EPHESER

Epheser Kapitel 2 Teil VI

Epheser 2.17-22

Und er ist gekommen, hat verkündigt im Evangelium den Frieden euch, die ihr ferne wart, und denen, die nahe waren; denn durch ihn haben wir den Zugang alle beide in Einem Geiste zum Vater. So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist; auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchem auch ihr mit erbauet erdet zu einer Behausung Gottes im Geist.

 

Alles, was wir bisher von der durch Christus geschaffenen Versöhnung hörten, würde uns nichts nützen, wenn es uns nicht durchs Evangelium verkündigt würde. Deshalb fügt Paulus hinzu, dass die Frucht des erworbenen Friedens jetzt sowohl den Juden wie den Heiden angeboten wird. Daraus folgt, dass Christus nicht nur den Juden, sondern auch den Heiden zum Heil erschienen ist. Die Verkündigung des Evangeliums, die beiden zugleich gilt, ist hierfür ein sicherer Beweis. Dieselbe Gedankenfolge begegnet uns übrigens in 2. Korinther 5.19: Gott war ins Christo, und er versöhnte die Welt mit ihm selber – und darauf folgt: und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung; so sind wir nun Botschafter an Christi statt. Zuerst wird uns gesagt, dass Christi Tod die Ursache unseres Heils ist, dann wird uns das Mittel genannt, wodurch Christus sich uns selbst mitteilt und die Wohltat Seines Todes uns zueignet. Doch ist es an unserer Stelle vor allem die Absicht des Apostels, die Heiden mit den Juden im Reiche Gottes zu vereinigen. Wenn er früher gezeigt hat, dass beide in gleicher Weise Anteil an Christus haben, so zeigt er jetzt, dass beide auch in Bezug auf das Evangelium gleich stehen: Mögen die Juden immerhin das Gesetz besitzen, so brauchen sie doch auch das Evangelium, also eine Gabe, welche Gott ganz ebenso den Heiden geschenkt hat. Was aber Gott durch gleiche Mitteilung Seiner Gnade miteinander verbunden hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Die Wörter ferne und nahe dienen hier übrigens nicht zur Bezeichnung des Ortes, sondern der Stellung zu Gott. Die Juden waren Gott nahe, weil Er mit ihnen einen Bund gemacht hatte; die Heiden standen ihm fern, weil sie ohne Verheißung des Heils vom Reiche Gottes ausgeschlossen waren.

Hat verkündigt im Evangelium den Frieden. Das hat Christus nicht mündlich getan, sondern durch Seine Apostel. Denn Er musste zuerst von den Toten auferstehen, bevor Er die Heiden zur Gemeinschaft Seiner Gnade berufen konnte. Darauf bezieht sich auch das Wort in Matthäus 15.24: Ich bin nicht gesandt, denn nur zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel. Ja, während Seines irdischen Lebens hat Christus sogar Seinen Jüngern verboten, bei ihrer ersten Aussendung den Weg zu den Heiden zu nehmen (siehe Matthäus 10.5). So ergibt sich ja ganz klar, dass der Herr erst durch den Posaunenruf Seiner Apostel den Heiden das Evangelium aufgetan hat. Und Christus selbst kann zugeschrieben werden, was diese Apostel nicht bloß in Seinem Namen und Auftrag, sondern geradezu in Stellvertretung Seiner Person getan haben. Heißt es doch, dass Christus selbst durch die Apostel redet (2. Korinther 5.20). Und in der Tat würde unser Glaube an das Evangelium auf sehr schwachen Stützen ruhen, wenn wir dabei nur mit Menschenwort rechnen dürften. Vielmehr ruht die ganze Autorität des Evangeliums darauf, dass wir Menschen als Werkzeuge Gottes einschätzen dürfen, sodass wir durch ihren Mund Christus reden hören. Beachtenswert erscheint auch, dass das Evangelium eine Botschaft des Friedens heißt, durch welche Gott uns bezeugt, dass Er uns gnädig ist, und durch die Er uns Seine väterliche Liebe mitteilt. Denkt man das Evangelium hinweg, so bleibt nur Krieg und Feindschaft zwischen Gott und den Menschen. So schafft das Evangelium auch Frieden in unserem Gewissen, welches sonst in jämmerlicher Unruhe sich quälen müsste.

