dass man auch seine Diener anständig und hochherzig behandelt. Demgegenüber zielt Satans List darauf die frommen Diener um ihre Notdurft zu betrügen, um dadurch die Kirche solcher Männer zu berauben. Dem Apostel aber liegt der Bestand des Predigtamtes am Herzen, darum empfiehlt er, für gute und treue Seelenhirten wohl zu sorgen: Allerlei Gutes soll man ihnen mitteilen. Natürlich handelt es sich nicht um maßlosen Überfluss, sondern um den notwendigen Lebensunterhalt. Soll doch ein Diener am Wort sich in eine schlichte Lebenshaltung schicken und der Gefahr des Luxus und der Üppigkeit sorgfältig aus dem Wege gehen. Es sollen also die Gläubigen all ihr Gut als den frommen und heiligen Lehrern zur Verfügung stehend betrachten, soweit die Notwendigkeit es fordert. Denn gibt es wohl einen Lohn, welcher der unschätzbaren Gabe des ewigen Lebens gleichwertig wäre, die wir durch ihre Verkündigung erhalten?

Gott lässt sich nicht spotten. – Diesen Satz schließt Paulus an, um die gewöhnlichen Entschuldigungen und Ausflüchte abzuschneiden. Geben die einen vor, sie müssten für ihre Familie sorgen, so sagen die anderen, ihnen bleibe nichts übrig, um etwas verleihen oder verausgaben zu können. So erfüllen denn nur wenige ihre Pflicht, und diese wenigen können nicht alles tun, wenn so viele zurückbleiben. Haltlos sind aber alle Ausreden, weil wir es hier mit Gott zu tun haben, woran die Welt gar nicht denkt. Denn es handelt sich hier ja nicht nur um den Lebensunterhalt eines Menschen, sondern um den Grad der Wertschätzung Christi und Seines Evangeliums. Diese Stelle zeugt davon, dass die Unart, treuen Seelenhirten einen Spottlohn zu bieten, nicht erst heute entstanden ist. Aber solch Gespött läuft für die Gottlosen nicht ungestraft aus. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Was bei uns gewöhnlich einen freigebigen Sinn nicht aufkommen lässt, ist der Gedanke, als wäre für uns verloren, was in eine andere Hand übergeht. Die furchtsame Sorge lässt uns eben nur an uns selbst denken. Demgegenüber erinnert Paulus daran, dass diese Lebenszeit nur Saatzeit ist: Wer Gutes tut, streut seinen Samen aus (vergleiche auch zu 2. Korinther 9.6). Wenn wir diese Wahrheit recht ins Herz fassen würden, würden wir freudig uns und unser Eigentum dem Nächsten aufopfern und dabei in gespannter Hoffnung den Blick auf die Ernte richten. So ist ja die Aussaat des Landmanns fröhlichstes Geschäft. Während dieser nun getrosten Mutes neun Monate ausharrt, um doch nur eine vergängliche Ernte einzusammeln, wollen wir in der Erwartung der seligen Unsterblichkeit müde werden?

Wer auf sein Fleisch säet. – Nach dem allgemeinen Satz folgt nunmehr die Durchführung des Gedankens im Einzelnen. Auf sein Fleisch sät, wer nur für die Bedürfnisse dieses Lebens Vorsorge trifft, ohne mit dem künftigen Leben zu rechnen. Wer so handelt, wer also seinen ganzen Eifer nur auf fleischliche Dinge und Vorteile richtet, wird freilich eine Frucht ernten, die solcher Saat entspricht: Er wird einen Reichtum aufhäufen, der doch verdirbt und vergeht. So werden die Worte zu verstehen sein; denn schwerlich denkt der Apostel hier an besondere Fleischeslüste und die ihnen folgende Strafe des ewigen Verderbens.

