EPHESER

Epheser Kapitel 3 Teil II

Epheser 3.7-13

Des ich ein Diener geworden bin, nach der Gabe aus der Gnade Gottes, die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben ist; mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unausforschlichen Reichtum Christi, und zu erleuchten jedermann, welche da sei die Gemeinschaft des Geheimnisses, das von der Welt her in Gott verborgen gewesen ist, der alle Dinge geschaffen hat durch Jesus Christus, auf dass jetzt kund würde den Fürstentümern und Herrschaften in dem Himmel an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem Vorsatz von der Welt her, welche er bewiesen hat in Christus Jesus, unserem Herrn, durch welchen wir haben Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht durch den Glauben an ihn. Darum bitte ich, dass ihr nicht müde werdet um meiner Trübsale willen, die ich für euch leide, welche euch eine Ehre sind.

 

Des ich ein Diener geworden bin. Wurde soeben das Evangelium als das Mittel bezeichnet, den Heiden die Gnade mitzuteilen, so fügt Paulus jetzt zur Sache die Person, indem er daran erinnert, dass der Dienst am Evangelium in seine Hand gelegt wurde. Damit es aber nicht den Anschein gewinnt, als schreib er sich mehr zu, als ihm zukommt, so bezeugt der Apostel zuerst, dass er sein Amt der Gabe aus der Gnade Gottes verdanke; und dann schickt er sich an, die mächtige Kraft Gottes zu rühmen, auf welcher seine Gnadengabe ruht. Er will damit sagen: Seht nicht auf meinen Verdienst, da Gott in Seiner freien Güte mir dieses Amt übertragen hat, ein Apostel der Heiden zu sein, nicht wegen meiner Würdigkeit, sondern aus freier Gnade. Seht auch nicht auf das, was ich früher gewesen bin, denn Gottes Sache ist es, Menschen, die nichts sind, zu erheben; und gerade darin zeigt sich Seine Macht, dass Er aus Nichts große Dinge hervorbringt.

Mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unausforschlichen Reichtum Christi. Paulus setzt sich selbst und alles, was er hat, so tief herunter, als er nur kann, um Gottes Gnade dadurch desto höher zu erheben, und um durch dieses Bekenntnis zugleich den Vorwürfen seiner Gegner zuvor zu kommen, die ihm vielleicht zurufen konnten: Wer bist du, dass Gott dich allen anderen vorziehen sollte? Welche Gaben hattest du aufzuweisen, um dich vor anderen als den geliebten Gottes betrachten zu dürfen? Bekennt sich Paulus selbst als den allergeringsten, so schneidet er von vorn herein jeden Gedanken an eigene Würdigkeit und Tugend ab. Das ist keine Heuchelei bei ihm, wenn er sich so tief erniedrigt, wie viele eine falsche Demut zur Schau tragen: Das Herz bleibt stolz, während der Mund von Selbsterniedrigung übergeht; und bei alledem hält man sich höchster Anerkennung für wert und erhebt Anspruch darauf. Paulus dagegen erkennt von Herzen seine Niedrigkeit an. Ja, an anderen Stellen spricht er noch viel wegwerfender von sich (1. Korinther 15.9): Der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße. Und 1. Timotheus 1.8, wo er sich als den Vornehmsten unter den Sündern bezeichnet. Aber es ist wohl zu beachten, dass er dann, wenn er sich so tief demütigt, nur das in Betracht zieht, was er von sich selbst ist, abgesehen von Gottes Gnade. So gibt er zu verstehen, dass sein geringer Wert kein Hindernis gewesen sei, dass er mit Übergehung anderer zum Apostel der Heiden bestimmt worden ist. Denn wenn Paulus mit Betonung sagt mir ist gegeben diese Gnade, so redet er ja offensichtlich von einer ihm eigentümlichen Gabe. Nicht, als wäre er der einzige Heidenapostel, aber immerhin durfte er diesen Titel in ganz hervorragendem Maße beanspruchen (vergleiche 1. Timotheus 2.7).

Unter dem unausforschlichen Reichtum Christi versteht er die unermesslichen und unglaublichen Schätze der Gnade, due Gott plötzlich und unverhofft den Heiden gegeben hatte. Darin liegt eine Mahnung für die Epheser, das Evangelium freudig aufzunehmen und in hohen Ehren zu halten. Teilte Paulus mit den übrigen Aposteln den allgemeinen Beruf zur Predigt, so bestand seine besondere Ehre darin, dass er zum Apostel der Heiden bestimmt war.

Und zu erleuchten jedermann, welche da sei die Gemeinschaft des Geheimnisses, das von der Welt her in Gott verborgen gewesen ist, der alle Dinge geschaffen hat durch Jesus Christus. Er soll die Welt darüber erleuchten, wie ja in seinem Apostelamt Gottes Gnade tatsächlich ein helles Licht hat aufgehen lassen, welches da sei die Gemeinschaft, das heißt die Mitteilung des Geheimnisses, welches Gott bisher den Menschen verborgen hielt, um es ihnen jetzt gemein zu machen.

