EPHESER

Epheser Kapitel 5 Teil III

Epheser 5.8-14

Denn ihr wart weiland Finsternis; nun aber seid ihr ein Licht in dem Herrn. Wandelt wie die Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit; und prüfet, was da sei wohlgefällig dem Herrn. Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, strafet sie aber vielmehr. Denn was heimlich von ihnen geschieht, das ist auch zu sagen schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Lichte gestraft wird; denn das, was alles offenbar macht, ist das Licht. Darum heißt es: Wache auf, der du da schläfst, und stehe auf von den Toten, und Christus wird dich erleuchten.

Denn ihr wart weiland Finsternis. – Seine Vorschriften stützt der Apostel je und dann zur Erhöhung des Gewichts mit kräftigen Gründen. Hatte er soeben die Epheser gewarnt, sich nicht in die Laster und damit in den Untergang der Ungläubigen hineinziehen zu lassen, so enthüllt er ihnen jetzt den Grund, weshalb hier in Leben und Taten ein großer Abstand sein muss. Dabei fällt zugleich ein Blick auf das frühere Leben der Epheser, welcher daran erinnern soll, wie viel Dank sie Gott schuldig sind. Paulus will sagen: ihr müsst euch jetzt ganz anders halten als früher, denn Gott hat euch aus Finsternis in Licht verwandelt. Als „Finsternis“ bezeichnet er die ganze Natur des Menschen vor der Wiedergeburt: denn wo Gottes Klarheit nicht leuchtet, da ist nur schauerliche Blindheit. Licht heißen dagegen die Menschen, welche Gottes Geist erleuchtet hat. Diese Bezeichnung will besagen, dass sie vom Lichte erfüllt sind, wie sie denn auch sofort (siehe Vers 9) Kinder des Lichts genannt werden. Als solche müssen sie gleichsam im Lichte wandeln: denn Gottes Gnade hat sie aus der Finsternis gerissen. Nicht übersehen wollen wir endlich, dass der Apostel uns ein Licht in dem Herrn nennt: denn außerhalb der Gemeinschaft Christi herrscht überall Satan, der Fürst der Finsternis.

Die Frucht des Lichts. – So nämlich lautet der richtige Text, nicht etwa „des Geistes“. Diese Zwischenbemerkung will den Weg zeigen, den die Kinder des Lichts wandeln müssen. Wir empfangen damit aber keine vollständige Beschreibung des christlichen Lebens, sondern nur einzelne beispielartige Hinweise. Die ganze Summe des christlichen Lebens fasst Paulus zusammen, wenn er (siehe Vers 10) zu prüfen und zu tun empfiehlt, was dem Herrn wohlgefällig ist. Wer auf rechtem Wege wandeln und gefährliche Irrwege meiden will, muss sich eben nach Gottes Winken halten und Gottes Willen zur Richtschnur nehmen. Denn, wie Paulus in Römer 12.1 lehrt, der allein vernünftige Gottesdienst besteht darin, dass man allein nach Gottes Ordnungen lebt; nach dem Worte (1.Samuel 15.22): Gehorsam ist besser denn Opfer. Der Wandel im Licht, wie er Kindern des Lichts ziemt, kommt zustande, wenn man nicht nach eigenem Gutdünken lebt, sondern sich ganz von Gott führen lässt und nichts ohne Seinen Wink angreift. Solcher Gehorsam muss sich dann an seinen Früchten erkennen lassen, als da sind Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis. – Die Gläubigen müssen in der Finsternis, d. h. inmitten eines verderbten und verkehrten Geschlechts, ihre Straße ziehen. So ist auch für sie die Erinnerung nicht überflüssig, dass sie sich nicht in finstere Werke hineinziehen lassen dürfen. Es genügt also nicht, von sich aus zwar nichts Böses zu beginnen, wobei man sich aber irgendwie zum Gehilfen fremder Sünden macht, es sei durch stillschweigende Zustimmung, Beirat oder sonstige Winke. Durch alles dies tritt man ja in Gemeinschaft mit der Sünde. Damit aber niemand meine, er habe schon seine Pflicht getan, wenn er sich überhaupt nicht rührt, fährt der Apostel ausdrücklich fort: strafet sie aber vielmehr. Das ist das genaue Gegenteil von bloßem Stillschweigen. Wer ist dann aber ohne Schuld? Denn wie wenige Christen hüten sich auch bei offenbaren Schmähungen Gottes vor einem Schweigen, welches als Billigung gedeutet werden muss! Tut nicht vielmehr jedermann, als sähe und hörte er nichts? Und doch werden eher hundert Welten untergehen, als dass Gottes unerschütterliche Wahrheit dahinfiele. Strafen, genauer „überführen“, sollen wir die Sünden, also ans Licht ziehen, was unerkannt in der Finsternis lag. Denn gottlose Menschen breiten über ihre Sünden meist eine schmeichelnde Decke, wollen sie entweder verbergen oder als Tugenden deuten: so sollen wir strafend aufdecken, was sich verhüllen möchte. „Unfruchtbar“ heißen die Werke der Finsternis, weil sie nicht nur keinen Nutzen bringen, sondern ihrem Wesen nach zum Schaden wirken.

