EPHESER

Epheser Kapitel 1 Teil III

Epheser 1.13-14

Auf welchen auch ihr eure Hoffnung gesetzt habt, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Seligkeit; durch welchen ihr auch, da ihr glaubetet, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher ist das Pfand unsers Erbes, auf die Zeit, da er uns, die er sich zum Eigentum erworben, erlösen wird zu Lob seiner Herrlichkeit.

 

Auf welchen auch ihr eure Hoffnung gesetzt habt, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eurer Seligkeit. – Hier stellt nun der Apostel die Epheser sich und den anderen Erstlingen der Gemeinde Christi gleich. Im Sinne dieses Zusammenhanges werden wir zu ergänzen haben, was nicht ausdrücklich dasteht: Auch ihr habt auf Christus eure Hoffnung gesetzt. So schlingt sich um sie alle das Band des gemeinsamen Glaubens. Hoffnung und Glauben, so ruft Paulus der Gemeinde zu, hat ja euch das Evangelium gebracht, welches erstens das Wort der Wahrheit ist, und zweitens das Evangelium eurer Seligkeit, welches nämlich eure Seligkeit gewirkt hat. Diese beiden Ehrentitel des göttlichen Wortes gibt uns der Apostel wie einen doppelten Schild wider die Angriffe Satans in die Hand, der ja alles daransetzt, das Evangelium verächtlich und damit unseren Glauben wankend zu machen. Wider alle Zweifel setzen wir die Gewissheit, dass wir am Evangelium das Wort der Wahrheit haben, außer welchem es keine Wahrheit in eigentlichem Sinne gibt. Jede Geringschätzung und Gleichgültigkeit überwinden wir mit der Erinnerung an die Kraft des Wortes, welches unsere Seligkeit wirkt. In diesem Sinne hörten wir auch Römer 1.16: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die da selig machet. In unserer Stelle wird aber außerdem ein Hinweis darauf verborgen liegen, dass die Epheser die beseligende Kraft des Evangeliums bereits selbst erfahren haben. Wie unglücklich sind also Menschen, die auf immer neuen Irrwegen sich müde laufen, wie ja die Welt überwiegend am Evangelium vorbeigeht, um sich an Irrtümern und Menschengedichten zu erbauten! Immerzu lernt man und kommt niemals zur Erkenntnis der Wahrheit, wird auch nie das Leben finden. Glücklich dagegen ein Mensch, der bei dem einmal angenommenen Evangelium treulich feststeht: Er findet darin unerschütterliche Wahrheit und Leben!

Durch welchen ihr auch, da ihr glaubetet, d.h. nachdem ihr gläubig geworden, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung. Hier öffnet sich der Grund der Gewissheit, welche wir dem Evangelium zuschreiben. Gibt es einen zuverlässigeren Bürgen für die Wahrheit, als den Heiligen Geist? Paulus will sagen: Habe ich das Evangelium als Wort der Wahrheit gerühmt, so stütze ich mich dabei nicht auf menschliche Autorität, sondern auf den Heiligen Geist selbst, der diesen Glauben in euren Herzen versiegelt hat. Dieser Vergleich des Heiligen Geistes mit einem Siegel ist überaus passend. Ein Siegel macht aller Ungewissheit ein Ende. Durch Siegel werden Urkunden und Testamente beglaubigt. Früher war das Siegel auch das Haupterkennungszeichen eines Briefes. Jedenfalls ist das Siegel ein Mittel, echte und zuverlässige Schriftstücke von gefälschten und untergeschobenen zu unterscheiden. Eben diese Bedeutung schreibt nun Paulus hier wie auch anderwärts (Epheser 4.30; 2. Korinther 1.22) dem Heiligen Geiste zu. Denn solange der Heilige Geist uns nicht von der göttlichen Wahrheit überzeugt hat, ist die Überzeugung bei uns nicht so fest, dass sie sich gegen alle Versuchungen des Satans behaupten kann. Die rechte Überzeugung sowohl von der Wahrheit des Wortes Gottes als auch von ihrer Seligkeit und von der Wahrheit der Religion überhaupt haben die Gläubigen also nicht aus ihrer natürlichen Erkenntnis, noch durch menschliche oder philosophische Beweise, sondern durch die Versiegelung mit dem Heiligen Geiste, der ihr Gewissen so gewiss macht, dass alle Zweifel aufhören. Wollte man den Glauben auf menschliche Weisheit gründen, so würde man ihm ein sehr unsicheres, stets schwankendes Fundament geben. Ist nun die Predigt das Mittel, Glauben zu wirken, so  macht doch erst der Heilige Geist dieses Mittel wirksam.

