RÖMER

Römer Kapitel 4 Teil III

Römer 4.6-8

Nach welcher Weise auch David sagt, dass die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit ohne Zutun der Werke, da er spricht: „Selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeiten vergeben sind und welchen ihre Sünden bedeckt sind! Selig ist der Mann, welchem Gott die Sünde nicht zurechnet!“

 

Die Gerechtigkeit, ohne Zutun der Werke. – Was wir schon öfter anmerkten (zu 2.25; 3.20), dass unter Gesetzeswerken viel mehr zu verstehen sei als bloß die Zeremonien, findet hier seine endgültige Bestätigung; denn statt „des Gesetzes Werke“ (3.28) setzt Paulus jetzt „die Werke“.

Weiter belehrt uns die Zusammenstellung: Gott rechtfertigt den Menschen (Vers 6), indem Er ihm die Sünden vergibt (Vers 7) noch einmal darüber, dass im Sinne des Paulus Gerechtigkeit nichts anderes ist als Besitz der Sündenvergebung (vergleiche hierzu 3.21 & 24; 4.5). Endlich erfahren wir, dass diese Vergebung aus freier Gnade ohne Rücksicht auf die Werke geschenkt wird. Dies liegt ja schon im Worte „Vergebung“. Ein Gläubiger, der seine Zahlung empfangen hat, vergibt und erlässt seinem Schuldner nichts. Von freiem Erlass kann nur da die Rede sein, wo ohne die Unterlage einer entsprechenden Zahlung der Schuldschein zerrissen wird. Die Meinung also, dass man die Vergebung der Sünden mit Bußwerken erkaufen müsse, widerstreitet der Lehre des Paulus gänzlich. Auch die Ansicht der katholischen Kirchenlehrer von einer halben Vergebung erscheint töricht: Danach soll nämlich wohl die Schuld, aber nicht die Strafe der Sünde erlassen sein. Aber wie sollte Gott dazu kommen, vergebene Sünden noch zu strafen?

Des Weiteren lässt unsere Stelle den Schluss zu, dass die Gerechtigkeit des Glaubens das ganze Leben umspannt. Denn wenn David alle Gewissensqualen mit dem Triumphruf des 32. Psalms abschüttelt, so redet er sicher aus eigenster Erfahrung. Dabei hatte er dem Herrn schon jahrelang gedient. Und noch immer findet die Erfahrung seines Elends keinen andern Weg zu Seligkeit und Glück, als dass Gott uns durch Vergebung der Sünden in seine Gnade aufnimmt. Damit fällt die törichte Ansicht, dass wir die Gerechtigkeit zwar anfangs weise ohne unser Verdienst durch den Glauben erlangen, dass wir aber dann ihren Besitz durch gute Werke festhalten müssen.

Wenn es aber zuweilen heißt, dass gute Taten zur Gerechtigkeit gerechnet würden (zum Beispiel Psalm 106.31), so bedarf auch darum die Lehre des Paulus keine Einschränkung. Wer an einzelnen Werken solche Erfahrung macht, muss zuvor durch Gottes Gnade gerechtfertigt worden sein. Denn eine vereinzelte Tat reicht dafür nicht aus. Vielmehr werden alle unsere Werke wegen ihrer Ungerechtigkeit verdammt sein, wenn die Rechtfertigung aus Glauben allein sie nicht deckt. Wer aber mit Christi Gerechtigkeit bekleidet ward, erfährt Gottes Gnade nicht nur für seine Person, sondern auch für seine Werke.

Ganz ebenso steht es mit den Aussagen der Schrift über eine Empfindung von Seligkeit infolge der Werke (zum Beispiel Psalm 1.1 ff., 119.1 ff.): Wohl denen, die den Herrn fürchten, die in seinen Wegen gehen, die Tag und Nacht an sein Gesetz denken usw. – denn da niemand dies mit der Vollkommenheit tut, welche Gottes Gebot erfordert, so sind dergleichen Seligpreisungen solange gegenstandslos, bis die Herzen durch Vergebung der Sünden gereinigt werden und damit die rechte Seligkeit erfahren, welche erst den Weg für die weitere Seligkeit bereitet, die Gott Seinen Knechten verheißt, wenn sie um Sein Gesetz und gute Werke sich mühen. Es ist dies ein Verhältnis wie zwischen Baum und Frucht.