Wer aber auf den Geist säet. – Unter „Geist“ verstehe ich hier das geistliche Leben, für welches diejenigen säen, welche mehr an den Himmel als an die Erde denken und ihrem Leben eine Richtung auf Gottes Reich geben. Diese werden eine unvergängliche Frucht ihrer geistlichen Bemühungen im Himmel ernten. Geistlich heißen diese Bemühungen wegen ihres Zwecks, wenn sie auch sonst bloß äußerlich sind und sich auf den Leib beziehen, wie es z. B. bei dem hier gerade vorliegenden Punkte der Unterhaltung der Hirten der Fall ist. Finden übrigens die Römischen hier einen Beleg für die auf Werke gegründete Gerechtigkeit, so haben wir schon anderwärts die Torheit dieses Gedankens aufgezeigt (zu 1. Korinther 9.18). Denn daraus, dass das ewige Leben ein „Lohn“ heißt, folgt noch nicht, dass wir durch Werke gerechtfertigt werden oder die Seligkeit verdienen. Denn erstens haben wir die guten Werke, welche Gott lohnt, nur von Seiner Gnade empfangen: Solche guten Werke, welche wir unter dem Trieb und der Leitung des Heiligen Geistes tun, sind ja Früchte des uns aus Gnaden geschenkten Kindesstandes. Weiter sage ich, dass eben diese Werke nicht bloß im strengen Sinne nicht verdienstlich, sondern sogar verdammlich sind, denn es haften an ihnen viele Flecken und Makel. Kann aber Schmutz vor Gottes Angesicht kommen? Vertragsmäßigen Lohn im eigentlichen Sinne könnten wir doch nur beanspruchen, wenn wir das ganze Gesetz erfüllt haben. Wie weit sind wir aber von solcher Vollkommenheit entfernt! Mögen die Papisten versuchen, mit dem Verdienst ihrer Werke in den Himmel zu dringen; wir bekennen mit Paulus und der ganzen Heiligen Schrift, dass Gott unter dem Titel des Lohnes an unsere Werke knüpft, was wir doch nur durch Seine freie Gnadengabe erreichen können.

Lasset uns aber Gutes tun. – Dieser Ausdruck will hier nicht allgemein verstanden sein, sondern bezeichnet die Wohltaten, die wir Menschen erweisen. Darin sollen wir nicht nachlassen. Eine sehr nötige Mahnung! Schon die Trägheit unserer Natur zeigt wenig Neigung für Liebeswerke. Dazu kommen Hindernisse genug, welche selbst gutgesinnte Leute zurückhalten. Wir stoßen auf viele Unwürdige, auf viele Undankbare, wir werden durch die Menge der Bedürfnisse förmlich überschüttet, hie und da durch die Ausgaben erschöpft, die Kälte der anderen kühlt unseren Eifer ab. Schließlich ist die ganze Welt voll von Hindernissen, die uns von dem rechten Lauf ablenken. Es ist also gut, wenn Paulus uns ermuntert, nicht schlaff und müde zu werden. Denn nur, wenn wir nicht ablassen, vielmehr bis zum Ende standhalten, werden wir die von Gott verheißene Frucht ernten. Wer nicht aushält, gleicht einem trägen Landmann, der nach dem Pflügen und Säen die Arbeit unvollendet liegen lässt, während er doch noch eggen müsste, damit die Vögel den Samen nicht fressen, oder die Sonne ihn ausdörrt, oder der Frost ihn vernichtet. Eine Liebestätigkeit, die nicht bis zum letzten Ziel durchdringt, ist ganz vergeblich. Ernten werden wir freilich erst zu Seiner Zeit. Dies fügt Paulus ausdrücklich hinzu, damit niemand schon in diesem Leben nach Frucht ausschaue und so der geistlichen Ernte verlustig gehe. Die Gläubigen haben ihre Sehnsucht in den Schranken der Hoffnung und Geduld zu halten.

So lange wir nun Zeit haben. – Noch immer bleibt die Rede im Bilde. Nicht jede Zeit eignet sich den Acker zu bestellen und zu besäen; darum ergreift ein umsichtiger und fleißiger Landmann die Gelegenheit und lässt sie nicht unbenützt verstreichen. Hat nun Gott dies Leben ganz für das Pflügen und Säen bestimmt, so gilt es, die Zeit zu gebrauchen: Wer nachlässig ist, dem möchte es zu spät werden. Übrigens zieht jetzt der Apostel, dessen Rede von der Pflicht der Freigebigkeit gegen die Diener am Worte nur den Ausgang genommen, den Kreis seiner Betrachtung weiter. Wir sollen Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen, das heißt an den Gläubigen, da sie mit uns ein und dieselbe Familie bilden. Die enge Gemeinschaft, welche sich zwischen den Gliedern einer und derselben Familie von selbst herausstellt, soll uns ein besonderer Sporn sein. Als Menschen sind wir jedem verpflichtet, der Menschenantlitz trägt; ein noch engeres Band aber schlingt die geistliche Gemeinschaft, zu welcher Gott seine Gläubigen berufen hat.