Schwierig scheint freilich, dass erst die Versiegelung durch den Geist den Glauben wirken soll, während doch andererseits Glaube vorhanden sein muss, um die Versiegelung zu empfangen. Die Schwierigkeit löst sich indessen, wenn wir bedenken, dass der Heilige Geist in doppelter Weise auf unseren Glauben einwirkt, wie es denn überhaupt eine doppelte Stufe des Glaubens gibt. Der Geist erleuchtet den Verstand und festigt weiter das Herz: Der Anfang des Glaubens ist die Erkenntnis, seine Vollendung aber erst die erste und gewisse Herzensüberzeugung, die keinen Zweifel mehr aufkommen lässt. Beides ist, wie gesagt, das Werk des Heiligen Geistes. Deshalb brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Paulus sagt, dass die Epheser nicht nur die Wahrheit des Evangeliums im Glauben erfasst haben, sondern auch dass sie hierhin durch das Siegel des Heiligen Geistes befestigt worden sind. Unter eben diesem Gesichtspunkte heißt der Heilige Geist auch der Geist der Verheißung. Er schafft es ja, dass die Verheißung des Evangeliums erst wirklich eine Verheißung wird, die uns gilt. Gott verheißt uns in Seinem Worte, dass Er unser Vater sein will: In der Tat aber empfangen wir das Zeugnis unserer Kindschaft erst durch den Heiligen Geist.

Welcher ist das Pfand unseres Erbes. Auch dieses weitere Beiwort wird dem Heiligen Geist nicht bloß hier gegeben (vergleiche 2. Korinther 1.22 & 5.5). Wir haben uns ein Kaufgeschäft vorzustellen, welches durch Übergabe eines Pfandes abgeschlossen ist und nun nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. So hat Gott Seine Zusagen gewiss gemacht, als Er uns den Heiligen Geist schenkte: Nun brauchen wir nicht zu fürchten, dass Er wieder zurückziehen könnte. Freilich sind Gottes Verheißungen an und für sich keineswegs wankend, aber wir können nicht sicher auf ihnen ruhen, wenn uns das Zeugnis des Geistes nicht stützt. So erscheint der Heilige Geist als das Unterpfand unseres Erbes, d.h. des ewigen Lebens, auf die Zeit, da Gott uns völlig erlösen wird. Solange wir auf Erden wallen, dienen wir dem Herrn auf Hoffnung und brauchen ein Pfand, welches erst überflüssig wird, wenn der Besitz selbst in unsere Hände gelangt. In diesem Sinne heißt es auch in Epheser 4.30, dass wir mit dem Geist versiegelt sind auf den Tag der Erlösung, d.h. des letzten Gerichts. Sind wir auch schon durch Christi Blut erkauft, so ist doch die Frucht dieser Erlösung noch nicht in Erscheinung getreten, weil alle Kreatur noch seufzt und nach der Erlösung von der Eitelkeit verlangt. Und auch wir, die wir die Erstlinge des Geistes empfangen haben, sehnen uns nach derselben Befreiung, die wir bislang nur in der Hoffnung besitzen, und die wir völlig erst genießen werden, wenn Christus zum Gericht erscheinen wird. Von dieser zukünftigen ‚Erlösung‘ redet nicht bloß Paulus (Römer 8.23), sondern auch der Herr (Lukas 21.28): Erhebt eure Häupter, darum dass sich eure Erlösung nahet.

Inzwischen hat sich uns Gott bereits zum Eigentum erworben: Denn Sein Eigentum ist nicht erst die Versammlung der Seligen im Himmel, sondern bereits die Gemeinde auf Erden. Einen Hinweis darauf fügt der Apostel wie zum Troste hinzu: So lernen wir, in getroster Hoffnung der Wiederkunft Christi entgegenzuwarten, und tragen es nicht mehr allzu schwer, dass wir auf den eigentlichen Besitz des Erbes noch warten müssen; teilen wir doch dies Los mit der ganzen Gemeinde.

Zu Lob seiner Herrlichkeit. Immer wieder kehrt die Rede zu diesem Zielpunkt zurück: Denn das Unermessliche lässt sich nie völlig erschöpfen. Das gilt insbesondere von Gottes Erbarmen, für dessen Schilderung ein wirklich frommer Mensch seine eigene Rede stets unzureichend finden wird. So sollen denn fromme Zungen nie müde werden, Gottes Lob zu verkünden, und fromme Ohren nicht, davon zu hören: Alle Menschen- und Engelszungen werden Gottes Ruhm auszureden nicht vermögen. Übrigens wollen wir auch bedenken, dass es kein besseres Mittel gibt, der Gottlosen Mund zu stopfen, als dass wir uns laut zu Gottes Herrlichkeit bekennen, die jene in den Staub ziehen wollen.