Kolosser 4.1-4
Ihr Herren, was recht und billig ist, das beweist den Knechten, und wisset, dass ihr auch einen Herren im Himmel habt. Haltet an am Gebet, und wachet in demselbigen mit Danksagung; und betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns eine Tür des Worts auftue, zu reden das Geheimnis Christi, darum ich auch gebunden bin, auf dass ich dasselbige offenbare, wie ich soll reden.
Ihr Herren, was recht und billig ist, das beweist den Knechten, und wisset, dass ihr auch einen Herren im Himmel habt. – Was gerecht ist stellt Paulus voran und denkt dabei an jene menschliche Behandlung, von welcher in Epheser 6.8 die Rede war. Weil aber die Herren den Stand der Knechte sehr von oben herab anzusehen pflegten und sich demselben gegenüber nur zu oft durch kein Gesetz gebunden erachten, so beugt der Apostel auch sie unter eine ernste Ordnung: Auch sie haben einen Herrn im Himmel. Eben deswegen muss ein gerechtes Verhalten von ihnen gefordert werden. Außerdem sollen aber die Herren den Knechten beweisen, was billig (wörtlich, was „gleich und entsprechend“) ist. In welchem Sinne dies gilt haben wir zu Epheser 6.9 dargelegt: Auch die Herren haben gegenüber den Sklaven nicht bloß Rechte, sondern auch Pflichten, wie sie zwischen allen Ständen wechselseitig gelten.
Haltet an am Gebet. – Die Rede kehrt zu allgemeinen Ermahnungen zurück, in denen wir nicht eine genaue Reihenfolge zu suchen brauchen, die Paulus nicht beabsichtigt hat; sonst hätte er mit dem Gebet anfangen müssen. Zweierlei empfiehlt er hier beim Gebet: Ausdauer und Inständigkeit. Denn wenn er sagt: „haltet an“, so ermahnt er zur Beharrlichkeit, das „Wachen“ aber stellt er der Lauheit und Schläfrigkeit entgegen. Er fügt die Danksagung hinzu, weil wir Gott in der gegenwärtigen Not so bitten müssen, dass wir dabei der schon empfangenen Wohltaten nicht vergessen. Auch dürfen wir nicht so ungestüm sein, dass wir murren und unwillig werden, wenn Gott unsere Bitten nicht sofort erhört; sondern wir sollen mit stillem Geiste annehmen, was Gott uns gegeben hat. So ist ein doppeltes Danksagen nötig. Hiervon ist auch in Philipper 4.6 die Rede.
Betet zugleich auch für uns. – Das ist im Munde des Apostels keine Redensart; vielmehr wünscht er im Bewusstsein seiner Bedürftigkeit ernstlich eine Unterstützung durch das Gebet der Gemeinden zu erhalten, und er ist gewiss, einen wirklichen Segen dadurch zu empfangen. Wer möchte nun noch wagen, die Fürbitte der Brüder zu verachten, deren zu bedürfen Paulus offen bekennt? Und sicherlich hat der Herr nicht umsonst diesen Liebesbeweis unter uns verordnet, dass wir füreinander beten. Jeder christliche Bruder soll darum nicht bloß Fürbitte üben, sondern gegebenenfalls auch begehren. Was für ein herrliches Beispiel der Demut gibt uns Paulus, dass er andere auffordert, ihm zu helfen! Zugleich sehen wir daraus, wie äußerst schwierig es ist, in der Verantwortung des Evangeliums zu beharren, besonders, wen sie mit drohender Gefahr verbunden ist. Denn nicht ohne Grund begehrt er, dass die Gemeinden ihm darin zur Seite stehen. Übersehen wir aber auch nicht seinen brennenden Eifer. Nicht um seine Rettung ist er besorgt, nicht bittet er die Gemeinden für sich um ihre Fürbitte, dass er der Todesgefahr entnommen werde; das allein begehrt er, dass er unbesieglich und unerschütterlich fest stehe in dem Bekenntnis des Evangeliums. So sehr lässt er sein Leben hinter der Verherrlichung Christi und der Ausbreitung des Evangeliums unbesorgt zurücktreten. Mit der Tür des Worts ist einfach, wie mit Epheser 6.19 zu reden, ein freudiges Auftun des Mundes gemeint. In demselben Sinne hat Christus den andersartigen Ausdruck gebraucht (Lukas 21.15): Ich will euch Mund und Weisheit geben. So lehr uns des Apostels treffender Vergleich, dass es um nichts leichter ist, das Evangelium unerschrocken zu reden, denn durch eine verschlossene und verriegelte Tür durchzubrechen. Denn das ist in Wahrheit ein Werk Gottes, wie auch Christus sagt (Matthäus 10.20): Ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet. So muss die Erinnerung an das schwierige Werk, welches der Apostel treibt, die Kolosser zu umso ernster Fürbitte aufrufen: Hören sie doch, dass er nur dann recht zu reden vermag, wenn der Herr seine Zunge lenkt. Weiter aber muss ein Hinweis auf die hohe Würde des Evangeliums, welches das Geheimnis Christi heißt, den Aufruf zur Fürbitte verstärken. Darf man doch eine so große Sache nicht lässig treiben! Endlich erinnert der Apostel auch an seine eigene Lebensgefahr.
Wie ich soll reden. – Diese Wendung hebt noch einmal nachdrücklich hervor, ein wie schweres Werk Paulus treibt. In Epheser 6.20 fügt er noch hinzu: Auf dass ich darin freudig handeln möge. Er wünscht sich also ein unerschütterliches, freudiges Vertrauen, wie es der Majestät des Evangeliums geziemt. Und da Paulus hier nichts anderes im Auge hat, als dass ihm die Gnade gegeben werde, sein Amt treulich auszurichten, so zeichnet es damit auch uns die Richtschnur vor, der Wut der Gegner nicht zu weichen, sondern bis zum Tode über der Verkündigung des Evangeliums zu kämpfen. Weil aber dies unsere Kräfte übersteigt, gilt es anzuhalten mit beten, dass der Herr uns den Geist der Freudigkeit nicht entziehe.