Römer 15.17-21
Darum kann ich mich rühmen in Jesu Christo, dass ich Gott diene. Denn ich wollte nicht wagen, etwas zu reden, wo dasselbe Christus nicht durch mich wirkte, die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk, durch Kraft der Zeichen und Wunder und durch Kraft des Geistes Gottes, also dass ich von Jerusalem an und umher bis Illyrien alles mit dem Evangelium Christi erfüllt habe und mich sonderlich geflissen, das Evangelium zu predigen, wo Christi Name nicht bekannt war, auf dass ich nicht auf einen fremden Grund baute, sondern wie geschrieben steht: „Welchen nicht ist von ihm verkündigt, die sollen´s sehen, und welche nicht gehört haben, sollen´s verstehen.“
Darum kann ich mich rühmen in Jesu Christo, dass ich Gott diene. – Nachdem Paulus im Allgemeinen seine Berufung betont hat, damit die Römer ihn gewiss und zweifellos für einen Apostel Christi halten möchten, fügt er nun rühmend hinzu, dass er das apostolische Amt, welches Gott ihm übertragen, nicht bloß übernommen, sondern auch mit herrlichem Erfolge geführt habe. Dabei erinnert er auch an die Treue, die er in der Ausübung seines Dienstes bewiesen hat. Denn das wäre freilich zu wenig, dass ein Prediger nur in das Amt gesetzt wäre, ohne aber seinem Beruf zu entsprechen und seiner Pflicht zu genügen. Übrigens redet der Apostel so nicht aus persönlicher Ruhmbegier; aber er durfte keinen Hinweis unterlassen, welcher dazu dienen konnte, seiner Lehre bei den Römern Eingang und Ansehen zu verschaffen. Gottes rühmt er sich also, nicht seiner selbst; denn er verfolgt nur dies Ziel, dass zu Gott aller Ruhm zurückkehre.
Denn ich wollte nicht wagen, etwas zu reden, wo dasselbe Christus nicht durch mich wirkte. – Hier haben wir den Ausdruck wahrer Bescheidenheit. Der Apostel weist nicht auf eigne Leistungen hin, sondern nur darauf, dass er in Christi Schranken sich fügt. Diese Zurückhaltung wirkt nur umso überzeugender. Was Paulus sagt, ist Grund genug zum Rühmen: Er kann sich mit der Wahrheit zufriedengeben und braucht nicht nach fremdartigen und zweifelhaften Dingen zu greifen. Vielleicht will er auch falschen Gerüchten von vornherein entgegentreten, welche – wie er wohl wusste – Übelwollende gegen ihn aussprengten; darum sagt er im Voraus, er werde nur von Dingen reden, die ihm in Wahrheit gegeben waren.
Die Heiden zum Gehorsam zu bringen. – Diese Worte erinnern daran, was Paulus eigentlich will: Er will seinem Amte auch bei den Römern eine Frucht schaffen und seine Lehre mit Erfolg krönen. Also weist er auf die Zeichen hin, aus denen man ablesen kann, dass Gottes Kraft bei seinem Zeugnis ist und gewissermaßen seinem Apostelamt das Siegel aufgedrückt hat, so dass nun niemand mehr zweifeln kann, dass der Apostel von Gott eingesetzt und gesandt ist. Solche Zeichen sind Wort und Werk und (Vers 19) Wunder. Man sieht also, dass die hier gemeinten Werke noch mehr umfassen als bloß Wundertaten. Den Abschluss macht der Hinweis auf die Kraft des Geistes Gottes, womit Paulus daran erinnert, dass solche Taten in keiner andern Kraft zu geschehen vermochten. Indem der Apostel lehrte und handelte und mit Kraft für Christus Zeugnis gab, offenbarte sich in dem allen Gottes Macht. Als drittes und besonderes Stück kommt dann die Wunderkraft hinzu, welche Zeichen und Siegel schafft, um die Gewissheit, die in der Sache an sich ruht, zu bestätigen. Ähnlich heißt es auch Lukas 24.19, dass Jesus mächtig war von Worten und Taten. Ebenso weist Jesus selbst (Johannes 