BÜCHERECKE

Der Herr der Ringe

von J. R. R. Tolkien

 

Verlag: Hobbit Presse Klett-Cotta

 

Leseprobe

Die Hobbits setzten sich an den dunklen Straßenrand. Es dauerte nicht lange, da kamen die Elfen den Weg entlang ins Tal. Sie gingen langsam an ihnen vorbei, und die Hobbits sahen das Sternenlicht auf ihrem Haar und in ihren Augen glänzen. Sie trugen kein Licht, und doch war es, während sie gingen, als ob ein Schimmer wie der Schein des Mondes, ehe er sich über den Kamm der Berge erhebt, auf ihre Füße fiele. Sie waren jetzt still, und als der letzte Elb vorbeiging, wandte er sich um, schaute auf die Hobbits und lachte.

„Heil, Frodo!“ sagte er, „Du bist spät unterwegs. Oder hast du dich vielleicht verirrt?“ Dann rief er laut zu den anderen hinüber, und die ganze Gruppe hielt an und versammelte sich um sie.

„Das ist ja wirklich verwunderlich“, sagten sie. „Drei Hobbits bei Nacht im Walde! So was haben wir nicht mehr gesehen, seit Bilbo wegging. Was bedeutet das?“

„Es bedeutet ihr Schönen“, sagte Frodo, „dass wir anscheinend denselben Weg gehen wie ihr. Ich wandere gern unter den Sternen. Aber ich würde mich über eure Gesellschaft freuen.“

„Wir brauchen keine Gesellschaft, und Hobbits sind so langweilig“, lachten sie. „Und woher weißt du, dass wir denselben Weg gehen wie ihr, da du doch nicht weißt, wohin wir gehen?“

„Und woher wisst ihr meinen Namen?“ fragte Frodo wiederum.

„Wir wissen viele Dinge“, sagten sie. „Wir haben dich früher oft mit Bilbo gesehen, obwohl du vielleicht uns nicht gesehen hast.“

„Wer seid ihr, und wer ist euer Herr?“ fragte Frodo.

„Ich bin Gildor“, antwortete ihr Anführer, der Elb, der ihn zuerst begrüßt hatte. „Gildor Inglorion aus Finrods Geschlecht. Wir sind Verbannte, und die meisten unseres Stammes sind schon vor langer Zeit fortgegangen, und auch wir halten uns hier nur noch eine Weile auf, ehe wir über das Große Meer zurückkehren. Doch einige unserer Verwandten leben noch im Frieden in Bruchtal. Komm nun, Frodo, sage uns, wie es mit dir steht? Denn wir sehen, dass ein Schatten der Furcht auf die liegt.“

„O ihr Weisen“, mischte sich Pippin ungeduldig ein. „Sagt uns etwas über diese Schwarzen Reiter!“

„Die Schwarzen Reiter?“ wiederholten sie leise. „Warum fragst du nach den Schwarzen Reitern?“

„Weil uns zwei Schwarze Reiter heute überholt haben, oder einer zweimal“, sagte Pippin. „Gerade eben erst, als ihr herkamt, ist er verschwunden.“

Die Elben antworteten nicht sofort, sondern redeten leise miteinander in ihrer Sprache. Schließlich wandte sich Gildor an die Hobbits.“"Wir wollen hier nicht davon sprechen“, sagte er. „Wir glauben, ihr solltet am besten mit uns kommen. Es ist nicht unsere Gewohnheit, aber diesmal wollen wir euch auf unserem Weg mitnehmen, und ihr sollt heute bei uns übernachten, wenn ihr wollt.“

 

(Ausschnitt aus: J. R. R. Tolkien – Der Herr der Ringe; Hobbit Presse Klett-Cotta)

 

Inhalt

„Der Herr der Ringe“ bildet gewissermaßen die Fortsetzung von „Der kleine Hobbit“: Der frühere Hauptprotagonist Bilbo Beutlin übergibt zu Anfang der dreibändigen Reihe den Zauberring an seinen Neffen Frodo Beutlin – und damit beginnt noch im heimischen Auenland sich eine zuerst langsam entwickelnde, sich doch dann rasant und vielseitig steigernde Story, die sich in der Folge über weite (z.T. verlassene) Landstriche und Regionen der Welt zieht und deren Fäden sich aus dem jetzigen Geschehen in Mittelerde (dem wiederauftauchen Saurons und damit einhergehend Krieg und Verrat) mit vielen von Tolkien erschaffenen geschichtlichen Ereignissen (Bezüge zu den Elfen, den früheren Zeitaltern, Númenor, Sauron etc.) und den unterschiedlichen Personen und Völkern verknüpfen.