Das von der Welt her in Gott verborgen gewesen ist. Damit begegnet die Rede noch einmal dem Anstoß, welchen man an der Neuheit der Sache nehmen konnte. Ausdrücklich heißt es aber, dass das Geheimnis in Gott verborgen war, so muss es menschlicher Vorwitz sich schon gefallen lassen, einmal etwas nicht zu wissen. Als wenn es nicht in Gottes Belieben stünde, Seine Ratschlüsse solange bei sich verborgen zu halten, bis es Ihm gefällt, sie den Menschen zu offenbaren! Welch unverständige Anmaßung ist es, Gott nicht gestatten zu wollen, dass Er mehr weiß, als wir! Soeben hörten wir ja auch von dem „unausforschlichen“ Reichtum Christi: Da ist also ein Gegenstand, den man mehr anbetend bewundern muss, als dass man ihn mit dem Verstande begreifen könnte.

Der alle Dinge geschaffen hat durch Jesus Christus. Dieses bezieht sich mehr auf die geistliche Wiederherstellung als auf die erste Schöpfung. Denn wenn es auch Wahrheit ist, dass alles durch das Wort geschaffen worden ist, wie verschiedene Schriftstellen lehren, so fordert hier doch der Zusammenhang, die Erneuerung zu denken, welche eine Folge der Erlösung ist. Es sei denn, dass man es so anfasst, dass hier in folgender Weise ein Schluss von der Schöpfung auf die Erneuerung gemacht würde: Durch Christus hat Gott der Vater alles erschaffen; deshalb ist es nicht zu verwundern, wenn Er Ihn jetzt auch als den Mittler braucht, die ganze Heidenwelt zu erneuern. Einer ähnlichen Beweisführung begegnen wir in 2. Korinther 4.6: Der Gott, der aus der Finsternis das Licht hervorgehen ließ, ist derselbe, der eure Herzen erleuchtet. Dort schließt der Apostel nämlich aus der Schöpfung der Welt, dass es überhaupt Gottes Art ist, die Finsternis zu erhellen. Was einst sichtbar geschah, lässt sich jetzt auf den Geist und Christi Reich übertragen.

Auf dass jetzt kund würde den Fürstentümern und Herrschaften in dem Himmel an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes. So hoch wie möglich soll Gottes Erbarmen gegen die Heiden und somit die Herrlichkeit des Evangeliums erhoben werden. Darum tut der Apostel die Aussage, dass die Predigt des Evangeliums eine vielgestaltige Gottesgnade kund macht, von welcher nicht einmal die Engel des Himmels zu allen Zeiten wussten. Daraus folgt aber, dass die Menschen Gottes Weisheit, welche Heiden und Juden zu einer Genossenschaft des Heils zusammenfasste, gar nicht genug bewundern können. Gottes mannigfaltige Weisheit rühmt der Apostel ja gerade deshalb, weil die Menschen diese Weisheit, die sie weder im Großen noch im Einzelnen durchschauen, nur zu gern in ihre einfältige Schablone fassen wollen. So konnten sich zum Beispiel die Juden Gottes Weisheit in gar keiner anderen Form wirkend vorstellen, als es ihnen unter dem Gesetz bekannt und geläufig war. Nun offenbarte aber Gott Seine Weisheit in neuer Weise, indem Er das Evangelium allen ohne Ausnahme verkündigen lies. Das war keine neue Weisheit, aber den Juden erschien sie als solche, weil eben Gottes Weisheit so weit und so mannigfaltig ist, dass wir sie mit unserem beschränkten Verstande nicht ganz begreifen können. Wir wollen darum nie vergessen, dass auch unsere tiefste Erkenntnis nicht mehr als ein winziges Stücklein umfasst. Wenn nun die Engel im Himmel Gottes Weisheit in der Berufung der Heiden erkennen und demütig verehren, welch eine Schande ist es, wenn wir Menschen auf Erden dieselbe verwerfen und verachten! Paulus will sagen, dass die aus Juden und Heiden gesammelte Gemeinde wie ein offener Spiegel daliegt, in welchem die Engel die wunderbare Weisheit Gottes schauen, die ihnen früher unbekannt war. Sie sehen hier ein Werk, dass für sie neu ist, und dessen Grund in Gott verborgen war. Dadurch erweitern sie ihre Erkenntnis, nicht etwa, wie manche Ausleger meinen, durch persönliche Teilnahme an der Predigt in der Gemeinde.

