KOLOSSER

Kolosser Kapitel 3 Teil IV

Kolosser 3.14-17

Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit; und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in Einem Leibe; und seid dankbar. Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit; lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern, und singt dem Herrn in eurem Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn.

 

Über alles – oder um dieses allen willen. Weil alles, was Paulus bisher genannt hat, aus der Liebe fließt, ermahnt er nun mit Recht die Kolosser, die Liebe untereinander zu pflegen; denn nur dann werden sie barmherzig, sanftmütig, zum Verzeihen bereit sein, wenn sie Liebe haben. Wo die Liebe fehlt, wird alles das vergeblich gefordert. Um diese noch mehr zu empfehlen nennt er sie das Band der Vollkommenheit, das heißt, alle Tugenden sind in ihr zusammengefasst. Denn sie ist in Wahrheit die Richtschnur des ganzen Lebens und alles Tuns, und was nach ihr sich nicht richtet ist sündig, wie sehr es auch sonst gleißen möge. Dass Paulus hier nicht davon redet, wie wir vor Gott vollkommen werden, sondern davon, dass unser Leben untereinander dann recht sich gestaltet, wenn die Liebe unter uns mächtig ist, liegt auf der Hand. Vor Gott gerecht können wir nur durch Christus und allein durch den Glauben an Ihn werden; denn unsere Liebe ist niemals und nirgends eine vollkommene.

Und der Friede Gottes regiere – wörtlich: Behaupte die Siegespalme – in euren Herzen. Wie aus dem Folgenden erhellt, ist der „Friede Gottes“ ein solcher, den Gott unter uns gestiftet hat. Diesem Frieden gebührt, wie der Apostel mit einem sehr passenden Bilde sagt, in unserem Herzen die Palme. Denn wie unter den Ringkämpfern der die Palme davon trägt, der die anderen alle überwunden hat, so soll der Friede Gottes der Sieger sein über alle Begierden des Fleisches, die uns so oft zu Streit, Hader und Feindschaft hinreißen. Solchen bösen Begierden sollen wir also nicht Raum lassen. Weil es aber schwer ist, sie im Zaume zu halten, zeigt Paulus auch den Weg dazu, dass der Friede Gottes den Sieg behalte; denn es muss ein Zaum sein, der alle Begierden des Fleisches bezwingt. Darum sagt er „in eurem Herzen“. Dort fühlen wir immer gewaltige Kämpfe, in dem das Fleisch gelüstet wider den Geist (Galater 5.17). Wie der Friede beschaffen sein soll, beschreibt der Nebensatz „zu welchem ihr auch berufen seid“. Es handelt sich um die Einheit untereinander, welche Christus durch Seinen Vorgang geheiligt hat. Denn also hat Gott uns in Christus mit Sich versöhnt, dass wir untereinander einträchtig leben, und zwar in einem Leibe. Nur dann haben wir mit Gott Gemeinschaft, wenn wir untereinander verbunden sind, wie die Glieder eines Leibes. Heißt es endlich „seid dankbar“, so verstehen wir, dass nur wenn die Dankbarkeit uns erfüllt, wir auch willig sein werden, die gegenseitige Liebe untereinander zu pflegen.

Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen. – Nach des Apostels Ansicht soll uns die Lehre des Evangeliums innig vertraut sein. Daraus kann man schließen, von welchem Geiste heute diejenigen getrieben werden, welche sie dem Christenvolke verbieten und laut schreien, vor dem Lesen der Heiligen Schrift müsse man das gewöhnliche Volk behüten wie vor der schlimmsten Pest. Denn Paulus redet hier gewisslich die Männer und Frauen aller Stände an, und er will nicht, dass sie nur einen oberflächlichen Geschmack von dem Worte Christi bekommen; vielmehr soll dasselbe in ihnen „wohnen“, das heißt seine bleibende Wohnung aufschlagen, und zwar „reichlich“, damit sie täglich sich beeifern, darin zu waschen und zuzunehmen. Weil aber viele einen falschen Lerneifer haben, indem sie das Wort des Herrn zur Befriedigung ihres Ehrgeizes oder müßiger Neugier missbrauchen, oder es selbst irgendwie verfälschen, darum fügt Paulus hinzu: In aller Weisheit. Das will sagen: Wir sollen aus Gottes Wort eine Weisheit schöpfen, wie sie fürs Leben Not tut. Weiter beschreibt er diese Weisheit kurz: Lehret und vermahnet euch selbst. Lehre ist hier heilsame Unterweisung, die zur Erbauung dient. So schreibt er dem Timotheus (2. Timotheus 3.16, vergleiche Römer 12.7): Alle Schrift ist nütze zur Lehre. Das ist der rechte Gebrauch des Wortes Christi. Weil aber die bloße Lehre, die einfach zeigt, was recht ist, oft recht kalt lässt und die Tugend, die sie beschreibt und empfiehlt, nicht erwecken kann, so tritt das „Vermahnen“ hinzu, welches die Lehre bekräftigt und einen lebendigen Trieb ins Herz senkt. Dabei begnügt sich der Apostel nicht, jedem einzelnen die Belehrung aus Christi Wort zu empfehlen; seine Meinung ist, dass wir uns untereinander lehren und vermahnen.

Mit Psalmen und Lobgesängen. – Das will nicht sagen, dass die Erbauung durch Christi Wort sich auf diese Ausdrucksformen etwa beschränken soll; aber so sehr sollen alle unsere Worte zur Erbauung dienlich sein, dass auch die, welche der Freude Ausdruck geben, keinen eitlen Beigeschmack haben. Den Ungläubigen überlässt der Apostel die Ergötzung, die sie aus ihren Scherzen, Possen und Witzen schöpfen. Unsere Worte aber, nicht nur die ernsten, sondern auch die fröhlichen und heiteren, sollen immer einen Nutzen enthalten. Statt jener unkeuschen oder doch sehr wenig zuchtvollen und inhaltsreichen Lieder ziemen uns Lobgesänge und Lieder, welche Gottes Lob verkündigen. In drei Worten fasst Paulus alle Arten von Liedern zusammen, die man gewöhnlich so unterscheidet, dass „Psalmen“ solche Lieder sind, die nicht nur gesungen, sondern auch mit irgendeinem Musikinstrument begleitet werden, „Hymnen“ eigentliche Loblieder, mit oder ohne Begleitung gesunden werden, und „liebliche Lieder“ solche verschiedenen Inhalts sind. Geistlich aber sollen die Lieder der Christen sein, nicht aus Scherzen und Witzen bestehen.

Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn. – Dies und das Vorhergehende ist schon im Brief an die Epheser erklärt, wo es (5.19-21) fast wörtlich ebenso steht. Die rede hatte begonnen, über mancherlei Stücke des christlichen Lebens zu handeln und hatte dabei dies und das flüchtig angerührt. Weil es nun zu weitläufig gewesen wäre, das Übrige einzeln auszuführen, so kommt sie zu dem kurzen Schluss: Unser ganzes Leben ist so zu führen, dass alles, was wir reden oder tun, von Christus regiert wird und Seine Verherrlichung als Ziel im Auge hat. Beides nämlich werden wir in unserem Satze zusammengefasst sehen dürfen. Alles, was wir angreifen, geschieht in dem Namen des Herrn Jesu, also unter betendem Aufblick zu ihm. Daraus folgt dann das zweite: Dankt dem Gott, der auf das gebet hin mancherlei Anlass zum Danken euch gab. So dient denn all unser Tun der Verherrlichung des Herrn. Zu beachten ist auch, dass wir durch Christus dem Vater danksagen sollen, wie wir auch durch ihn alles Gute empfangen, das Gott uns darreicht.