RÖMER

Römer Kapitel 5 Teil I

Römer 5.1-2

Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus, durch welchen wir auch den Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darin wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll.

 

Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. – Der Apostel beginnt nun, die Gerechtigkeit, die er bisher beschrieben hat, um ihrer Früchte willen noch höher zu rühmen. In solchen weiteren Ausführungen, welche doch zugleich noch manches für den eigentlichen Beweis beibringen, ergeht sich dieses ganze Kapitel. Hatte der Apostel vorher ausgesprochen, dass der Glaube dahinfalle, wenn man die Gerechtigkeit in den Werken sucht, weil die Seele, die in sich selbst keinen festen Grund findet, in ewiger Unruhe sich verzehren muss, so heißt es jetzt umgekehrt: Sind wir durch den Glauben gerecht geworden, so haben wir Frieden mit Gott. Unvergleichliche Frucht der Glaubensgerechtigkeit! Wollte jemand die Ruhe des Gewissens auf Werke gründen, wie dies Leute zu tun pflegen, welchen wahre Frömmigkeit und seines Empfinden abgeht, der würde einem Luftgebilde nachjagen. Denn das Herz vergisst entweder das göttliche Gericht und wird gleichgültig darüber, oder es ist voller Furcht und Schrecken, bis es in Christus seine Ruhe findet. Denn Er allein ist unser Friede. „Friede“ heißt die heitere Ruhe des Gewissens, welche aus der Gewissheit erwächst, dass wir einen versöhnten Gott haben. Solchen Frieden besitzt weder der Pharisäer, welchen das Vertrauen auf seine Werke aufbläht, noch der gleichgültige Sünder, welcher im süßen Genusse des Lasters keiner Unruhe Raum gibt. Beide scheinen freilich nicht in offenem Kriege mit Gott zu leben, wie ein Mensch, an welchem das Bewusstsein seiner Sünde nagt. Frieden mit Gott haben sie auch sicher nicht, weil sie ja dem richtenden Gott nicht nahe kommen dürfen. Die Gleichgültigkeit ihres Gewissens ist eine Art Flucht vor Gott. So stellt der Apostel den Frieden mit Gott im Gegensatz zur trunkenen fleischlichen Sicherheit. Denn das erste Erfordernis bleibt, dass ein jeder dazu erweckt werde, von seinem Leben Rechenschaft zu geben. Keiner aber wird ohne Zittern vor Gott treten, wenn er nicht auf die Versöhnung aus freier Gnade trauen darf. Solange Gott als Richter dasteht, muss alles Fleisch ihn scheuen und fürchten.

Durch welchen wir auch den Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darin wir stehen. – Denn unsere Versöhnung mit Gott stützt sich auf Christus. Er ist der einige geliebte Sohn, wir alle sind von Natur Kinder des Zorns. – Solche Gnade wird uns durch das Evangelium geschenkt, welches als eine Predigt von der Versöhnung uns in Gottes Reich einführt. Redet der Apostel von „Zugang“, so lehrt er damit, dass unser Heil in Christus seinen Anfang nimmt; damit fallen alle selbst erwählten Vorbereitungen, mit welchen törichte Menschen das Erbarmen Gottes unterbauen zu können meinen. Es ist, als hieße es: Christus begegnet uns ohne Verdienst, welches wir zuvor erwerben, und streckt uns Seine Hand entgegen. Alsbald aber fährt die Rede fort: Dass unser Heil fest und beständig bleibt, ruht auf der Fortsetzung derselben Gnade; also auch die Gabe der Beständigkeit danken wir nicht unserer Kraft und Treue, sondern dem Herrn Jesus Christus. Der Ausdruck „darin wir stehen“ zeigt dabei zugleich an, wie tiefe Wurzeln das Evangelium in den Herzen der Gläubigen schlagen muss, damit sie, in seiner Wahrheit gefestigt, wider alle Anläufe des Teufels und ihres eigenen Fleisches feststehen können. Das Wort lehrt uns, dass der Glaube mehr sein muss als eine flüchtige Tagesmeinung: Fest und tief muss er im Gemüte sitzen, damit er ein Leben hindurch aushalte. Nicht der, den ein stürmischer und plötzlicher Antrieb zum Glauben bewegt, zählt schon unter die wahrhaft Gläubigen, sondern nur der, der treulich und festen Fußes auf dem von Gott angewiesenen Posten aushält und dabei stetig an Christus hängt.

Und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll. – Das gibt der Hoffnung auf das ewige Leben Kraft und frohe Spannung, dass wir auf dem festen Fundament der Gnade Gottes feststehen dürfen. Sind die Gläubigen auch auf Erden Fremdlinge und Pilgrime, so steigt ihre Zuversicht doch über alle Himmel empor, und sie bergen das zukünftige Erbe getrost in sich. Damit fallen zwei der verderblichsten Lehrsätze der römischen Kirchenlehrer: Der eine, dass die Christen höchstens eine ungefähre „moralische Wahrscheinlichkeit“ bezüglich ihres Gnadenstandes gewinnen dürften; der andere, dass keiner wissen könne, ob er endlich selig werde. Aber wenn wir für die Gegenwart nichts Sicheres wissen und für die Zukunft nichts Gewisses hoffen dürfen – wer sollte dann noch wagen, sich der Hoffnung zu rühmen? Durchs Evangelium aber strahlt uns der Glanz der zukünftigen Herrlichkeit entgegen, die Gott geben will. Denn es bezeugt uns, dass wir teilhaftig werden der göttlichen Natur, dass wir Gott sehen werden von Angesicht zu Angesicht, und werden Ihm gleich sein.