RÖMER

Römer Kapitel 8 Teil VIII

Römer 8.26-27

Desgleichen auch der Geist hilft unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich´s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns aufs Beste mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen erforscht, der weiß, was des Geistes Sinn sei; denn er vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefällt.

 

Desgleichen auch der Geist hilft unsrer Schwachheit auf. – Die Gläubigen sollen nicht fürchten und sagen, dass ihre Kraft nicht ausreicht, so große und harte Lasten zu tragen. Paulus erinnert daran, dass ihnen der Geist zur Seite steht: Seine Kraft ist größer als alle Schwierigkeiten. Niemand darf klagen, dass ihm ein schwereres Kreuz auferlegt sei, als er tragen kann; denn himmlische Kraft will uns stärken. Welch reicher Trost liegt in dem Satz: Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf! Das griechische Wort, das wir übersetzen: „hilft … auf“ ist von gewaltiger Kraft; der Geist nimmt die Last, soweit sie uns zu schwer wird, auf sich. Auf diese Weise steht Er uns nicht bloß zur Seite mit Seiner Hilfe, sondern Er trägt mit, als ob Er sich selbst mit unter der Last beugte. Statt „Schwachheit“ sagt der Apostel wörtlich „Schwachheiten“; das dient zur Verstärkung, denn wenn Gottes Hand uns nicht aufrecht hält, droht uns allerdings ein Fall nach dem andern. Aber der Trost ist umso größer, wenn wir nur hören, dass für alle diese Schwachheiten, die uns jeden Augenblick zu Fall bringen können, Gottes Geist hinreichende Hilfe bereit hält, so dass nichts uns ins Wanken bringt und ganze Berge von Widerwärtigkeit uns nicht verschütten werden. Übrigens muss dieser Beistand des Geistes uns dessen noch gewisser machen, dass Gottes Ordnung es ist, die uns durch Seufzer und Klagen der völligen Erlösung entgegen führen will.

Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen. – Schon früher (siehe Vers 15) hatte der Apostel gesagt, dass der Geist für unsere Gotteskindschaft Zeugnis gibt und dadurch die Zuversicht in uns erweckt, Gott als unsern Vater anzubeten. Jetzt wiederholt er diesen Satz: Der Geist lehrt uns, wie und was wir beten sollen. Dieser Übergang von der inneren Angst und Sehnsucht der Frommen zum Gebet ist sehr nötig und passend; denn Gott sendet uns die Leiden nicht, damit wir im blinden Schmerz uns verzehren sollen, sondern damit wir zum Gebet uns aufraffen und darin unsern Glauben üben. Unter den verschiedenen Auslegungen dieser Stelle scheint mir nun diese am richtigsten und einfachsten zu sein: Wir sind blind in unserm Gebet zu Gott, weil wir zwar unsere Leiden fühlen, aber unser verwirrter und verstörter Sinn nicht zu finden weiß, was heilsam ist und was zu bitten sich gebührt. Wollte man dagegen einwenden, dass doch Gottes Wort uns den rechten Weg auch für unser Gebet zeigt, so diene zur Antwort: Dennoch bleibt unser inneres Leben von Finsternis umhüllt, die das Licht des Geistes uns erleuchtet.

Der Geist selbst vertritt uns aufs Beste mit unaussprechlichem Seufzen. – Wenn wir auch nicht sofort deutlich sehen können, ob Gott unsere Gebete erhört, so zieht doch Paulus den Schluss, dass schon ein inbrünstiges Gebet an sich ein Beweis für die Gegenwart und Wirksamkeit der göttlichen Gnade ist: Ohne sie, aus eigner Erleuchtung, würde kein Mensch heilige und fromme Gebete zu Gott empor schicken. Freilich schwätzen auch die Ungläubigen ihre Gebete, aber sie spotten damit nur des Herrn; denn es ist keine Gewissheit, kein Ernst und kein richtiger Inhalt darin. Darum muss uns der Heilige Geist recht beten lehren. Das Seufzen, welches Er in unserm Herzen erweckt, bezeichnet der Apostel als unaussprechlich, weil sein Inhalt weit über das hinausgeht, was wir fassen können. Dass der Geist uns vertritt, will nicht sagen, dass Er im strengsten Sinne selbst sich zum Beten und Seufzen herbeilässt, sondern nur, dass Er unserm Sinne eben die Bitten eingibt, auf welche unsern ganzen Eifer zu richten sich gebührt; und weiter, dass Er unserm brünstigen Gebet eine solche Glut einhaucht, dass es bis zum Himmel dringen muss. Diese eigentümliche Ausdrucksweise will nicht den geringsten Zweifel darüber bleiben lassen, dass das Gelingen unseres Gebets allein auf der Gnadenwirkung des Geistes ruht. Uns wird geheißen: Klopfet an! Aber niemand vermag aus eigner Kraft sich innerlich zu sammeln und nur eine einzige Silbe zu beten, wenn nicht Gottes geheime Geisteskraft zuvor bei ihm anklopft und die Tür des Herzens auftut.

Der aber die Herzen erforscht, der weiß, was des Geistes Sinn sei; denn er vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefällt. – Ein herrlicher Grund zur Stärkung unserer Zuversicht! Gott muss uns erhören, weil wir durch Seinen Geist beten. So kennt Gott den Inhalt unserer Bitten auf das allergenaueste, denn sie gehen aus dem Sinn Seines eigenen Geistes hervor. Gott weiß, was des Geistes Sinn sei. Dieses „Wissen“ hat eine eigne Bedeutung. Es will sagen, dass Gott den Sinn des Geistes, weil dieser Ihm nichts Neues und Unerhörtes bringt, durch und durch billigen muss und niemals verwerfen kann. Er erkennt vielmehr des Geistes Absicht als Seine eigne an und nimmt sie mit gnädiger Zustimmung auf. Wie also Paulus zuvor sagen durfte, dass Gott unsere Hilfe ist und uns durch alle unsere Widerfahrnisse zu Seiner Herde führen will, so kann er jetzt den weiteren Trost hinzufügen, dass unsere Gebete niemals vergeblich sein werden, weil Gott selbst sie lenkt und leitet. Dieser Grund wird zuletzt noch ausdrücklich angegeben: Der Geist vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefällt. Er gestaltet unsern Sinn, wie Gott ihn haben will. Stimmt nun infolgedessen unser Gebet mit dem Willen dessen überein, der alles regieret, so kann es seine Wirkung nicht verfehlen. Daraus lernen wir, dass die Hauptsache im Gebet seine Übereinstimmung mit dem Willen des Herrn ist. Denn unser eigner Wille kann trotz aller brennenden Sehnsucht den Herrn nicht binden. Soll unser Gebet Erhörung finden, so müssen wir vor allen Dingen Gott bitten, dass Er unser Gebet nach Seinem Wohlgefallen gestalte.