1. Petrus Kapitel 2 Teil III

1. Petrus 2.9-10

Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die ihr weiland nicht ein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid, und weiland nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid.

 

Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht. – Noch einmal scheidet der Apostel seine Leser von den Ungläubigen, damit sie sich nicht, wie es meist zu geschehen pflegt, durch deren Beispiel verführen lassen und vom rechten Glauben abfallen. Es wäre widersinnig, wollten die Leute, die Gott von der Welt ausgesondert hat, sich in die Gemeinschaft der Gottlosen verstricken lassen. Darum erinnert Petrus die Gläubigen, zu welch hoher Ehre sie erhoben und für welches Ziel sie berufen wurden. Mit den gleichen Ehrentiteln, die er ihnen zuspricht, hatte Mose das Volk des alten Bundes geschmückt. Der Apostel will damit lehren, dass sie die hohe Würdestellung, aus der sie herausgefallen waren, erst durch Christi Wohltat wiedererlangen. Der Satz besagt also etwa: Mose hat einst eure Väter ein heiliges Volk, ein priesterliches Königreich und Gottes Eigentum genannt; jetzt werden euch diese Titel mit viel größerem Recht zuteil, weil ja die völlige Darbietung der göttlichen Güter erst in Christus erfolgte; so müsst ihr darauf achten, dass nicht etwa euer Unglaube euch jener Ehrentitel beraube. Da aber der größte Teil des jüdischen Volkes ungläubig war, stellt der Apostel die gläubigen Juden stillschweigend allen anderen gegenüber, obgleich diese doch an Zahl überwogen. Er gibt damit zu verstehen, dass allein, die an Christus glauben, die echten Kinder Abrahams sind und im Besitz aller der Güter bleiben, welche Gott einst durch eine einzigartige Bevorzugung jenem ganzen Geschlecht verliehen hatte. Als ein „auserwähltes Geschlecht“ werden sie bezeichnet, weil Gott sie unter Übergehung der andern als einen besonders köstlichen Besitz zu seinen Kindern angenommen hatte. Weiter sind sie das heilige Volk, welches Gott für sich geweiht und zu einem reinen und heiligen Leben bestimmt hat. Sie heißen das Volk des Eigentums, welches gleichsam Gottes Besitz und Erbe ist. Denn ich verstehe den Ausdruck einfach dahin, dass der Herr uns berufen hat, um uns in Wahrheit als Seine Leute zu besitzen, die er sich zugesprochen hat. Dieses Verständnis findet seine Bestätigung durch Moses Worte (2. Mose 19,5): „Werdet ihr meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern.“ Wenn der Apostel die Gläubigen als das königliche Priestertum bezeichnet, so stellt er in seiner Weise Moses Worte um, der von einem priesterlichen Königreich sprach. Petrus will sagen: Mose nannte eure Väter ein heiliges Königreich, weil das ganze Volk gleichsam mit königlicher Freiheit begabt war und aus seinem Gesamtkörper die Priester gewählt wurden. Des Weiteren erschien die beiderseitige Würde miteinander vermischt. Jetzt seid ihr königliche Priester, und zwar in herrlich gesteigerter Weise; denn jeder einzelne von euch ist in Christus geweiht, so dass er ein Genosse des Königreichs und ein Teilhaber am Priestertum ist. So besteht eine Ähnlichkeit zwischen den Vätern und euch, und doch seid ihr viel höher erhoben. Nachdem übrigens von Christus der Zaun niedergerissen wurde, schmückt der Herr uns alle, aus welchem Volk wir auch stammen mögen, mit allen diesen Titeln, indem er uns seinem Volk zuzählt. Weiter muss man bei allen diesen Gnadengaben auf den Unterschied zwischen uns und dem übrigen Menschengeschlecht achten. Dadurch rückt die unvergleichliche Güte Gottes gegen uns in ein noch helleres Licht: Der Herr macht uns heilig, obwohl wir von Natur befleckt sind. Er erwählt uns, obwohl Er in uns nur Hässliches und Verwerfliches findet. Aus einem schmutzigen Nichts macht Er uns zu Seinem Eigentumsvolk. Profanen Menschen schenkt Er die Ehre des Priestertums. Knechte des Satans, der Sünde und des Todes führt Er zu königlicher Freiheit empor.

