RÖMER

Römer Kapitel 3 Teil XI

Römer 3.31

Wie? Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! sondern wir richten das Gesetz auf.

 

Aus dem hier aufgestellten Gegensatze zwischen Glaube und Gesetz schöpft die fleischliche Vernunft leicht den Verdacht, als handle es sich wirklich um einen Kampf des einen gegen das andere. Diese falsche Ansicht lag aber vollends nahe, wenn eine oberflächliche Kenntnis des Gesetzes, das heißt des Alten Testaments, nur an die Werke, nicht aber an die Verheißungen dachte. So hatte ja nicht bloß Paulus, sondern der Herr selbst den Vorwurf hören müssen, dass seine ganze Predigt auf die Abschaffung des Gesetzes ausginge. Daher das Wort des Herrn (Matthäus 5.17): „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Der Verdacht entstand nun sowohl im Blick auf das Moralgesetz wie auf die Zeremonialgebote. Macht das Evangelium allen mosaischen Gebräuchen ein Ende, so scheint es ja den Dienst des Mose zu zerstören. Vernichtet es alle Gerechtigkeit der Werke, so scheint es den vielfachen Zeugnissen des Gesetzes zu widersprechen, welche besagen, dass uns Gott im Gesetz den Weg der Gerechtigkeit und des Heils vorgeschrieben. Deshalb müssen wir auch die gegenwärtige Aussage des Paulus weder allein von den Zeremonien noch allein von den Moralgeboten verstehen, sondern von dem ganzen ungeteilten Gesetze. Das Moralgesetz gewinnt durch den Glauben an Christus Kraft und Bestand, denn es ward gegeben, um den Menschen seiner Sünde zu überführen und zu Christus zu leiten. Ohne Christus kann es nicht gehalten werden und predigt umsonst, was man tun soll; es kann nur die böse Lust steigern und damit die Verdammnis bringen. Hat man aber Christus gefunden, so gewinnt man erst in Ihm die Gerechtigkeit, welche das Gesetz vorschreibt: Sie wird uns durch den Glauben zugerechnet. Danach erwächst auch die Heiligung, welche in unsern Herzen einen zwar unvollkommenen, aber doch dem Ziel entgegenreifenden Gehorsam gegen das Gesetz Gestalt gewinnen lässt. Ebenso steht es mit den Zeremonien: Sie hören auf und schwinden bei Christi Ankunft, und doch finden sie durch Ihn erst ihre wahre Bestätigung. An sich betrachtet sind sie ja nichtige und schattenhafte Bilder; einen tieferen Hintergrund findet man in ihnen erst, wenn man ihren Zweck und ihr Ziel versteht. Ihr gewissestes Siegel empfangen sie durch die Lehre, dass ihre Wahrheit in Christus erschienen ist. Wir werden also das Evangelium so zu predigen haben, dass dadurch zugleich das Gesetz Festigkeit gewinnt, aber keine andere als die auf den Glauben an Christus sich stützt.