PHILIPPER

Philipper Kapitel 2 Teil IV

Philipper 2.17-24

Und ob ich geopfert werde über dem Opfer und Gottesdienst eures Glaubens, so freue ich mich und freue mich mit euch allen. Desselbigen sollt ihr euch auch freuen und sollt euch mit mir freuen. Ich hoffe aber in dem Herrn Jesu, dass ich Timotheus bald werde zu euch senden, dass ich auch erquicket werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. Denn ich habe keinen, der gleichen Sinnes ist, der so herzlich für euch sorget. Denn sie suchen alle das Ihre, nicht das Christi Jesu ist. Ihr aber wisset, dass er rechtschaffen ist; denn wie ein Kind dem Vater, hat er mit mir gedient am Evangelium. Denselbigen, hoffe ich, werde ich senden von Stund an, wenn ich erfahren habe, wie es um euch steht. Ich vertraue aber in dem Herrn, dass ich auch selbst schier kommen werde.

 

Und ob ich geopfert werde. – Wenn die Alten Verträge oder Bündnisse schlossen, so brachten sie bei dieser Gelegenheit Opfer dar. Durch diese Opfer wurden die Verträge und Bündnisse bestätigt und geheiligt. Auf diese Opfer bei Schließung von Bündnissen scheint Paulus hier anzuspielen. Würde er sterben, so würde sein Tod zu einer Bestätigung des Glaubensbundes werden, den seine Leser mit Gott geschlossen hatten. Zum genaueren Verständnis der Stelle müssen wir indessen bemerken, dass Paulus bereits das als eine Aufopferung an Gott bezeichnet, was er tat, als er die Gemeinde durch das Evangelium dem Herrn weihte. Ähnlich redet er zu den Römern, wenn er von sich sagt (Römer 15.16), dass er ein Priester sei, welcher die Völker durch das Evangelium dem Herrn als ein Opfer darbringt. Wie nun das Evangelium das geistliche Schwert ist, um die Opfertiere zu schlachten, so ist der Glaube gleichsam die Opferung selbst; denn es gibt keinen Glauben ohne jene Abtötung, welche die Gläubigen dem Herrn weiht. Ist nun von Opfer und Gottesdienst die Rede, so bezieht sich das erstere auf die Philipper, die Gott dargebracht werden, das zweite auf Paulus, welcher den Gottesdienst oder Opferakt vollzieht. Und nun sagt Paulus, dass er froh sein werde, wenn er selbst bei dieser Opferung geopfert werde; denn dadurch würde das Opfer seine völlige Bestätigung und Wahrheit empfangen. Das heißt, das Evangelium von Herzen lehren, wenn wir bereit sind, mit unserem eigenen Blute zu bekräftigen, was wir lehren. Außerdem ergibt sich hieraus eine nützliche Lehre über die Natur des Glaubens, dass der Glaube nämlich kein leeres Ding ist, sondern etwas, wodurch der Mensch Gott geweiht wird. Zugleich empfangen die Diener des Evangeliums hier einen herzlichen Trost; denn es wird von ihnen ausgesagt, dass sie Priester Gottes sind, welche dem Herrn Seine Opfer zu bringen haben. Mit welch brennendem Eifer müssen wir nun Gottes Wort predigen, wenn wir wissen, dass wir damit ein Gott wohlgefälliges Opfer bringen! Hier ist das wahre Opfer, wogegen die an seiner Statt erdichtete Messe ein Frevel am Heiligtum ist. Weiter sagt der Apostel: Ich freue mich mit euch allen. Sollte er also sterben, so können die Philipper wissen, dass dies zu ihrem Vorteil geschieht und dass sein Tod ihnen Frucht schaffen wird.

Desselbigen sollt ihr euch auch freuen. – Welche Ermunterung, tapfer dem Tode entgegenzusehen, welcher ja für die Gläubigen kein Übel bedeutet! Hatten wir soeben vernommen, dass des Apostels Tod für ihn ein Gewinn sein würde, so trifft er jetzt Fürsorge, dass sein Tod die Philipper nicht in Ratlosigkeit stürzen möchte. Sein Tod wird keinen Anlass zur Traurigkeit bieten, sondern nur zur Freude; denn man wird erfahren, wie fruchtbar er sich erweist. Der freilich schwere Verlust, welchen das Abscheiden eines solchen Lehrers brachte, musste reichlich dadurch aufgewogen werden, dass sein Blut der Bekräftigung des Evangeliums zugutekam. Nebenher wird Paulus auch daran denken, dass der Tod ihm persönlich ersehnt war.

