von J. R. R. Tolkien
Verlag: Hobbit Presse Klett-Cotta
Leseprobe
„Hättet Ihr den Kaminsims abgestaubt, so hättet Ihr dies hier unter der Uhr gefunden“, sagte Gandalf und übergab Bilbo einen Brief (der natürlich auf Bilbos eigenem Briefpapier geschrieben war). Da war folgendes zu lesen:
„Thorin & Companie grüßen den Meisterdieb Bilbo! Für Eure Gastfreundschaft unseren aufrichtigen Dank, und für Euer Angebot beruflicher Hilfeleistung unsere freundschaftliche Annahme, Bedingungen: Auszahlung bei Ablieferung. Der Betrag darf den 14. Teil des Gesamtgewinns, wenn es überhaupt welchen geben sollte, erreichen, darf ihn aber keinesfalls überschreiten, alle Reisekosten in jedem Falle garantiert; Begräbniskosten werden von uns oder unseren Verwandten getragen, falls sich die Notwendigkeit ergeben sollte und die Angelegenheit nicht auf andere Weise geregelt werden kann. Da wir es nicht für notwendig erachten, Eure hochgeschätzte Ruhe zu stören, sind wir vorausgegangen, um unsere Vorbereitungen zu treffen, und werden Eure geachtete Persönlichkeit beim Gasthaus ‚Zum grünen Drachen‘ zu Wassernach Punkt elf erwarten. Hoffend, dass ihr pünktlich sein werdet, haben wir die Ehre zu verbleiben
Eure sehr verbundene Thorin & Co
„Das lässt Euch gerade noch zehn Minuten. Ihr müsst laufen“, bemerkte Gandalf.
„Aber –“, sagte Bilbo.
„Keine Zeit dafür“, sagte der Zauberer.
„Aber ich –“, fing Bilbo noch einmal an.
„Auch dafür keine Zeit! Ihr müsst losgehen.“
Bis zum Ende seiner Tage konnte Bilbo sich nicht erinnern, wie er hinausgekommen was, ohne Hut, ohne Spazierstock und ohne Geld, ohne irgendwas, dass er gewöhnlich mit sich nahm, wenn er ausging. Sein zweites Frühstück ließ er halb beendet und das Geschirr ungespült. Die Schlüssel drückte er Gandalf in die Hand, und dann rannte er, so schnell wie seine bepelzten Füße ihn den Weg hinuntertrugen, an der großen Mühle vorbei über das Wasser und dann eine ganze Meile weiter oder mehr.
(Ausschnitt aus: J. R. R. Tolkien – Der kleine Hobbit; Hobbit Presse Klett-Cotta)
Inhalt
Der Hobbit Bilbo lebt gemütlich und ohne Sorgen in seiner Hobbithöhle – bis eines Tages der Zauberer Gandalf erscheint und ihn nicht nur in ein Gespräch, sondern auch – viel schlimmer – in ein Abenteuer verwickelt! Und das noch als Meisterdieb! Denn zusammen mit dem Zwergenfürsten Thorin und seinen Getreuen ziehen Bilbo und Gandalf aus, um den Berg Erebor aufzusuchen – und den dortigen Goldschatz zu heben, der in der alten Zwergenbinge liegt. Dumm nur, dass diese vom gewaltigen Drachen Smaug eifersüchtigst bewacht wird – denn Smaug war es auch, der die Zwerge einst von dort vertrieb (oder auffraß). Doch bis zum Berg ist der Weg weit, und so manch gewaltiges Abenteuer erwartet unsere Helden auf der Reise, von Trollen, Orks und Wölfen abgesehen auch viel andere seltsame und unheimliche Kreaturen, die die Geschicke der Reisegesellschaft – und auch Mittelerdes – gewaltig beeinflussen…
Biographie
John Ronald Reuel Tolkien wurde 1892 in Bloemfontein/Oranje-Freistaat (heute Südafrika) geboren, wanderte allerdings schon als Kind 1895 nach Birmingham/England aus. Durch sein frühes Interesse an Sprachen und Geschichten beschäftigte sich Tolkien schon in frühen Jahren mit vielseitigen Märchen und Mythologien, die im späteren Schaffensverlauf großen Einfluss gehabt haben, ebenso wie seine katholische Erziehung und Überzeugung. Sein sprachliches Interesse führte Ihn zudem dazu, eigene Sprachen zu entwickeln.
Seine Studiums-Zeit wurde 1914 mit dem Beginn des 1. Weltkriegs unterbrochen, bei dem Tolkien 1916 bei der Somme-Schlacht an Fleckenfieber erkrankte und nach England zurückkehrte. Während dieser Zeit, und zusätzlich geprägt durch das Grauen des Krieges, begann er die ersten Aufzeichnungen seiner fiktiven Sagenwelt in Form der Niederschriften zum Silmarillion. Während die Ausarbeitung des Silmarillion jedoch Tolkiens gesamtes Leben andauerte, so erschienen „Der kleine Hobbit“ 1937 und später „Der Herr der Ringe“ 1954-55. Daneben veröffentliche er weitere Geschichten, eine Vielzahl von Gedichten und publizierte auch Beiträge zur (alt-)englischen Sprache. 1973 starb John Ronald Reuel Tolkien in Bournemouth. Ein Großteil seines Werkes wurde nach seinem Tode von seinem Sohn Christopher aufbereitet und posthum veröffentlicht.
Bewertung
Obwohl eigentlich für Kinder geschrieben (was man am Schreibstil deutlich merkt), zeichnet sich „Der kleine Hobbit“ durch eine zum einen märchenhafte, zum anderen Aktion-reiche Abenteuergeschichte aus. Dabei ist die Geschichte auch sprachlich anspruchsvoll, denn schon hier zeigt sich Tolkiens Vorliebe für Gedichte, Gesänge und Sprache, was später im „Herr der Ringe“ dann besonders deutlich wird. Meiner nach ein sehr gutes Buch was sich immer wieder zu Lesen lohnt!
Comments powered by CComment