Kolosser 4.5-9
Wandelt weislich gegen die, die draußen sind, und kaufet die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit lieblich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisset, wie ihr einem jeglichen antworten sollt. Wie es um mich steht, wird euch alles kundtun Tychikus, der liebe Bruder und getreue Diener und Mitknecht in dem Herrn, welchen ich habe darum gesandt, dass er erfahre, wie es sich mit euch hält, und dass er eure Herzen ermahne, samt Onesimus, dem getreuen und lieben Bruder, welcher von den Euren ist. Alles, wie es steht, werden sie euch kundtun.
Die, die draußen sind, stehen im Gegensatz zu den Hausgenossen des Glaubens (siehe Galater 6.10; vergleiche auch Epheser 2.19). Die Gemeinde gleicht einer Stadt, deren Einwohner alle Gläubigen sind, durch wechselseitige Verwandtschaft untereinander verbunden; die Fremden aber sind die Ungläubigen. Ihnen gegenüber gilt es: Wandelt würdiglich! Aber warum will Paulus, dass man auf diese noch mehr Rücksicht nehme als auf die Gläubigen? Aus drei Gründen: Erstens, damit die Blinden keinen Anstoß empfangen. Denn nur zu leicht werden die Ungläubigen durch unsere Unweisheit in der Sünde bestärkt und ihre Herzen also geschädigt, dass sie sich mehr und mehr von aller Gottesfurcht abwenden. Zweitens, damit ihnen kein Anlass gegeben werde, das Evangelium zu lästern, und so Christi Namen zum Gegenstand des Spottes gemacht werde, dass ihre Feindschaft nicht noch größer werde und nicht Unruhen und Verfolgungen erregt werden. Endlich, damit wir selbst, die durch das Zusammenleben und andere Dinge mit ihnen in mannigfache Berührung kommen, uns mit ihrem Schmutze nicht besudeln und unvermerkt verweltlichen. Darauf bezieht sich auch das folgende: Kaufet die Zeit aus, da der Umgang mit jenen und gefährlich ist. In Epheser 5.16 gibt Paulus als Grund an: Denn es ist böse Zeit, das heißt in unserer so verderbten Zeit muss man jede Gelegenheit Gutes zu tun eifrig benutzen und gegen alle Hindernisse ernstlich ankämpfen. Je mehr also unser Leben mit Ärgernissen umgeben ist, um so sorgfältiger müssen wir uns hüten, dass unsere Füße nicht darein verstrickt werden oder wir aus Trägheit etwas versäumen.
Eure Rede sei allezeit lieblich. – Also geeignet, durch ihren nützlichen Gehalt die Hörer zu fesseln. Damit empfangen nicht bloß offenbar gottlose und böse, sondern auch nichtige und inhaltlose Reden ihr Urteil. Darum sollen unsere Worte mit Salz gewürzt sein. Weltliche Menschen haben ihre Witze, aber davon spricht Paulus nicht. Im Gegenteil, weil solche Scherze bei der Welt Beifall finden, untersagt er sie den Gläubigen. Ungesalzen, abgeschmackt, nennt er alles, was nicht erbaut. Lieblich will er aber unser Wort haben im Gegensatz zu Spötteleien, Lästerungen und allerlei Geschwätzen, welche verletzen oder doch nichts nützen.
Dass ihr wisset, wie ihr einem jeglichen antworten sollt. – Wer sich an besonnenes Reden gewöhnt hat, wird in viele Torheiten nicht hineingeraten, denen redselige Schwätzer oft anheimfallen, sondern durch ständige Übung eine Geschicklichkeit erlangen, richtig und passend zu antworten, wie andererseits eitle Leute sich mit ihrer albernen Geschwätzigkeit oft lächerlich machen, wenn sie über irgendeine Sache Auskunft geben sollen. Paulus sagt aber nicht nur „was“, sondern auch „wie“ ihr antworten sollt, und nicht allen unterschiedslos, sondern einem jeglichen. Denn das ist nicht das geringste Stück der Klugheit, auf jeden einzelnen die rechte Rücksicht zu nehmen.
Wie es um mich steht. – Einen Beweis von seiner großen Führsorge gibt Paulus den Kolossern durch die Sendung des Tychikus, obgleich er selbst im Kerker und in Lebensgefahr sich befindet. Darin zeigt sich des heiligen Apostels Eifer und Klugheit in hellem Licht. Denn das ist nichts Geringes, dass während er selbst gefangen ist und um des Evangeliums willen in größter Gefahr ist, er doch nicht ablässt, für die Ausbreitung des Evangeliums und für alle Gemeinden Sorge zu tragen. So ist sein Leib zwar eingeschlossen, seine Seele aber nach allen Seiten hin eifrig geschäftig. Ein Zeichen seiner Klugheit ist’s einerseits, dass er der Gemeinde einen tüchtigen und verständigen Mann, den Tychikus, sendet, der sie, soweit es nötig war, in der Wahrheit befestigen und der der listigen Verführung der falschen Apostel widerstehen konnte; andererseits war es aber auch klug, dass er den Epaphras bei sich zurückbehielt, um den Kolossern Gelegenheit zu geben, von Tychikus dasselbe zu hören, was sie früher von Epaphras (vergleiche 1.7) gelernt hatten: So mussten sie erkennen, wie alle wahren Lehrer in ihrer Predigt völlig übereinstimmten. Nach diesem Vorbilde sollen auch wir es darauf ablegen, solche Eindruck zu erwecken. Onesimus wird mitgesandt, damit die Gesandtschaft um so mehr Eindruck mache. Über dessen Person ist nichts genaueres bekannt, denn es ist kaum anzunehmen, dass er jener Sklave des Philemon gewesen wäre, welchem der Makel des Diebstahls und des Entlaufens anhaftete (Philemon 10.11 & 10.13). Beiden Männern gibt Paulus ehrenvolle Titel, damit sie desto mehr ausrichten können, dem Tychikus aber ganz besonders, weil ihm das Amt des Lehrens anvertraut war.