PHILIPPER

Philipper Kapitel 1 Teil I

Philipper 1.1-6

Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, allen Heiligen in Christo Jesu zu Philippi samt den Bischöfen und Dienern. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesu Christi! Ich danke meinem Gott, so oft ich euer gedenke. (welches ich allezeit tue in allem meinen Gebet für euch alle, und tue das Gebot mit Freuden), über eurer Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tage an bis her; und bin desselbigen in guter Zuversicht, dass, der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollführen bis an den Tag Jesu Christi.

 

Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, allen Heiligen in Christo Jesu zu Philippi. – Anderwärts pflegt Paulus seine Titel an die Spitze eines Briefes zu setzen, um dadurch seiner Person und seinem Amte Gewicht zu verschaffen. Bei den Philippern bedurfte es solcher Empfehlungen nicht, denn sie hatten ihn als einen wahren Apostel Christi kennengelernt und dachten nicht daran, ihm diese Würde streitig zu machen. Sie waren ihrer göttlichen Berufung immer unveränderlich treu geblieben.

Den Bischöfen. – Die Vorsteher der Gemeinde werden durch diese besondere Anrede geehrt. Man sieht daraus, dass alle Diener am Worte „Bischöfe“ hießen; denn hier besitzt eine und dieselbe Gemeinde deren mehrere. Die Wörter Vorsteher und Bischof haben also dieselbe Bedeutung. Später verblieb der Bischofstitel allein demjenigen, welchem die Ältesten einer Gemeinde den Vorsitz in ihren Versammlungen übertragen hatten. Nun braucht man ja über die Worte nicht zu streiten. Aber in jedem Falle ist es besser, bei der Sprechweise des Heiligen Geistes zu bleiben. Denn weil man von dieser ursprünglichen Sprechweise abgewichen ist, ist es dahin gekommen, dass einer, indem er sich den Titel Bischof allein anmaßte, sich zum Herrscher über die anderen Ältesten aufwarf, als wenn sie nicht alle Kollegen und zu einem und demselben Geschäft berufen wären.

Den Dienern (Diakonen). – D. h. den Armenpflegern, welche die Einsammlung und Verteilung der Almosen überwachten.

Ich danke. – Ein doppelter Grund lässt den Apostel mit Danksagung beginnen. Einmal will er damit den Philippern seine Liebe bezeugen; weiter aber soll das Lob ihres früheren Lebens sie im Fortschritt auf gleicher Bahn erhalten. Als ein anderes Zeugnis seiner Liebe kann er seinen Eifer in der Fürbitte erwähnen. Bemerkenswert ist dabei, dass jede Erinnerung an erfreuliche Ereignisse und Tatsachen den Apostel in Dank gegen Gott ausbrechen lässt. Das muss auch uns zur Gewohnheit werden. Ebenso bemerkenswert erscheint, wofür er Gott dankt: Für die Gemeinschaft der Philipper am Evangelium Christi. Daraus folgt nämlich, dass diese ein Werk der göttlichen Gnade ist.

In allem meinen Gebet. – Soeben hatte Paulus gesagt, dass er sich immer freue, so oft er ihrer gedenke, jetzt fügt er hinzu, dass er an sie denke, so oft er bete. Er sagt auch, dass er dieses mit Freuden tue. Die Freude bezieht sich auf die Vergangenheit, die Fürbitte auf die Zukunft. Er freut sich über die glücklichen Anfänge, aber er wünscht die Vollendung. Wir müssen uns immer so über die von Gott empfangenen Wohltaten freuen, dass wir zugleich daran denken, das, was uns noch fehlt, von Ihm zu erbitten.

Über eurer Gemeinschaft. – Der Apostel redet jetzt nicht mehr von der Fürbitte, sondern verweilt weiter bei dem Gegenstande seiner Freude. Er freut sich nämlich darüber, dass sie in die Gemeinschaft des Evangeliums gelangt sind, das heißt, dass sie am Evangelium Anteil erhalten haben. Dieses ist geschehen durch den Glauben. Denn das Evangelium gehört uns so lange nicht zu eigen, bis wir es wirklich im Glauben ergriffen haben.

Wenn er nun weiter sagt: vom ersten Tage an, so lobt er damit ihre Bereitwilligkeit, dass sie sich alsbald lernbegierig zeigten, als das Evangelium ihnen verkündigt wurde.