Ich hoffe aber. – Der Apostel verheißt den Philippern, dass Timotheus zu ihnen kommen werde, damit sie in dieser Erwartung sich umso tapferer halten und den Betrügern nicht weichen möchten. Denn wie im Kriege die Hoffnung auf Hilfe den Mut des Kriegers aufrechterhält, dass er nicht gebrochen wird, so musste auch der Gedanke den Philippern großen Mut einflößen: Bald wird jemand kommen, der den Machenschaften unserer Feinde entgegentreten kann. Wenn nun schon die Erwartung allein so viel vermochte, so musste seine Anwesenheit einen noch viel stärkeren Einfluss üben. Zu beachten ist, dass Paulus seine Hoffnung nur in dem Herrn Jesu hegt: Ohne Gottes Vorsehung, der er sich ganz unterwirft, fasst er keinen Entschluss. In der Tat dürfen wir ja Pläne für die Zukunft, dass ich so sage, nur unter der Hand Gottes machen. Wenn der Apostel fortfährt, dass eine Kunde vom Ergehen seiner Gemeinde ihm Erquickung bringen wird, so erkennen wir darin ein Zeichen seiner Liebe: Er ängstigt sich ob ihrer Gefahren und hat erst Ruhe, wenn es ihnen gut geht.

Denn ich habe keinen, (nicht „der sogar meines Sinnes sei“, sondern) der gleichen Sinnes ist, d. h. welcher dem Timotheus im Eifer für eure Sache gleichsteht. Der Apostel vergleicht also den Timotheus nicht mit sich, sondern mit anderen. Dies besondere Lob spendet er ihm mit der Absicht, den Wert eines so seltenen Mannes in den Augen der Philipper möglichst zu steigern.

Denn sie suchen alle das Ihre, nicht das Christi Jesu ist. – Dabei denkt Paulus nicht an Leute, die jeden Eifer für die Frömmigkeit verloren hatten, sondern an solche, die er unter seine Brüder zählte, ja die er in seiner näheren Gefolgschaft dulden musste. Ihnen schreibt er ein so vorwiegendes Interesse für ihre eigenen Anliegen zu, dass sie für Gottes Werk erkalten. Das Seine zu suchen, scheint an sich kein besonderer Fehler zu sein; wie unerträglich aber ein solcher Sinn für Diener Christi ist, gehet ohne weiteres daraus hervor, dass er Leute, die sich ihm gefangen geben, völlig unbrauchbar macht. Ein selbstsüchtiger Mensch vermag sich unmöglich für die Gemeinde aufzuopfern. Nun könnte man aber denken, dass Paulus unbrauchbare und scheinheilige Menschen als seine Begleiter duldete. Indessen will der Ausdruck nicht so verstanden sein, als hätten die Betreffenden nur an den eigenen Vorteil gedacht und die Sorge für die Gemeinde ganz vergessen. Immerhin zeigten sie sich derartig in ihre persönlichen Anliegen verstrickt, dass der Eifer für das öffentliche Wohl der Gemeinde stark nachließ. Denn notwendig muss eine Neigung bei uns vorherrschen; entweder, dass wir mit Hintansetzung unseres eigenen Vorteils eifrig für Christum und Seine Sache sorgen – oder dass wir zu sehr auf unseren eigenen Vorteil sehen und Christo nur nebenbei dienen. Hieraus sieht man, welch ein Hindernis es für die Diener der Kirche ist, wenn sie das Ihre suchen. Dabei gelten keine Entschuldigungen, als da sind: Ich tue keinem Unrecht; ich muss auch für mich selbst sorgen; ich bin nicht so gleichgültig, dass ich mir keine Sorge wegen meiner eigenen Bequemlichkeit machte usw. Denn wer seine Pflicht erfüllen will, muss sein Recht hintansetzen. Die Rücksicht auf uns selbst darf der Sorge für Christi Ehre weder vorangehen noch ihr gleichkommen. Wohin Christus dich ruft, dorthin musst du eilends gehen und alles andere stehen lassen. So musst du deine Berufung auffassen, dass du alle deine Gedanken von allem abwendest, was dich abziehen könnte. Vielleicht könntest du anderswo üppiger leben – aber Gott hat dich an diese Gemeinde gestellt, die dich nur kümmerlich ernährt. Anderswo würdest du mehr Ehre haben – aber diesen Platz hat Gott dir angewiesen, damit du dort ein demütiges Leben führst. Anderswo ist ein gesundes Klima oder eine anmutige Gegend – aber hier ist deine Stelle, für welche du bestimmt bist. Du möchtest vielleicht mit einer lenksameren Gemeinde zu schaffen haben – in der deinigen stößt dich manches undankbare, schwer zu zähmende, hochfahrende Wesen; du kannst dich durchaus in Sinn und Sitten des Volkes nicht schicken – aber du musst gegen dich selbst ankämpfen und gewissermaßen mit Gewalt gegen deine Wünsche angehen, um das Arbeitsfeld, das dir zugewiesen ist, treu zu bebauen, denn du bist nicht frei oder dein eigener Herr. Endlich, du musst dich selbst vergessen, wenn du Gott dienen willst. Wenn nun Paulus schon Männer, welche mehr für sich als für die Gemeinde sorgen, so kräftig tadelt, welches Urteil wird dann erst solche treffen, die durch ihr Geschäft ganz in Anspruch genommen werden und die Erbauung der Gemeinde für nichts achten! Wenn sie sich auch schmeicheln – Gott wird ihnen nicht verzeihen. Nur insoweit ist es den Dienern der Kirche gestattet, dass Ihre zu suchen, als sie dadurch nicht gehindert werden, nach Christi Reich zu trachten. Wer sich aber in dieser Schranke hält, von dem gilt es eigentlich schon nicht mehr, dass er das Seine sucht: Denn das Urteil über ein Menschenleben bemisst sich nach dessen Hauptrichtung. Klagt übrigens Paulus über „alle“ seine Gehilfen, so wird dies doch nicht ohne jede Ausnahme zu verstehen sein. Denn es gab auch andere, wie zum Beispiel den Epaphroditus, aber nur wenige; und er bezieht auf alle, was im Allgemeinen der Fall war. Wenn wir nun aber hören, wie Paulus in jenem goldenen Zeitalter, in dem alle Tugenden blühten, darüber klagt, dass nur so wenige wirklich ein Herz für die Sache des Herrn hatten, so brauchen wir den Mut nicht zu verlieren, wenn es heute bei uns ebenso ist. Nur möge ein jeder sich vorsehen, damit er nicht auch mit Recht dieser Art von Leuten zugezählt werde. Beachten wollen wir noch, dass die Auferbauung der Gemeinde als das bezeichnet wird, das Christi Jesu ist: Arbeiten wir also in Christi Weinberg, so treiben wir in Wahrheit Seine Sache.

