EPHESER

Epheser Kapitel 4 Teil VI

Epheser 4.20-24

Ihr aber habt Christus nicht also gelernt, so ihr anders von ihm gehöret habt, und so in ihm gelehrt seid, wie in Jesus die Wahrheit ist. So legt nun von euch ab nach dem vorherigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verdirbt. Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts, und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit.

 

Ihr aber habt Christus nicht also gelernt, so ihr anders von ihm gehöret habt, und so in ihm gelehrt seid, wie in Jesus die Wahrheit ist. – Gegensätzlich wird nun das christliche Leben geschildert, damit wir innerwerden, wie wenig es sich mit wahrer Frömmigkeit verträgt, wenn man sich aus dem heidnischen Schmutze nicht abhebt. Den Heiden, welche in der Finsternis wandeln, muss ja eine klare Erkenntnis dessen fehlen, was gut und böse ist. Leute aber, denen Gottes Wahrheit leuchtet, soll man von ihnen unterscheiden können. Wenn die Heiden, die ihre Lebensregeln nun aus der Eitelkeit ihres Sinnes entnehmen können, sich in schmähliche Gier verwickeln, so wundern wir uns weiter nicht, aber Christi Lehre weiß doch etwas davon, dass wir unseren eigenen Sinn verleugnen sollen. Wessen Leben sich nun von dem Treiben der Ungläubigen nicht abhebt, der kann nicht wohl von Christus gelernt haben. Denn Erkenntnis Christi ist ohne Abtötung des Fleisches gar nicht zu denken. Um aber die Aufmerksamkeit und den Eifer seiner Leser stärker zu spannen, sagt Paulus nicht einfach, dass (in Vers 4. 21) sie von Christus gehöret haben, sondern auch, dass sie in ihm gelehrt sind. Er wirft also die Frage auf, ob sie eine bloß oberflächliche Kunde oder eine gründliche Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, welche wirklich dem entspricht, wie in Jesus die Wahrheit ist. Diese Wendung soll jene Scheinkenntnis des Evangeliums treffen, mit der viele sich brüsten, die doch von einer Erneuerung des Lebens nichts wissen wollen. Mögen solche Leute sich für sehr weise halten, so sagt doch der Apostel rund heraus, dass sie nur einen trügerischen Scheinglauben haben. Es schwebt ihm also eine doppelte Erkenntnis Christi vor, eine wahre und echte, und eine andere, die nur Trug und Schein ist. Nicht als ob es in Wirklichkeit eine zweifache Erkenntnis Christi gäbe. Vielmehr ist die Erkenntnis, mit welcher viele sich fälschlich schmeicheln, lediglich Fleischesweisheit. Wie es also in 2. Kolosser 5.17 heißt: Ist jemand in Christo, so ist er eine andere Kreatur – so hören wir hier, dass von einer Erkenntnis der Wahrheit in Christo nur da die Rede sein kann, wo man auch von Abtötung des Fleisches etwas spürt.

So legt nun von euch ab nach dem vorherigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verdirbt. – Paulus fordert von einem Menschen, der ein Christ sein will, Buße und Erneuerung des Lebens. Diese bestimmt er als Selbstverleugnung und Wiedergeburt durch den Heiligen Geist. Mit dem ersteren beginnt er, in dem er befiehlt den alten Menschen abzulegen. Es ist dies ein gebräuchliches Bild (vgl. auch zu Römer 13.14): Wie ein Gewand sollen wir das alte Wesen ausziehen.  Was der Apostel unter dem alten Menschen versteht, haben wir bereits zu Römer 6.6 dargelegt (vgl. auch Römer 7.18 & 22): er meint die ganze Richtung unseres Wesens, die wir von Mutterleibe her an uns tragen. In der Person Adams und wiederum in der Person Christi stehen sich gewissermaßen zwei Naturen gegenüber. Da wir nun zuerst als Nachkommen Adams geboren werden, so heißt die verkehrte Natur, die wir von ihm her empfangen, der alte Mensch. Dann aber werden wir in Christi Gemeinschaft neu geboren: So kann die aus der Verderbnis erneuerte Natur der neue Mensch heißen. Also: Wer den alten Menschen ausziehen will, muss seiner Natur absagen. Damit aber niemand solche Ermahnung für gegenstandslos halte, ruft Paulus den Lesern ihr früheres Leben ins Gedächtnis zurück. Er will sagen: Der alte Mensch regierte in euch, als Christus sich euch noch nicht offenbart hatte. Daher müsst ihr euer früheres Leben aufgeben., wenn ihr den alten Menschen ablegen wollt.