Das Wörtchen bis her bezeichnet das Ausharren. Wir wissen ja, wie selten die Tugend ist, Gott gleich zu folgen, wenn Er ruft, und standhaft bis ans Ende fortzufahren; denn viele sind träge zum Gehorchen, und noch mehrere gehen wieder rückwärts durch Leichtsinn und Unbeständigkeit.

Und bin desselbigen in guter Zuversicht. – Zur gegenwärtigen Freude gesellt sich die Zuversicht für die Zukunft. Nun könnte aber jemand einwenden: Wie können die Menschen bei der so großen Schwäche ihrer Natur, unter den vielen Hindernissen, Schwierigkeiten und Gefahren sich von dem morgigen Tag etwas versprechen? Sicherlich gründete Paulus auch seine Zuversicht nicht auf die menschliche Standhaftigkeit und Kraft, sondern allein darauf, dass Gott Seine Liebe zu den Philippern kundgetan hatte. Überhaupt ist das die rechte Betrachtung der göttlichen Wohltaten, dass wir ihnen Stoff zukünftiger Hoffnung entnehmen. Denn da sie Zeugnisse, sowohl der Güte als auch des väterlichen Wohlwollens Gottes gegen uns sind, so wäre es ja höchst undankbar, Hoffnung und Mut nicht dadurch stärken zu lassen. Auch gleicht Gottes Wohltun nicht dem Wohltun der Menschen; Er wird nie müde zu segnen, Er gibt sich niemals aus. Deshalb sollen die Gläubigen sich stets diese Schlusskette vorhalten: Gott wird das Werk Seiner Hände nicht liegen lassen. Wir aber sind (siehe Jesaja 64.7) seiner Hände Werk. Also wird er vollführen, was er in uns angefangen hat. Wenn ich sage: „wir sind das Werk Seiner Hände“, so denke ich dabei nicht bloß an die Schöpfung, sondern auch an unsere Berufung zur Gotteskindschaft. Denn dass Gott uns kräftig durch Seinen Geist zu sich rief, ist ein Zeichen unserer Erwählung. Nun entsteht aber die Frage, ob jemand über anderer Leute Heil eine Gewissheit haben könne? Denn Paulus redet hier nicht von sich, sondern von den Philippern. Ich antworte: Über mein eigenes Heil habe ich eine ganz andere Gewissheit, wie über fremdes. Denn mir, wie jedem Erwählten, wird Gottes Geist zum Zeugen der Berufung. Bei anderen können wir nur aus äußeren Zeichen auf den Geist zurückschließen. So waltet ein erheblicher Unterschied ob; denn die Gewissheit des Glaubens bleibt im Herzen verschlossen, und erstreckt sich nicht auf andere. Indessen sollen wir gute Hoffnung für Jeden hegen, bei dem wir irgendetwas sehen, was irgend als Zeichen göttlicher Erwählung gelten kann; sonst sind wir ungerecht gegen unseren Nächsten, beurteilen ihn verkehrt und lieblos, und auch undankbar gegen Gott. Aber sowohl in Bezug auf uns selbst als auf andere gilt die allgemeine Regel, dass wir nicht das Vertrauen auf unsere Kräfte, sondern ganz allein auf Gott setzen.

Bis an den Tag Jesu Christi. – Zunächst schwebt hierbei das Ende des Kampfes vor. Und dieser Kampf endigt mit dem Tode. Weil aber der Heilige Geist diesen Ausdruck sonst in der Schrift gewöhnlich von der letzten Wiederkunft Christi gebraucht, so muss man auch an den weiteren Fortschritt der göttlichen Gnade bis zur Auferstehung des Fleisches denken. Denn obwohl diejenigen, die von ihrem sterblichen Leibe befreit sind, nicht mehr mit den Begierden des Fleisches zu kämpfen haben, sondern gleichsam außerhalb des Kampfplatzes stehen, so darf doch von ihnen gesagt werden, dass sie fortschreiten, weil sie noch nicht zu dem gelangt sind, was sie erstreben, noch das Glück und die Herrlichkeit nicht besitzen, auf die sie hoffen, und weil der Tag für sie noch nicht angebrochen ist, der die verborgenen Schätze der Hoffnung offenbaren wird. Darum müssen wir immer, wenn von der Hoffnung die Rede ist, auf die selige Auferstehung als auf das letzte Ziel sehen.