2. Korinther 5.4:
Denn dieweil wir in der Hütte sind, sehnen wir uns und sind beschwert; sintemal wir wollten lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden, auf dass das Sterbliche würde verschlungen von dem Leben.
Auch die Gottlosen sehnen sich, weil sie mit ihrem gegenwärtigen Zustand nicht zufrieden sind; aber nachher siegt die entgegengesetzte Regung: Die Liebe zum Leben! Dann schrecken sie vor dem Tode zurück, und es würde sie keineswegs verdrießen, hier in Ewigkeit leben zu müssen. Die Gläubigen aber sehnen sich, weil sie wissen, dass sie hier in der Fremde, fern vom Vaterlande sind. Sie fühlen sich in den Banden des Körpers wie in einem Gefängnis. Dieses Leben beschwert sie, weil es ihnen wahre und vollkommene Glückseligkeit nicht geben kann, und weil der Sündenknechtschaft erst der Tod ein Ende machen wird. So sehnen sie sich nach einem höheren Ziel. – Wenn nun aber alles, was Odem hat, am Leben hängt, wie kommt es dann, dass die Gläubigen gern das Leben preisgeben? Diese Frage löst der Apostel mit der Erklärung, dass die Gläubigen den Tod nicht wünschen, um etwas zu verlieren, sondern um ein besseres Leben zu gewinnen: Wir wollten lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden! Doch haben diese Worte noch einen eigenen Ton. Der Apostel leugnet durchaus nicht, dass wir die Auflösung des irdischen Lebens ganz naturgemäß fliehen: Niemand lässt sich gerne seine Kleider ausziehen! Sofort aber spüren wir, wie die natürliche Todesfurcht der Zuversicht des Glaubens weichen muss. Man wirft ja schnell und gern ein zerlumptes, schmutziges, abgetragenes Gewand von sich, um sich mit einem schönen, glänzendem, neuen und haltbaren zu schmücken. Dies bringen die folgenden Worte zum Ausdruck: Auf dass das Sterbliche verschlungen würde vom Leben. Denn weil Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, muss was vergänglich an uns ist untergehen, damit wir zum Stande der Vollkommenheit erneuert werden können. Darum nennt man auch wohl den Leib das beengende Gefängnis der Seele.
(Calvin)