RÖMER

Römer Kapitel 14 Teil VII

Römer 14.22-23

Hast du den Glauben, so habe ihn bei dir selbst vor Gott. Selig ist, der sich selbst kein Gewissen macht in dem, was er annimmt. Wer aber darüber zweifelt, und isst doch, der ist verdammt; denn es geht nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus dem Glauben geht, das ist Sünde.

 

Um zu Ende zu kommen, zeigt der Apostel, worin das Gut der christlichen Freiheit eigentlich besteht: Auf diese Weise erkennt man eine derartige Freiheit, die sich selbst gar nicht zu mäßigen weiß, als ein Zerrbild. Der Apostel betont nämlich, dass die Erkenntnis der Freiheit, da sie Sache des Glaubens ist, im eigentlichen Sinne auf Gott selber gerichtet ist. Wer nun in diesem Hauptstück innerlich gewiss geworden ist, soll damit zufrieden sein, dass er vor Gottes Angesicht ein ruhiges Gewissen hat. Es ist aber nicht nötig, dass er vor Menschenaugen alles bekommt und genießt, wobei er wohl ein ruhiges Gewissen haben könnte. So muss es wohl aus sündiger Begehrlichkeit fließen, wenn wir uns ohne Rücksicht auf die schwachen Brüder allen und jeden Genuss erlauben, für den ja durchaus keine Notwendigkeit besteht. Falsch und gegen den Sinn des Apostels ist es übrigens, wenn man aus dieser Stelle folgert, es sei gleichgültig, wie sich ein Christ dem falschen, abergläubischen Gottesdienst gegenüber verhalte. Denn die Verehrung Gottes ist ja ein Teil unseres Bekenntnisses.

Selig ist, der sich selbst kein Gewissen macht. – Selig ist, der sich selbst kein Gewissen macht. Hier lehrt Paulus zuerst, auf welche Weise wir die Gaben Gottes fröhlich gebrauchen können. Dann (Vers 23) aber zeigt er, wie die Unwissenheit diesen freien Gebrauch oft unmöglich macht. Also gilt es darauf zu achten, dass wir den Unerfahrenen nicht mehr zumuten, als ihr schwaches Verständnis tragen kann. Der allgemeine Grundsatz, der auf alle unsere Handlungen angewendet werden kann, preist denjenigen glücklich, der sich kein Gewissen macht in dem, was er annimmt. Dies erinnert freilich daran, dass dem Entschluss, dem Annehmen oder Verwerfen, eine ernste Prüfung vorangegangen sein muss. Viele Menschen stürzen sich ohne Gewissensbedenken mit geschlossenen Augen und mit ungezügelter Begier in schwere Verbrechen. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen solchem blinden Triebe und der wohlerwogenen Annahme dessen, was man als recht erkannt hat. Selig ist nur, wer geprüft und erwogen hat und nun ohne Gewissensbisse tun kann, wofür er sich entschieden. Denn allein diese innere Gewissheit macht es, dass unsere Taten Gott gefallen.

Wer aber darüber zweifelt und isst doch, der ist verdammt; denn es geht nicht aus dem Glauben. – Wer nicht zu einer Entscheidung kommen kann, sondern in seinen Erwägungen noch unsicher bald auf diese, bald auf jene Seite neigt, dem fehlt freilich das erste Erfordernis zu einem rechten Werk: Die Gewissheit vor Gottes Angesicht und damit eine ruhige Sicherheit. Also haben wir uns vor allen Dingen die Wahrheit einzuprägen, dass wir nichts angreifen dürfen, wovon unsere Seele nicht gewiss ist, dass Gott es billigen wird. Wenn alle Menschen diesem Grundsatz huldigten, würde es nicht so viel Unruhe, Verstörung und blindes Zufahren geben. Sollen wir aber so vorsichtig wandeln, dass wir mit zweifelndem Gewissen keinen Bissen Brot anrühren, wie viel zurückhaltender müssen wir erst in größeren Entscheidungen sein!

Was aber nicht aus dem Glauben geht, das ist Sünde. – Jetzt wird der Grund dafür angegeben, warum ein Mensch verdammt ist, der ohne Zustimmung seines Gewissens etwas unternimmt: Eine Tat, die äußerlich noch so herrlich dasteht, wird als Sünde angerechnet, wenn sie nicht aus einem lauteren Gewissen kommt. Gott hält sich nicht bei dem äußeren Schein auf, sondern fordert inneren Gehorsam. Dieser allein macht den Wert unserer Taten aus. Wo bleibt aber dieser Gehorsam, wenn jemand etwas angreift, wovon er nicht überzeugt ist, dass es Gott gefällt? Wo ein solcher Zweifel sich findet, ist ein Mensch, der wider das Zeugnis seines Gewissens auf seinem Wege beharrt, mit Recht unter die Übertreter zu zählen. „Glaube“ bedeutet hier die sichere Überzeugung des Herzens und die klare Gewissheit, die nicht irgendwoher, sondern nur aus der Wahrheit Gottes kommen kann. Schwanken und Ungewissheit befleckt alle unsere Taten, auch wenn sie sonst einen guten Schein haben. Da nun ein frommer Sinn nirgend anders als in Gottes Wort seine Ruhe finden kann, so fallen hier dahin alle erdichteten Gottesdienste und alle selbst erwählten Werke, die dem Gehirn der Menschen entspringen. Wenn der Apostel verurteilt, was nicht aus dem Glauben geht, so verwirft er damit alles, was nicht auf Gottes Wort sich stützt und von demselben gebilligt wird. Und doch reicht es auch noch nicht hin, dass wir uns für unsere Taten äußerlich auf Gottes Wort berufen können: Unsere Seele soll sich vielmehr mit einem fröhlichen Vertrauen zum Werke schicken. Dies wird also der Grundsatz für alle unsere Entscheidungen sein, dass unser Sinn ohne Schwanken auf Gottes Wort sich stütze und mit voller Gewissheit dahin sich ausstrecke, wohin Gott uns ruft.