Denn durch ihn haben wir den Zugang alle beide. Dass wir einen Zugang zu Gott haben, ist der entscheidende Beweis dafür, dass wir mit Ihm in Frieden stehen. Auch gottlose Menschen betrügen sich zwar in ihrem Todesschlafe oft genug mit einem eingebildeten Frieden; aber sie haben nur so lange Ruhe, als sie sich so fern als möglich von Gott halten können. So erscheint es wohl angebracht, dass Paulus uns diese genauere Beschreibung des Friedens gibt, welchen wir durch das Evangelium genießen: Derselbe besteht nicht in Gewissensstumpfheit, falschem Selbstvertrauen, stolzer Selbstüberhebung und Mangel an Einsicht in die eigene Jämmerlichkeit, sondern in einer klaren und heiteren Ruhe, welche Gottes Angesicht nicht flieht, sondern sich zu dem allerliebenswürdigsten Herrn innerlich gezogen fühlt. Die Tür aber schließt uns Christus auf, ja Er ist selbst die Tür. Diese Tür hat gleichsam zwei Flügel, um Juden und Heiden gleicherweise einzulassen. Denn für beide hat Gottes Liebe sich erschlossen. Der Apostel fügt hinzu, dass wir den Zugang in Einem Geiste haben. Denn unter der Führung des Geistes kommen wir zu Christus, durch Ihn rufen wir: Abba, Vater (Römer 8.15)! Und darauf allein gründet sich doch die Freudigkeit, Gott zu nahen. Gab es bei den Juden verschiedene Mittel, Zugang zu Gott zu finden, so haben wir jetzt nur eines: Dass wir uns von Christi Geist leiten lassen.

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen. Der Apostel erinnert leise an das, was er früher in Vers 12 schon gesagt hat, dass die Epheser dem Bund Gottes vordem fremd waren. Denn er wendet sich jetzt nur an sie und ruft ihnen zu: Euer Verhältnis ist jetzt ein anderes geworden. Die Ehre, womit Gott sie gewürdigt hat, preist er dann mit verschiedenen Worten. Zuerst nennt er sie Bürger mit den Heiligen, dann Gottes Hausgenossen, endlich Steine, die in den Bau des Tempels Gottes eingefügt sind. Der erste Name ist von dem Bilde genommen, das uns oft in der Schrift begegnet, wo die Gemeinde mit einem Staate verglichen wird. Eine große Ehre! Die früher unheilig und jeder Gemeinschaft mit den Frommen unwürdig waren, haben jetzt dasselbe Bürgerrecht mit Abraham, mit allen Erzvätern, Propheten, Königen, ja selbst mit den Engeln. Aber die andere Ehre ist nicht geringer, dass Gott sie in Seine Familie aufgenommen hat: Denn die Gemeinde ist Gottes Haus.

Erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. Dieses ist der dritte Ehrenname, aus welchem sich zugleich abnehmen lässt, auf welche Weise die Epheser zu Gottes Hausgenossen und zu Bürgern mit den Heiligen geworden sind, und alle anderen es auch werden, nämlich dadurch, dass sie auf die Lehre der Apostel und Propheten gegründet werden. Damit empfangen wir also einen Prüfstein, um den Unterschied zwischen der wahren und der falschen Kirche zu bestimmen. Ohne Zweifel versteht ja der Apostel unter dem Grunde die Lehre Denn er nennt hier weder Patriarchen noch fromme Könige, sondern allein diejenigen, welche aus Gottes Auftrag das Lehramt verwalten und damit die Gemeinde aufbauen sollten. Daraus ergibt sich denn, dass der Glaube der Gemeinde sich auf diese Lehre gründen muss. Im eigentlichen Sinne heißt dabei Christus das Fundament; denn Er allein trägt die ganze Kirche und ist der alleinige Maßstab des Glaubens. Weil nun auf diesem Grunde die Gemeinde durch die Predigt aufgerbaut wird, so heißen die Apostel und Propheten ihre Baumeister. Bei ihnen, d.h. also in der Heiligen Schrift, muss man Gottes Wort suchen. Und wenn wir unter die wahren Gläubigen zählen wollen, müssen wir in  die Heilige Schrift immer tiefer eindringen und auf die alle unsere Gedanken richten.