Gandalf entdeckt die wahre Herkunft des Zauberringes: „Der Eine Ring“ – und nachdem er durch Nachforschungen über viele Jahre sicher ist, offenbart er Frodo diese Tatsache und rät ihm mittelfristig, das Auenland zu verlassen. Während Frodo mit Unterstützung seines treuen Gärtners Sam und einiger anderer Freunde die Vorbereitungen trifft, wartet er auf Nachrichten von Gandalf bzw. auf Gandalf selbst. Als dieser schlussendlich nicht erscheint, dafür aber dunkel Gestalten in Form von schwarzen, unheimlichen Reitern, die sogar nach „Beutlin“ suchen, macht sich Frodo auf den Weg – um dann sehr schnell zu erkennen, dass das Auenland für ihn selber nicht mehr sicher ist! Zusammen mit Sam sowie Merry und Pippin flieht es aus dem Auenland in den Alten Wald – und damit direkt vom Regen in die Traufe…

 

Biographie

John Ronald Reuel Tolkien wurde 1892 in Bloemfontein/Oranje-Freistaat (heute Südafrika) geboren, wanderte allerdings schon als Kind 1895 nach Birmingham/England aus. Durch sein frühes Interesse an Sprachen und Geschichten beschäftigte sich Tolkien schon in frühen Jahren mit vielseitigen Märchen und Mythologien, die im späteren Schaffensverlauf großen Einfluss gehabt haben, ebenso wie seine katholische Erziehung und Überzeugung. Sein sprachliches Interesse führte Ihn zudem dazu, eigene Sprachen zu entwickeln.

Seine Studiums-Zeit wurde 1914 mit dem Beginn des 1. Weltkriegs unterbrochen, bei dem Tolkien 1916 bei der Somme-Schlacht an Fleckenfieber erkrankte und nach England zurückkehrte. Während dieser Zeit, und zusätzlich geprägt durch das Grauen des Krieges, begann er die ersten Aufzeichnungen seiner fiktiven Sagenwelt in Form der Niederschriften zum Silmarillion. Während die Ausarbeitung des Silmarillion jedoch Tolkiens gesamtes Leben andauerte, so erschienen „Der kleine Hobbit“ 1937 und später „Der Herr der Ringe“ 1954-55. Daneben veröffentliche er weitere Geschichten, eine Vielzahl von Gedichten und publizierte auch Beiträge zur (alt-)englischen Sprache. 1973 starb John Ronald Reuel Tolkien in Bournemouth. Ein Großteil seines Werkes wurde nach seinem Tode von seinem Sohn Christopher aufbereitet und posthum veröffentlicht.

 

Bewertung

Tolkien hat es geschafft, eine extrem vielseitige Geschichte mit den unterschiedlichsten Handlungssträngen, Handlungsorten sowie Personen und Völkern realistisch zu entwickeln. Dabei ist nicht nur der charakterliche Tiefgang der Personen oder die Beschreibung der Orte gut gezeichnet, sondern auch fiktiv-historisch in einen Kontext gesetzt, der der Handlung einen absolut wirklichkeitsnahen Anstrich gibt. Untermauert wird das ganze noch von Tolkiens sprachwissenschaftlichem Hintergrund, der Ihn dazu befähigt hat, eigene Sprachen zu entwickeln, die in Form von historischen Namen und Begebenheiten bis zu langen Gedichten den Schreibstil Tolkiens prägen. Insgesamt ein sehr gutes Buch, was einen von der ersten bis zur letzten Seite fesselt…

 

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