Einleitung zum 1. Petrusbrief

Calvins einleitende Worte zum 1. Petrusbrief

 

In diesem Brief will Petrus die Gläubigen zur Selbstverleugnung und Verachtung der Welt ermahnen, damit sie, frei von fleischlichen Begierden und losgelöst von allen irdischen Hindernissen, von ganzer Seele nach Christi himmlischem Reich trachten. Sie sollen in Hoffnung aufrecht stehen, durch Geduld sich stärken, mit Tapferkeit und Beständigkeit sich wappnen und dadurch Versuchungen aller Art überwinden und sollen in diesem Streben und Trachten während des ganzen Lebens fortfahren.

Darum spricht der Apostel gleich im Anfang mit den denkbar erhabensten Worten davon, dass Gottes Gnade uns in Christus offenbart ist. Damit aber die Frommen Gedanken und Herzen über die Welt erheben, fügt er zugleich hinzu, dass man diese Gnade durch den Glauben annimmt und in der Hoffnung besitzt (1.3 ff.). Daran schließt sich eine Mahnung zu heiligem Wandel (1.13 ff.): Die Gläubigen sollen den Preis, um den sie erkauft sind, nicht wertlos machen, noch zugeben, dass der unvergängliche Same des Wortes, durch welchen sie zu ewigem Leben wiedergeboren wurden, verderbt werde oder ersterbe. Weil aber der Apostel von der Wiedergeburt durch Gottes Wort sprach, schließt er zugleich einen Hinweis auf den Stand geistlicher Kindschaft an (2.2). Und damit der Glaube nicht wanke und schwanke, weil wir sehen, dass Christus fast von der ganzen Welt verachtet oder verworfen wird, fügt er hinzu, dass auf diese Weise sich erfüllt, was von Ihm geschrieben steht: Er werde ein Stein des Anstoßes sein. Anderseits aber lehrt der Apostel, dass Christus ein festes Fundament des Heils sein werde für diejenigen, die an Ihn glauben. Im Anschluss daran wird noch einmal darauf hingewiesen (2.9 ff.), zu welcher Ehre Gott die Gläubigen erhoben hat: Sie sollen in der Erinnerung an ihren früheren Stand und im Empfinden der gegenwärtigen Wohltat sich zum Eifer für ein frommes Leben entzünden lassen. Darnach wendet sich die Rede (2.13 ff.) zu besonderen Ermahnungen: Die Christen sollen sich bescheiden und gehorsam dem Regiment der Obrigkeit unterwerfen; Sklaven sollen ihren Herren untertan sein, die Weiber ihren Männern gehorchen und einen züchtigen und eingezogenen Wandel führen; wiederum sollen die Männer ihre Frauen freundlich behandeln. Daran schließt sich die Vorschrift, dass die Christen Recht und Billigkeit untereinander pflegen sollen. Um ihnen dazu Lust zu machen, stellt der Apostel als Frucht ein ruhiges und glückliches Leben in Aussicht. Weil es nun aber das Geschick der Christen ist, dass sie, trotz ihres Trachtens nach Frieden, mit vielerlei Beleidigungen gequält zu werden pflegen und die Welt sich ohne allen Grund feindlich wider sie stellt (3.14 ff.), mahnt der Apostel, dass wir Verfolgungen mit Gleichmut erdulden sollen, in dem Bewusstsein, dass sie uns zum Heil ausschlagen müssen. Hierfür beruft er sich auf Christi Beispiel. Auf der andern Seite erinnert er, ein wie unglückliches Ende der Gottlosen wartet, während der Herr seine Gemeinde wunderbar durch den Tod hindurch vom Tode befreit. Darnach (4.1 ff.) wird Christi Beispiel noch weiter ausgenützt: Es soll uns zur Abtötung des Fleisches anleiten. An diese Mahnung schließen sich allerlei kurze Einzelsprüche. Bald aber kehrt die Rede zur Empfehlung der Geduld zurück (4.12 ff.): Die Gläubigen sollen ihr Leid durch den tröstlichen Gedanken lindern, dass die Züchtigungen der väterlichen Hand Gottes ihnen nützlich seien. Der Anfang der fünften Kapitels erinnert die Ältesten an ihre Pflicht: Sie sollen in der Gemeinde sich keine Herrschaft anmaßen, sondern unter Christi Oberherrschaft maßvoll regieren. Den jungen Leuten wird Bescheidenheit und Gelehrigkeit ans Herz gelegt. Nach einer kurzen Ermahnung schließt der Brief mit Gebet (5.10 f.).

Von welchem Orte aus er geschrieben wurde, darüber ist man sich nicht einig. Da aber ausdrücklich Babylon genannt ist, sehe ich keinen Grund, einen Zweifel zu erheben. Dass allegorisch darunter Rom zu verstehen sei, gründeten die alten Lehrer lediglich auf die allgemeine Annahme, dass Petrus von Antiochien nach Rom sich begeben habe und dort gestorben sei. Da aber die Reden von dem römischen Bistum des Petrus auf keine hinreichenden Zeugnisse sich stützen können, hat auch diese bildliche Deutung keinen Grund. Viel wahrscheinlicher ist, dass Petrus gemäß dem Inhalt seines apostolischen Berufs solche Gegenden durchzog, in welchen besonders viele Juden wohnten. Wir wissen aber, dass es deren in Babel und in der ganzen Umgebung eine große Zahl gab.