Dass ihr verkündigen sollt die Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. – Mit Ernst prägt der Apostel den Zweck der Berufung ein und spornt seine Leser an, dem Herrn die Ehre zu geben. Der Hauptgedanke ist der: Gott hat uns unzähliger Wohltaten gewürdigt und geleitet uns damit fortwährend, damit durch uns Sein Ruhm verherrlicht werde. Denn unter Gottes Tugenden ist Seine Weisheit und Güte, Macht und Gerechtigkeit zu verstehen, sowie all solches Tun, worin Seine Herrlichkeit widerstrahlt. Übrigens soll von diesen Tugenden nicht bloß unsere Zunge sprechen, sondern unser ganzes Leben. Diese Wahrheit sollen wir täglich bedenken, jeden Augenblick sollen wir sie uns ins Gedächtnis zurückrufen: Alle Wohltaten, die Gott uns angedeihen lässt, zielen darauf, dass durch uns Sein Ruhm verkündigt werde. Bemerkenswert ist auch, was der Apostel hinzufügt, dass Gott uns berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Diese Worte erheben die Größe Seiner Gnade noch höher. Es wäre eine verhältnismäßig geringe Wohltat, käme der Herr uns auf einem Wege entgegen, da wir das Licht suchten. Viel erhabener ist es, dass Er uns aus dem Labyrinth der Blindheit und dem Abgrund der Finsternis herausreißt. Wir ersehen daraus, in welcher Lage wir uns befinden, bevor Gott uns in Sein Reich hinüberführt. Darauf deutet auch das Wort des Jesaja (60.2): „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker. Aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit wird über dir erscheinen.“ Sicherlich können wir nur in tiefste Finsternis versinken, wenn wir uns von Gott entfernen, der unser Licht ist. Ausführlicheres darüber steht im zweiten Kapitel des Epheserbriefs.

Die ihr weiland nicht ein Volk wart. – Der Apostel bringt zur Bestätigung ein Wort aus Hosea (2.25) bei und passt dasselbe trefflich seiner Ansicht an. Der Prophet hat in Gottes Namen den Juden die Verstoßung angekündigt und macht ihnen nun Hoffnung auf künftige Wiederversöhnung. Petrus weist nun darauf hin, dass dies zu seiner Zeit erfüllt ward. Denn die Juden waren hierhin und dorthin verstreut, wie die Glieder eines zerrissenen Körpers, ja sie schienen von Gottes Volk abgeschnitten; es fand sich bei ihnen keine Gottesverehrung mehr, und sie waren in heidnische Verderbnis verwickelt. Man konnte also nichts anderes sagen, als dass der Herr sie verstoßen hatte. Wenn Er sie aber in Christus wieder sammelt, werden sie in Wahrheit aus einem Nicht-Volk zum Volk Gottes. Paulus deutet (Röm. 9.26) diese Weissagung auch auf die Heiden, und nicht mit Unrecht. Denn nachdem der Bund mit Gott gebrochen war, welcher den einzigen Vorzug der Juden bildet, sind sie den Heiden gleich geworden. So bezieht sich die Zusage Gottes, aus einem Nicht-Volk sich Sein Volk zu bilden, gleicherweise auf beide Teile.

Und weiland nicht in Gnaden wart. – Mit diesem Zusatz will der Prophet deutlicher ausdrücken, dass der Bund, durch welchen Gott uns zu Seinem Volk annahm, aus freier Gnade floss. Kein anderer Grund bestimmte Ihn, uns als Sein Eigentum anzusehen, als weil Er sich unser erbarmt und uns unverdientermaßen zu Seinen Kindern annimmt.