5.36) die Juden auf Seine Werke hin, welche ihnen zum Zeugnis Seiner Gottheit dienen konnten. Übrigens spricht Paulus nicht einfach von Wundertaten, sondern von Zeichen und Wundern, wie auch Petrus (Apostelgeschichte 2.22) von Taten und Wundern und Zeichen redet. Denn die Wunder sind Zeugnisse der göttlichen Macht, welche die Menschen aufwecken wollen, damit sie den Herrn, von Seiner Herrlichkeit innerlich getroffen, bewundern und anbeten. Und sie bedeuten etwas und zeigen unserm Verständnis etwas von Gottes Wesen. So lernen wir hier, wie man die Wunder anwenden soll: Sie sollen die Menschen zur Ehrfurcht und zum Gehorsam gegen Gott erziehen. In diesem Sinne heißt es in Markus 16.20: Der Herr bekräftigte das Wort durch mitfolgende Zeichen. Und Apostelgeschichte 14.3: Gott ließ Zeichen und Wunder geschehen, um das Wort seiner Gnade zu bezeugen. Geschehen also Wunder, welche der Kreatur und nicht dem Herrn Ehre verschaffen oder Glauben an Lügen und nicht an Gottes Wort erwecken wollen, so stammen diese nicht von Gott, sondern vom Teufel.
Von Jerusalem an und umher bis Illyrien. – Ein weiteres Zeugnis für die Gotteskraft, die hinter der Predigt des Apostels steht, ist deren Wirkung. Das, was die Predigt des Apostels geschafft hatte, überstieg ja alles menschliche Vermögen. Wer hätte Christus eine solche Zahl von Gemeinden zuführen können als nur ein Mann, welchen Gottes Kraft trug! Von Jerusalem an, so sagt Paulus, bis nach Illyrien habe ich das Evangelium gepredigt. Und dabei ist er nicht geraden Weges zum Ziele geeilt, sondern hat alle Gegenden umher durchmessen.
Und mich sonderlich geflissen, das Evangelium zu predigen, wo Christi Name nicht bekannt war, auf dass ich nicht auf einen fremden Grund baute. – Weil Paulus sich den Römern nicht bloß als Diener Christi und Hirten der christlichen Gemeinde, sondern als eigentlichen Apostel vorstellen wollte, so nennt er hier das besondere Merkmal, durch welches sich gerade das Apostelamt auszeichnet. Eines Apostels Aufgabe ist es, das Evangelium zu predigen, wo Christi Name nicht bekannt war, nach jenem Auftrag (Markus 16.15): „Gehet hin in alle Welt, und predigt das Evangelium aller Kreatur.“ Also darf man aus dieser eigentümlichen Aufgabe des apostolischen Amtes nicht eine allgemeine Regel machen. Man darf es auch nicht für einen Fehler erklären, wenn die Apostel, welche den Grund der Gemeinden gelegt haben, nunmehr in den Pastoren Nachfolger empfangen, die auf diesem Grunde nur weiterbauen, das bisher errichtete Gebäude vor dem Verfall schützen und vielleicht nur wenig erweitern. Als fremden Grund bezeichnet hier der Apostel diejenigen, welchen eine fremde Hand gelegt hat. Anderswo heißt es in etwas abweichender Wendung des Bildes, dass Christus der einige Grund sei, auf welchen die Gemeinde erbaut ist (1. Korinther 3.11; Epheser 2.20).
Sondern wie geschrieben steht: „Welchen nicht ist von ihm verkündigt, die sollen´s sehen, und welche nicht gehört haben, sollen´s verstehen.“ – Für die eigenartige Aufgabe seines apostolischen Amtes beruft sich Paulus auf Jesaja 52.15. Dort weissagt der Prophet, dass das Reich des Messias über die ganze Welt ausgebreitet, die Kunde von Christus den Heiden gebracht werden soll, welche zuvor von Seinem Namen nichts wussten. Dies zu tun aber liegt den Aposteln ob, welchen es besonders aufgetragen ward. Und dass Paulus ein wirklicher Apostel ist, kann man eben daran erkennen, dass durch seinen Dienst jene Weissagung erfüllt wird.