BÜCHERECKE

Der eiserne Gustav

von Hans Fallada

 

Verlag: Aufbau Taschenbuch

 

Leseprobe

„Sag doch endlich, Vater, was kannst du gegen die Heirat sagen?! Ich bin siebenundzwanzig…“

„Jar nischt kann ich sagen. Der sare ick: Wenn du mit einer in de Betten jehst, so vornehm bin ick jar nich, da stoß ick mir nich dran, immer los, wenn’s Spaß macht. Aber det de deinen Jungen vier Jahre werden lässt, un denn haste erst den Mut, es deinem Vater zu sagen, und dann auch noch in ´ner Kneipe, weil de denkst, er geniert sich vor de Leute. – Aber der Justav geniert sich nich, der is eisern…“

„Ja, das bist du wirklich, Vater, eisern mit deinem Dickkopf…“

„Der Justav, der is eisern! Zu ´nem Schlappschwanz sagt er Schlappschwanz, und zu ´nem Feigling sagt er Feigling! Und mit ´nem Feigling sitzt er nich an einem Tisch. – Ick habe mir jefreut, wie de mit det Jlas Bier durch det Lokal auf mir zujeschaukelt bist, aber nu nehm ick mein Jlas Bier, und nu setz ick mir an ´nen andern Tisch…“

Er sah seinen Sohn bitterböse an, er nahm das Glas Bier, stand auf. Aber er ging noch nicht, es sah ihn an. „Die Schlüssel haste“, sagte er. „Un um achte habe ick abjefüttert, und dann biste weg. Un wenn de deine Mutter besuchen willst, bei Tage bin ich meistens nich da…“

„Aber, Vater, was soll das alles? Sei doch einmal vernünftig…“, bat Otto noch einmal.

„Vernünftig…? Bin ich vernünftig? Bist du vernünftig? Det wissen wir alle beede nich! Aber wieso du von mir verlangen tust, ich soll vernünftig sein, det versteh ick nich. Wenn ick unvernünftig bin, bin ick unvernünftig, aber eisern bleibe ick darum doch. Ick bleibe eisern, und du bleibst schlapp, und darum trinke ick mein Bier alleine…“

 

(Ausschnitt aus: Hans Fallada – Der eiserne Gustav; Aufbau Taschenbuch)

 

Inhalt

Vor dem 1. Weltkrieg: Gustav Hackendahl hat sich in Berlin ein Fuhrunternahmen für Droschken aufgebaut. Er ist Kaiser-treu ergeben, regiert seine Familie nach ehernen Prinzipien, ebenso wie auch seinen Betrieb. Durch diesen Willen wird er von allen der „Eiserne Gustav“ genannt.

Doch dann bricht der 1. Weltkrieg und mit ihm die daraus resultierenden Veränderungen ein – beruflich wie privat. Und mit diesen Veränderungen ergeben sich auch für den „Eisernen Gustav“ viele Einschnitte, Enttäuschungen, Umwälzungen, die ihn in einen Strudel ziehen – doch eines ändert sie nicht: Er ist und bleibt der „Eiserne Gustav“…

 

Biographie

Hans Fallada wird 1893 als Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen in Greifswald geboren. Aus einer gutbürgerlichen Familie stammend, wuchs er die Jugendzeit in Berlin auf, später lebte er als Gymnasiast in Leipzig.

Fallada litt schon frühzeitig unter Suizid-Gedanken, die 1911 in einem gemeinsam geplanten Suizid-Duell mit einem Freund endete – doch während dieser starb, überlebte Fallada schwer verletzt und musste sich vot Gericht verantworten, später erfolgte von 192-1913 eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik, während die Anklage aufgrund der psychischen Situation fallengelassen wurde. Auch die Kriegsjahre sowie Nachkriegsjahre verbrachte er mehrfach in Kliniken, diesmal jedoch aufgrund seines Alkohol- und Morphium-Konsums. In diesem Zusammenhang wurde er aufgrund Beschaffungskriminalität und Betrug auch zu Haftstrafen verurteilt. Nach einer zweieinhalb-jährigen Gefängnisstrafe wurde er 1928 entlassen; 1929 heiratete er; die Ehe wurde 1944 wieder geschieden. Seine Alkohol- und Morphium-Probleme sowie psychische Labilität begleiten Hans Fallada bis zu seinem Tode 1947.

 

Bewertung

Hans Fallada ist mit dem „Eisernen Gustav“ ein hervorragendes Bild der Zeit gelungen – von der wilhelminischen Kaisertreue über die Kriegszeiten bis hin zur Inflation, Korruption, Armut und Dekadenz der Nachkriegsjahre; eingebettet in den historischen Kontexte, den Aufständen und politischen Wirren der damaligen Zeit. Ein Buch, was sich auf alle Fälle immer wieder zu lesen lohnt!

 

Comments powered by CComment