Nach dem Vorsatz von der Welt her. Wie sehen hier, wie sehr der Apostel jeden Gedanken an eine Veränderlichkeit des göttlichen Ratschlusses abzuwehren bemüht ist. Zum dritten Male wiederholt er, dass Gottes Ratschluss von Ewigkeit her feststeht. Aber erst durch Christus konnte er ausgeführt werden, weil er auf Ihn gegründet war. Und erst mit dem Anbruch des Reiches Christi ist der Zeitpunkt gekommen, dass öffentlich davon gepredigt werden kann.

Durch welchen wir haben Freudigkeit und Zugang. Im Zusammenhange der Erörterung, welche Christus als Versöhner für die ganze Welt verehren lehrt, sollen wir das Wirken Seiner Gnade an ihren Früchten erkennen; wie alle Völker an einen gemeinsamen Gott glauben dürfen, so steht ihnen auch der Zugang zum Angesichte dieses Gottes offen. So oft aber Paulus Christus und den Glauben an Ihn als Zugang zu Gott bezeichnet, müssen wir stillschweigend hinzudenken, dass alle anderen Zugänge und Weisen des Verkehrs mit Gott verschlossen sind. Jedenfalls bringt unsere Stelle eine treffliche Belehrung über die Natur und Kraft des Glaubens an sich, sowie darüber, dass zur wahren Anrufung Gottes ein fröhliches Vertrauen gehört. Durch den Glauben müssen wir anschauen, was uns in Christus geboten ist. Daraus folgt, dass ein bloß unbestimmtes Wissen von Gott noch kein Glaube ist, sondern dass allein der Glaube recht ist, der auf Christus sich richtet, um in Ihm Gott zu suchen. Das kann aber nur dann geschehen, wenn man nach Christi Kraft und Werk fragt. Aus solchem Glauben, der also das erste Stück der Reihe ist, erwächst Freudigkeit und Zugang zu Gott. So ergeben sich drei Stufen. Zuerst trauen wir auf Gottes Verheißungen. Darauf fassen wir eine ruhige Freudigkeit, die uns allezeit getrost sein lässt. Damit öffnet sich endlich der Zugang zu dem Gott, dem wir uns ohne alle Furcht und unerschütterlich anvertrauen. Wer den Glauben von diesem fröhlichen Vertrauen losreißen möchte, tut nicht klüger, als wer der Sonne ihr Licht und ihre Wärme nehmen will. Dabei will ich gern zugeben, dass diese Zuversicht bei einigen in größerem Maße, bei anderen in geringerem Maße vorhanden ist, entsprechend der Stärke des Glaubens. Aber es gibt keinen Glauben ohne seine Wirkungen und Früchte. Daher ist der sicherste Beweis für den Unglauben ein erschrockenes und unruhiges Gewissen, und der sicherste Beweis für den Glauben ein ruhiges und beständiges Gewissen, das siegreich den Pforten der Hölle trotzt. Hier ist die heilige, kühne Hoffnung, die im Vertrauen auf unseren Mittler Christus sicher in Gottes Liebe ruht. Mit voller Gewissheit wagen wir uns das ewige Leben zuzusprechen und fürchten nicht Tod noch Hölle. Wohl zu beachten ist auch der Ausdruck Zugang in aller Zuversicht. Denn dadurch unterscheiden sich die Kinder Gottes von den Ungläubigen, dass sie Frieden mit Gott haben und fröhlich und gerne zu Ihm sich nahen, während jene ihre Ruhe darin suchen, dass sie Gott vergessen, und sich nur dann wohl fühlen, wenn sie möglichst weit von Gott entfernt sind. Wir lernen auch aus dieser Stelle, dass es zur Anrufung Gottes der Zuversicht bedarf; ja dass sie der Schlüssel ist, der uns die Himmelstür aufschließt. Denn wer zweifelnd hin und her schwankt findet keinen Zugang noch Erhörung (Jakobus 1.6).

Darum bitte ich, dass ihr nicht müde werdet um meiner Trübsale willen, die ich für euch leide, welche euch eine Ehre sind. Jetzt wird klar, weshalb der Apostel vorher von seinen Banden sprach: Die Gemeinde sollte nicht den Mut verlieren, wenn sie von seiner Verfolgung hörte. Welch ein Heldenmut, aus dem Kerker im Angesicht des Todes andere, die außer Gefahr sind, zu trösten! So duldet Paulus seine Trübsale für die Epheser, weil sie zur Erbauung aller Frommen dienen. Welch eine Glaubensstärkung musste das für die Gemeinde werden, wenn sie sah, wie ihr Hirte kein Bedenken trug, sein Leben für die Wahrheit seiner Lehre einzusetzen! Deshalb setzt er auch hinzu: Welche euch eine Ehre sind. Denn seine Predigt wurde durch die Bewährung in Trübsal so ausgezeichnet, dass alle Gemeinden in denen er gelehrt hatte, es sich mit Recht als eine Ehre anrechnen mussten, einen Glauben zu besitzen, der durch das beste Siegel beglaubigt war.