Wenn übrigens Christus hier der Eckstein genannt wird, so soll damit nicht gesagt sein, dass der Grund der Gemeinde aus mehreren Steinen besteht, so dass die Gemeinde nicht auf Christus allein, sondern etwa auch noch auf Petrus gegründet wäre. Es steht fest, was Paulus in 1. Korinther 3.11 schreibt, dass kein anderer Grund gelegt werden kann. Eckstein heißt Christus aber an unserer Stelle unter dem Gesichtspunkte, dass in Ihm gewissermaßen die beiden Mauern des Judentums und Heidentums zusammenstoßen und sich somit zur Einheit des geistlichen Tempels fügen. Dass der Apostel nicht gewillt ist, durch den Gebrauch dieses Bildes den Herrn Christus nur zu einem Stück des Fundamentes herabzusetzen, zeigt die Fortsetzung  auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Daraus ergibt sich doch, dass zu Gottes Tempel nur gehört, wer in Christus sich zusammenfügen lässt. Von Petrus ist dabei keine Rede. Die Einfügung in Christus wirkt es dann auch wesentlich, dass die Gläubigen sich gegenseitig halten und in ihrer Gemeinschaft sich ineinanderpassen. Ohne dies wären sie ja keine Gebäude, sondern ein ungeordneter Haufe. Das Hauptstück der Wohlordnung, aus welchem allein Fortschritt und Wachstum sich ergibt, ist die Einheit des Glaubens. Wo es an dieser Einigkeit des Glaubens und der Liebe und somit am Fortschritt in Christus fehlt, da mag ein profanes Gebäude sein, aber mit Gottes Tempel hat dasselbe nichts zu schaffen. Allein in Christus wächst das Gebäude zu einem Tempel. Wird sonst wohl jeder einzelne Gläubige ein Tempel des Herrn genannt (z.B. 1. Korinther 6.19; 2. Korinther 6.16), so gilt hier diese Bezeichnung der ganzen Gemeinde. Beides ist gleicherweise wahr und treffend. Denn Gott wohnt im einzelnen Gläubigen nicht anders, als dass Er ihn auch zur heiligen Gemeinschaft führen und damit aus vielen eine Einheit schaffen will. Unter dem einen Gesichtspunkte ist jeder Gläubige ein Tempel, unter dem anderen nur ein Tempelstein. In jedem Falle aber dient dies Verhältnis dazu, uns die Einigkeit der Gemeinde dringend ans Herz zu legen.

Auf welchem auch ihr mit erbaut werdet. Vielleicht wäre es sogar richtiger, die Befehlsform anzunehmen: Auf diesem erbaut auch ihr euch! Denn ohne Zweifel sollen die Epheser einen Anstoß empfangen, in dem Christus, auf welchen sie einmal gegründet wurden, mehr und mehr zu wachsen, um so einen Teil des neuen Tempels zu bilden, der damals durch das Evangelium in der ganzen Welt erbaut wurde. Derselbe heißt eine Behausung Gottes im Geist, einmal weil der Apostel darauf hinweisen will, dass zu seinem Aufbau alle menschliche Tüchtigkeit ohne das Wirken des göttlichen Geistes nichts vermag, weiter aber, weil im Unterschiede von den jüdischen Äußerlichkeiten seine geistliche Art in Erinnerung gebracht werden soll.