Wie der alte Mensch beschaffen ist, soll man nun an seinen Früchten erkennen: Es heißt von ihm, dass er durch Lüste im Irrtum sich verdirbt. Die bösen Lüste sind es, die ihn ins Verderben locken. Ist übrigens von Verderbnis die Rede, so liegt darin eine Anspielung an den „alten“ Menschen. Denn was alt ist, verdirbt leicht. Die bösen Lüste, welche der Apostel meint, sind nun keineswegs bloß grobe und offenkundige Laster, sondern unter Umständen Dinge, welche bei Menschen gar Anerkennung finden, als da sind: Ehrgeiz, fleischliche Klugheit, überhaupt alles, was aus unserer Eigenliebe oder unserem Unglauben kommt.

Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts, – Dies ist das zweite Stück der Anweisung zu einem frommen und heiligen Wandel: Wir sollen uns in unserem Leben mehr durch Christi Geist als durch unseren eigenen Geist bestimmen lassen. Aber was bedeutet Geist des Gemüts? Ich (Calvin) verstehe es einfach so, dass Paulus damit sagen will: Erneuert euch nicht nur in Bezug auf die niederen Neigungen und Begierden, welche offenbar verdorben sind, sondern auch in Bezug auf jenen Teil der Seele, welcher für den edelsten und vorzüglichsten gehalten wird. Soll aber dies innerste Gemüt, unser ganzer Sinn und Geist der Erneuerung bedürfen, so kann der Apostel darin wohl nichts für gesund und unverdorben halten. Er wird auch schwerlich die löbliche und vielgepriesene Vernunft für die Königin ansehen, die uns regieren könnte – sondern deutet vielmehr stillschweigend auf den Geist Gottes vom Himmel, welcher den Geist unseres Gemüts erneuern muss.

Und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist – Der Gedankenzusammenhang ist folgender: Wenn ihr den neuen Menschen anzieht, so werdet ihr eben damit eine innerliche Erneuerung im Geiste erfahren, eine Erneuerung, die nicht nur ein Teil eures Wesens umfasst, sondern im Gemüte, als dem scheinbar noch am wenigsten verderbten innersten Lebenspunkte, anhebt. Heißt es nun von diesem neuen Menschen, dass er nach Gott geschaffen ist, so lässt sich dabei sowohl an die erste Schöpfung des Menschen als auch an seine Neuschöpfung durch Christi Gnade denken. Denn im Anfang ward Adam nach Gottes Bilde erschaffen, so dass sich in ihm die göttliche Gerechtigkeit spiegelte. Da aber dieses Bild durch die Sünde zerstört worden ist, so musste es in Christus wiederhergestellt werden. Die Wiedergeburt der Frommen ist nun nichts anderes als die Wiederherstellung des Bildes Gottes in ihnen (vgl. auch zu 2. Korinther 3.18). Der Unterschied zwischen beiden Schöpfungen besteht nur darin, dass bei der zweiten Gottes Gnade viel reicher und mächtiger waltet. Und die Neugeburt führt uns von unseren Irrwegen auf das Ziel zurück, zu welchem wir ursprünglich bestimmt waren: Zur Übereinstimmung mit dem Bilde Gottes.

In rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. – Wenn man Gerechtigkeit allgemein für Rechtschaffenheit nimmt, so steht die Heiligkeit noch höher, bei welcher ja an eine Gott geweihte Reinheit zu denken ist. Aber man kann auch so unterscheiden, dass die Heiligkeit sich auf die erste Gesetzestafel bezieht, die Gerechtigkeit dagegen auf die zweite. So heißt es im Lobliede des Zacharias (Lukas 1.75): Dass wir Ihm dienen unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Beide Tugenden sollen „rechtschaffen“ oder vollkommen wahr sein: Denn hier handelt es sich um das Verhältnis zu dem Gott, der sich mit keinem Schein täuschen lässt.