GALATER

Galater Kapitel 5 Teil V

Galater 5.19-21

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Keuschheit. Wider solche ist das Gesetz nicht. Welche aber Christus angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden. So wir im Geist leben, so lasset uns auch im Geist wandeln. Lasset uns nicht eitler Ehre geizig sein, einander zu entrüsten und zu hassen.

 

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Keuschheit. – Hatte der Apostel soeben der ganzen Menschennatur ihr Urteil gesprochen, weil sie nur verderbte und abscheuliche Früchte hervorbringt, so leitet er jetzt alle Tugenden wie alle guten und edlen Gedanken aus dem Geiste ab, das heißt aus der Gnade Gottes und der Erneuerung, die uns durch Christus zu Teil wird. So gibt er uns zu verstehen, dass vom Menschen nur Böses, alles Gute aber vom Geiste Gottes kommt. Mögen unwiedergeborene Menschen noch so viele treffliche Beispiele von Sanftmut, Treue, Mäßigung und Selbstlosigkeit sehen lassen, so wird sich das alles doch als trügerischer Schein erweisen. Was nach dem Maßstabe der menschlichen Gesellschaft gelten mag, bleibt vor Gott nicht rein, wenn es nicht aus dem Quell aller Reinheit stammt. Unter Freude ist hier (anders wie in Römer 14.17) jene heitere Freundlichkeit im Verkehr mit dem Nächsten zu verstehen, die sich von allem mürrischen Wesen freihält. Treue ist Wahrhaftigkeit im Gegensatz zu List, Trug und Lüge. Friede steht im Gegensatz zu Zank und Streit. Geduld ist die Sanftmut der Seele, die alles gut aufnimmt und sich nicht sofort reizen lässt. Das weitere wird keiner Erklärung bedürfen. Paulus beschreibt aber die Früchte, aus denen man auf eines Menschen Gemütsverfassung zurückschließen kann. Nun könnte jemand fragen: Können dann aber die Ungläubigen und Götzendiener überhaupt dem Gericht verfallen, welche sich durch den Schein besonderer Tugenden auszeichnen? Denn ihren Werken nach scheinen sie Geistesmenschen zu sein. Ich antworte: Wie nicht alle Fleischeswerke bei einem fleischlichen Menschen sichtbar sind, sondern nur dieses oder jenes Laster die Fleischesart verrät, so ist der Mensch nicht wegen einer Tugend als geistlich zu achten. Denn seine übrigen Untugenden offenbaren, dass das Fleisch in ihm herrscht. Es lässt sich dies auch an allen teilweise tugendhaften Ungläubigen wohl sehen.

Wider solche ist das Gesetz nicht. – Paulus will sagen: Wo der Geist regiert, hat das Gesetz keine Herrschaft mehr. Denn indem Gott unsere Herzen nach Seiner Gerechtigkeit bildet, befreit Er uns von der Strenge des Gesetzes, so dass Er nicht mit uns nach dessen Satzungen handelt und nicht unsere Gewissen unter der Schuld bleiben lässt. Zwar hört das Gesetz nicht auf, lehrend und mahnend seine Pflicht zu tun, aber der Geist der Kindschaft macht von der Unterjochung frei.

Welche aber Christus angehören. – Dies fügt Paulus hinzu, um zu zeigen, dass solche Freiheit allen Christen gilt, die dem Fleisch den Abschied gegeben haben. Zugleich liegt darin eine Erinnerung, worin eigentlich ein wahres christliches Leben besteht, damit niemand sich als ein Christ ausgebe, der es nicht ist. Heißt es aber, dass Christi Glieder ihr Fleisch „kreuzigen“, so entnehmen wir daraus, dass die Abtötung des Fleisches nur eine Wirkung des Kreuzes Christi sein kann. Hier ist kein Menschenwerk; vielmehr pflanzt uns Gottes Gnade in die Gemeinschaft des Todes Christi, sodass wir fortan nicht mehr uns selber leben (Römer 6.5). Nur dann können wir das Vorrecht der Kinder Gottes genießen, wenn wir in wahrer Selbstabsage und Abtötung des alten Menschen mit Christus begraben sind. Freilich wird ja das Fleisch noch nicht völlig abgestorben sein, aber es übt keine Herrschaft mehr und beugt sich dem Geist. Das Fleisch samt den Lüsten und Begierden führt uns der Apostel vor Augen wie die Wurzel mit ihren Früchten. „Fleisch“ heißt ja die Verderbnis der Natur selbst, aus welcher alles Böse hervorquillt. Welches Unrecht nach alledem, Christi Glieder noch an das Gesetz fesseln zu wollen, von welchem doch alle durch den Geist Wiedergeborenen frei sind!

So wir im Geist leben. – Nach seiner Weise entnimmt Paulus nun der Lehre eine Ermahnung. Der Tod des Fleisches ist das Leben des Geistes. Wenn nun der Geist Gottes in uns lebt, so möge Er auch unser ganzes Tun und Treiben regieren! Denn immer wird es viele geben, die unverschämt prahlen, sie lebten im Geiste – aber Paulus weist sie an, dies nicht durch leere Worte, sondern durch die Tat zu beweisen. Denn wie die Seele im Leibe nicht müßig lebt, sondern den Gliedern und jedem Körperteil Bewegung und Kraft mitteilt, so kann auch der Geist Gottes nicht in uns sein, ohne sich durch äußere Wirkungen tätig zu erweisen. Ist Gottes Geist wirklich die innere Kraft unseres Lebens, so müssen wir auch im Geist wandeln, das heißt denselben im äußeren Handeln zur Erscheinung kommen lassen. Die Werke sollen Zeugnisse des geistlichen Lebens sein.

Lasset uns nicht eitler Ehre geizig sein. – Nunmehr folgen besondere Ermahnungen, die den Galatern nötig waren, aber auch nicht weniger für unsere Zeit passen. Die Mutter vieler Übel, sowohl in der ganzen menschlichen Gesellschaft als zumal in der Kirche, ist die Ehrsucht, vor der ein Christ sich also hüten soll. Mögen die Weltweisen immerhin nicht jeden Ehrgeiz verurteilen, so ist für einen Christen doch die Ruhmsucht unter allen Umständen verwerflich, weil sie den Gesichtspunkt dafür verrückt, wo man eigentlich wahren Ruhm zu suchen hat: Allein bei Gott! Losgelöst von Gott ist alles eitel. – Dass die Menschen einander entrüsten und hassen, ist die Folge ihres Ehrgeizes. Wer selbst nach der höchsten Stufe strebt, kann ja anderen nichts gönnen. Daraus kommen dann Verkleinerungen des anderen, Kränkungen und Reibungen.