Römer 9.20a:
Ja, lieber Mensch – wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst?
Diese erste Antwort schlägt die Lästerung einfach mit einem Hinweis auf die dem Menschen gebührende Stellung nieder. Dann aber folgt eine zweite, welche Gottes Gerechtigkeit gegen jede Anklage schützt. Dabei ist offensichtlich, dass Paulus einen höheren Grund als Gottes Willen keinesfalls in Betracht zieht. Er hätte ja sagen können, dass der Unterschied zwischen den Auserwählten und Verworfenen seine gerechten Ursachen habe. Warum gebraucht er nicht eine solch kurze Widerlegung, sondern rückt Gottes Willen an die höchste Stelle, so dass dieser alle anderen Gründe ersetzen muss? Wenn die Annahme, auf welcher der gemachte Einwurf ruht, falsch gewesen wäre, dass nämlich Gott nach Seinem Wohlgefallen verwirft und erwählt, je nachdem Er einen Menschen Seiner Gnade nicht würdigt oder ihn aus freiem Erbarmen liebt – so hätte Paulus sicher nicht versäumt, sie zu widerlegen. Die Gottlosen erheben den Einspruch, dass von einer Schuld der Menschen nicht mehr die Rede sein könne, wenn über ihr Heil oder Verderben einfach Gottes Wille entscheidet. Sagt nun Paulus etwa, das sei gar nicht so? Im Gegenteil! Seine Antwort prägt bloß noch einmal ein, dass Gott über die Menschen beschließt, was Er will! Aber vergebens werden die Menschen zu zornigem Kampfe aufstehen, weil Gott ein Recht hat, Seinen Geschöpfen ein Los zu bestimmen, welches Er will.
Um die hier gegebene Darstellung der Gerechtigkeit Gottes recht zu erwägen, dazu bedarf es noch immer frommer Demut und eines ehrfürchtigen Sinnes. Paulus tut, was am meisten nötig war: Er erinnert den Menschen an seine Stellung Gott gegenüber. Es ist, als riefe er uns zu: Da du ein Mensch bist und weißt, dass du Staub und Asche bist, warum streitest du mit Gott über eine Sache, deren Verständnis dir immer zu hoch bleiben wird?
(Calvin)