Denn was heimlich von ihnen geschieht. – Der Satz will zeigen, wie viel Gutes die Gläubigen ausrichten können, wenn sie gottloses Treiben aufdecken. Denn was unter der Decke verborgen liegt, sind oft die schmählichsten Laster. Ein verbreitetes Sprichwort sagt: die Nacht kennt keine Scham. Dass es in der Tat so ist, kommt doch nur daher, dass man in der Finsternis seiner Unwissenheit seine Hässlichkeit selbst nicht sieht und auch vor Gott und Seinen Engeln verborgen wähnt. Aber das Wort Gottes ist wie eine Fackel, bei welcher die Augen sich öffnen. So fängt dann der Sünder an, sich zu schämen und an und an seinem Treiben Ekel zu empfinden. In dieser Weise können die Gläubigen den blinden Ungläubigen durch ihre Zusprache Licht bringen und Leute, die in Finsternis versunken sind, aus ihren Schlupfwinkeln ins Licht ziehen. Den Augen des Apostels schwebt das Bild vor, dass die Ungläubigen gleichsam in einem verschlossenen Hause sich bergen, welches sie menschlichen Blicken entzieht: wie gemein und frech sie darin hausen, das ist auch zu sagen schändlich. Oder würden sie wirklich so schamlos alle Zügel schießen lassen, wenn ihnen die Finsternis nicht Mut machte und den Gedanken eingäbe, dass straflos bleiben wird, was im Verborgenen geschieht? Erst die überführende Strafe wird ihnen Licht und Scham, und somit den ersten Schritt zur Besserung bringen. In demselben Sinne lesen wir in 1. Korinther 14.24 f.: wenn ein Ungläubiger in eure Versammlung käme, der würde von allen „gestraft“ werden; das Verborgene seines Herzens wird offenbar werden, und er wird auf sein Angesicht fallen und Gott anbeten. Alles in allem sollen wir wissen, dass es nicht ohne Frucht bleiben wird, die Werke der Ungläubigen zu strafen.

Denn das, was alles offenbar macht, ist das Licht. – Möglich wäre auch die Übersetzung: alles, was offenbar wird, das ist Licht, d. h. klar und durchsichtig. Unsere Übersetzung entspricht jedoch dem Zusammenhange besser: Paulus hatte die Epheser ermahnt, die bösen Werke der Ungläubigen zu strafen und dadurch aus der Finsternis zu rücken. Jetzt fährt er fort, dass es eben Art und Aufgabe des Lichts ist, zu tun, was nach dieser Vorschrift geschehen soll: das Licht macht alles offenbar. Daraus ergibt sich dann aber, dass die Christen nicht mehr ein Licht heißen dürfen, wenn sie sich dieser Aufgabe entziehen.
[Tatsächlich ist Luthers Übersetzung allein möglich, diejenige Calvins durch die Stellung und Bedeutung der Worte im griechischen Texte ausgeschlossen. Calvins Hinweis darauf, dass die apostolische Sprache kein elegantes Griechisch sei und dergleichen nicht so genau nehme, schlägt nicht durch.]

Darum heißt es: Wache auf, der du da schläfst, und stehe auf von den Toten, und Christus wird dich erleuchten. – Es könnte scheinen, als wollte Paulus damit ein Wort aus dem Alten Testament anführen. Aber alle Mühe der Ausleger, ein solches zu bezeichnen, ist vergeblich. Ich glaube darum vielmehr, dass Paulus mit den zitierten Worten den Inhalt der Predigt beschreiben will, welche Christi Diener im Namen ihres Herrn erschallen lassen, und welche ja tatsächlich ein Weckruf ist, der Tote zum Leben erwecken möchte. In diese Richtung weist auch das Wort des Herrn (siehe Johannes 5.25): Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören; und die sie hören werden, die werden leben. Nebenher wird eine Anspielung etwa an Jesaja 60.1 und ähnliche Prophetenworte vorliegen: Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht über dir! Ist aber dies der Hauptinhalt der christlichen Predigt, so müssen wir, so viel an uns ist, allen Eifer aufwenden, um die Schlafenden und Toten dem Lichte Christi entgegenzuführen. Denn wenn der Satz schließt: und Christus wird dich erleuchten, so will dies nicht etwa sagen (als ob dastünde: so wird dich Christus erleuchten), dass Christi Licht uns dann erst treffen könne, wenn wir unsererseits aufwachen und damit Seiner Gnade zuvorkommen. Vielmehr will Paulus einfach darauf hinweisen, dass wir vom Tode zum Leben auferstehen werden, wenn Christus uns erleuchtet: wache auf – und dafür wird dich Christus erleuchten! So dient der Satz als Stütze für die vorausgehende Mahnung, dass wir die Ungläubigen von ihrer Blindheit befreien sollen, um sie zu retten.