Ihr aber wisset, dass er rechtschaffen ist; denn wie ein Kind dem Vater, hat er mit mir gedient am Evangelium. – Diese Worte können auch als Beispiel aufgefasst werden und lauten dann: Wisst, dass er rechtschaffen ist. Und diese Form könnte sich vielleicht deshalb empfehlen, weil die Philipper möglicherweise bis dahin noch keine Gelegenheit hatten, den Timotheus kennenzulernen. Doch kommt wenig darauf an. Wichtiger zu bemerken ist, dass Timotheus ein gutes Zeugnis rechtschaffener und demütig-dienender Treue empfängt. Welches Zeichen von Glaubenstreue, dass er am Evangelium dient! So verbindet er sich mit Paulus rechtschaffen und fest. Und welches Zeichen der Demut, dass er dem Apostel gedient hat wie ein Kind dem Vater! Dass diese Tugend ihr besonderes Lob empfängt, begreift sich leicht; denn sie ist zu allen Zeiten selten gewesen. Oder, wo fände man heute einen jungen Mann, der hinter die Alten zurücktreten wollte? Stattdessen begegnet uns überall ein hochfahrendes Wesen. Aus unserer und mancher anderen Stelle sehen wir, wie eifrig Paulus bemüht war, die frommen Diener Gottes auszuzeichnen, nicht so sehr ihretwegen, als weil es der ganzen Gemeinde zum Heil gereicht, wenn solche Männer geliebt und geehrt werden und im höchsten Ansehen stehen.

Ich vertraue aber in dem Herrn, dass ich auch selbst schier kommen werde. – Dies fügt Paulus noch hinzu, damit niemand meine, seinem früher geäußerten Plan, die Philipper zu besuchen (1.25), habe sich inzwischen ein Hindernis in den Weg gestellt. Er redet aber wieder nur bedingungsweise: in dem Herrn. Zwar hoffte er, dass der Herr ihn befreien werde; aber wir haben schon gesagt, dass diese Hoffnung mangels einer gewissen Verheißung bei ihm durchaus nicht feststand, sondern sich ganz in Abhängigkeit von Gottes verborgenem Ratschluss hielt.