1. Petrus Kapitel 2 Teil IV

1. Petrus 2.11-12

Liebe Brüder, ich ermahne euch als die Fremdlinge und Pilgrime: enthaltet euch von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, und führet einen guten Wandel unter den Heiden, auf dass die, so von euch afterreden als von Übeltätern, eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tage der Heimsuchung.

 

Als die Fremdlinge und Pilgrime: enthaltet euch von fleischlichen Lüsten. – Diese Ermahnung enthält zwei Stücke: Erstlich soll unsre Seele von sündhaften und bösen Begierden rein und frei sein; zum andern sollen wir ehrbar unter den Menschen wandeln, damit wir durch das Beispiel eines guten Lebens nicht nur die Frommen stärken, sondern auch die Ungläubigen für Gott gewinnen. Um nun seine Leser von fleischlichen Begierden zurückzuhalten, benützt es der Apostel als Beweis, dass sie Fremdlinge und Pilgrime sind. So nennt er sie, nicht weil sie fern von ihrem Vaterland in verschiedene Gegenden verstreut waren, sondern weil Gottes Kinder, wo sie auch auf Erden weilen mögen, bloße Beisassen in der Welt sind. Im ersteren Sinne war der Ausdruck, wie aus dem dortigen Zusammenhange hervorgeht, im Eingang des Briefes gebraucht; was der Apostel aber an unserer Stelle sagt, gilt allen Christen insgemein. Denn nur darum halten uns fleischliche Begierden gefangen, weil unser Sinn in dieser Welt sich heimisch macht und wir nicht daran denken, dass der Himmel unser Vaterland ist. Menschen aber, die wie Pilger durch dieses Leben gehen, werden sich niemals dem Fleisch zu Dienst stellen. Übrigens sind unter den fleischlichen Lüsten nicht bloß die gröbsten Begierden zu verstehen, die wir mit den Tieren teilen, sondern alle Neigungen unserer Seele, zu welchen die Natur uns treibt und leitet. Denn es lässt sich nicht bestreiten, dass die Gesinnung des Fleisches, das heißt der unerneuerten Natur, Feindschaft gegen Gott ist (Römer 8.7).

Welche wider die Seele streiten. – Dies ist ein zweiter Beweisgrund: Wer den Begierden des Fleisches nachgibt, tut es nur zu seinem Verderben. Denn der Ausdruck beschreibt hier nicht jenen Kampf der Seele in sich selbst, von welchem Paulus im siebenten Kapitel des Römerbriefes spricht (vergleiche auch Galater 5.17 ff.), sondern er will besagen, dass die fleischlichen Lüste der Seele, die ihnen zustimmt, das Verderben bereiten müssen. Der Apostel straft unsere Sorglosigkeit in diesem Stück: Während wir ängstlich darauf bedacht sind, uns gegen Feinde zu schützen, von denen wir Gefahr für den Leib fürchten, lassen wir unbedenklich die gefährlichsten Seelenfeinde herankommen, so dass sie uns töten können; ja, wir strecken ihnen gleichsam den Hals hin.

Und führet einen guten Wandel. – Das ist das zweite Stück der Ermahnung: Christen sollen sich ehrbar vor den Menschen halten. An erster Stelle steht freilich, dass die Seele vor Gott rein sei; dann aber müssen wir auch auf die Menschen Rücksicht nehmen, dass wir ihnen nicht Anstoß bereiten. Insbesondere spricht der Apostel von den Heiden, welche afterreden. Waren doch die Juden allenthalben nicht bloß ein Gegenstand des Hasses, sondern geradezu des Abscheus. So mussten sie umso mehr darnach streben, durch ein heiliges Leben und wohlgeordnete Sitten den Hass und die Schande auszutilgen, die auf ihrem Namen lagen. Denn es gilt die Mahnung des Paulus, dass man nicht denen Ursache geben soll, die Ursache suchen (2. Korinther 11.12). Die Schmähungen und Stichelreden gottloser Leute sollen uns also ein Antrieb zu rechtschaffenem Leben werden. Denn es ist nicht Zeit, in ruhigem Schlaf zu träumen, während jene wachsam auf jeden Fehltritt achten, den wir etwa begehen.

Und Gott preisen am Tage der Heimsuchung. – Es wird uns eingeprägt, dass wir nicht um unsertwillen darauf sehen sollen, dass die Menschen Gutes von uns denken und reden; vielmehr gilt es, wie auch Christus lehrt (Matthäus 5.16), Gottes Ehre zu suchen. Petrus zeigt auch, wie dies geschehen kann: Die Ungläubigen sollen durch unsere guten Werke bestimmt werden, sich ebenfalls dem Herrn zu unterwerfen; so werden sie durch diesen Grund ihrer Bekehrung dem Herrn die Ehre geben. Darauf deutet der Ausdruck: Am Tage der Heimsuchung. Manche beziehen denselben freilich auf Christi letzte Ankunft. Ich aber deute ihn dahin, dass Gott das heilige und ehrbare Leben der Seinen wie eine Anleitung gebraucht, Irrende auf den rechten Weg zu führen. Denn dies ist der Anfang unserer Bekehrung, dass Gott sich herablässt, mit väterlichem Auge auf uns zu blicken; wendet Er aber Sein Angesicht von uns ab, so müssen wir vergehen. Darum heißt der Tag, an dem Er uns zu sich zurückruft, mit Recht der Tag der Heimsuchung oder der gnädigen Zuwendung.