Epheser 6.14-20
So stehet nun, umgürtet eure Lenden mit Wahrheit und angezogen mit dem Panzer der Gerechtigkeit, und an den Beinen gestiefelt durch Bereitschaft des Evangeliums des Friedens. Vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichtes; und nehmet den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. Und betet stets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist, und wachet dazu mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, und für mich, auf dass mir gegeben werde das Wort mit freudigem Auftun meines Mundes, dass ich möge kundmachen das Geheimnis des Evangeliums, welches Bote ich bin in der Kette, auf dass ich darinnen freudig handeln möge und reden, wie sich’s gebührt.
So stehet nun, umgürtet eure Lenden mit Wahrheit und angezogen mit dem Panzer der Gerechtigkeit. – Jetzt werden die Waffen, die wir anlegen sollen, genauer beschrieben. Dabei wird man die Ausdeutung jedes einzelnen Stückes nicht zu weit treiben dürfen, da es sich vielfach um unbestimmtere Anspielungen an die kriegerische Rüstung handelt. Paulus will kurz beschreiben, was alles einem Christenmenschen nötig ist, und diesem Zweck muss dann das Gleichnis dienen. Die Wahrheit, d. h. ein lauterer und aufrichtiger Sinn wird mit dem Gürtel verglichen, der als Wehrgehenge einst zu den wichtigsten Stücken des kriegerischen Schmuckes zählte. Zugleich werden wir aber an die Quelle der persönlichen Wahrhaftigkeit, an die reine Wahrheit des Evangeliums zu denken haben, welche unser Herz von aller Trügerei und Falschheit reinigen muss. Zweitens empfiehlt der Apostel die Gerechtigkeit. Sie soll ein Panzer sein, der die Brust schützt. Hiermit ist nicht die Gerechtigkeit aus Gnaden oder die zugerechnete Gerechtigkeit gemeint, wie einige es erklären, sondern die Reinheit des Lebens. Paulus will also, dass wir erstens durch Lauterkeit und zweitens durch ein frommes und heiliges Leben uns auszeichnen sollen.
Und an den Beinen gestiefelt durch Bereitschaft des Evangeliums des Friedens. – Ein Krieger trug auch besondere Stiefel, die nur im Felde, nicht aber im gewöhnlichen Leben gebraucht wurden. Der Sinn ist also folgender: Wie die Soldaten ihre Beine und Füße gegen die Kälte und gegen anderes, was ihnen Schaden bringen konnte, durch Stiefel schützten, so müssen auch wir durch das Evangelium gestiefelt sein, um ohne Schaden durch diese Welt zu gehen. Ein Evangelium des Friedens heißt das Evangelium offenbar wegen seiner Friedenswirkung: Als die Botschaft unserer Versöhnung mit Gott ist es allein imstande, das Gewissen stille zu machen. Zweifelhafter sind die Worte durch Bereitschaft des Evangeliums. Vielfach denkt man daran, wir sollten bereit oder fertig sein, das Evangelium des Friedens zu treiben. In Wirklichkeit wird Paulus von dem reden, was das Evangelium an uns wirkt. Umkleiden wir unsere Füße mit dem Evangelium, so wird uns dadurch die Bereitschaft erwachsen, trotz aller Hindernisse nicht bloß zu marschieren, sondern auch in den Kampf zu gehen. Von Natur können wir uns nur langsam und schwer vorwärtsbewegen: Die Unebenheiten des Weges und viele Hindernisse halten uns auf, der geringste Unfall lähmt unsere Kraft. Das Evangelium aber ist das beste Hilfsmittel, den Weg aufzunehmen und durchzuführen.
Vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens. – Obwohl der Glaube und das Wort Gottes eins sind, so weist Paulus ihnen doch verschiedene Aufgaben zu. Ich sage, dass sie eins sind, weil das Wort der Gegenstand des Glaubens ist, und weil das Wort nur durch den Glauben angeeignet werden kann; wie andererseits der Glaube nichts ist und vermag ohne das Wort. Doch Paulus grenzt die einzelnen Stücke der geistlichen Waffenrüstung nicht scharf gegeneinander ab, sondern gibt nur ein ungefähres Verzeichnis. So bilden zum Beispiel in 1. Thessalonicher 5.8 Glaube und Liebe zusammen den Panzer oder Schild. Der Apostel will also lediglich im Allgemeinen sagen, dass ein Christ nach allen Seiten wohl gerüstet und gedeckt dasteht, wenn er die hier aufgeführten Eigenschaften besitzt. Dabei erscheinen mit vollem Rechte der Glaube und das Wort Gottes als Schwert und Schild, also als die wichtigsten Stücke der kriegerischen Rüstung. Denn sie vor allem sind im geistlichen Kampfe unentbehrlich: Mit dem Glauben wehren wir alle Angriffe des Satans ab, mit dem Worte Gottes wird der Feind vollends aufgerieben.
Mit welchem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichtes. – Eigentlich hätte Paulus sagen müssen: „abhalten könnt“. Da aber die Geschosse des Teufels feurig sind, so gebraucht er das Wort „auslöschen“. Denn der Glaube hat nicht nur die Kraft, diese Geschosse stumpf zu machen, sondern auch sie auszulöschen. Der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet, wie Johannes sagt (1. Johannes 5.4).
Und nehmet den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. – Wird in 1. Thessalonicher 5.8 die Hoffnung der Seligkeit als der Helm bezeichnet, so wird unsere Stelle im gleichen Sinne zu deuten sein. Denn der beste Helm deckt unser Haupt, wenn wir mit hocherhobener Hoffnung zum Himmel und der uns dort verheißenen Seligkeit aufschauen. Der Helm ist ein Helm des Heils nur in der Hoffnung.
Und betet stets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist, und wachet dazu mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen. – Und betet stets: Nachdem der Apostel den Ephesern die Waffen an die Hand gegeben hat, fordert er sie auf, durch Gebet zu streiten. Das ist auch die beste Weise. Denn die Anrufung Gottes ist die beste Übung des Glaubens und der Hoffnung: Allein durch sie erlangen wir von Gott alles Gute. Sollen wir nun mit allem Anhalten bitten, so wird uns damit unablässiges Gebet empfohlen: Wir sollen nicht müde werden, sondern mit frischem Mute und ungebrochenem Eifer bitten, wenn wir nicht alsbald unser Begehren erlangen. Lesen wir kurz zuvor, dass wir stets in allem Anliegen beten sollen, so bedeutet dies keine einfache Wiederholung. Dieser erstere Ausdruck erinnert daran, dass wir zu keiner Zeit und in keiner Lage das Gebet unterlassen sollen. Vergessen wir doch in ruhigen und frohen Tagen des Glücks nur zu leicht, an das Gebet zu denken, und flüchten uns zu Gott nur im Drange der Not. Wir sollen aber stets, in guten wie in bösen Tagen, dem Gebet obliegen.
Für alle Heiligen. – Jeden Augenblick muss unser eigener Mangel uns zum Gebet antreiben. Aber es gibt noch einen anderen Grund zum unablässigen Beten, nämlich die Not der Brüder, die uns am Herzen liegen muss. Gibt es wohl eine Zeit, wo nicht einige Glieder der Gemeinde leiden, und unserer Hilfe bedürfen? Sollte daher einmal unser Gebet kalt und gleichgültig werden, weil keine eigene Not uns drückt, so müssen wir alsbald daran denken, wie viele unserer Brüder durch mancherlei schwere Sorgen gequält werden und in den größten Ängsten, ja in der größten Not sind. Wir müssten ein Herz von Stein haben, wenn unser Eifer hierdurch nicht auf ´s neue angefacht würde. Doch könnte hierbei jemand die Frage aufwerfen, ob man nur für die Gläubigen beten dürfe. Ich antworte, dass Paulus den Ephesern die Gläubigen ans Herz legt, ohne dabei die anderen auszuschließen. Doch müssen wir ohne Zweifel, ebenso wie bei den anderen Pflichten der Liebe, auch bei der Fürbitte in erster Linie der Heiligen gedenken.
Und für mich. – Im Besonderen befiehlt Paulus den Ephesern, seiner in ihrer Fürbitte zu gedenken. Daraus schließen wir, dass keiner einen solchen Überfluss an Gütern hat, dass er, solange er in dieser Welt lebt, einer solchen Unterstützung vonseiten seiner Brüder nicht mehr bedürfte. Wer hätte hierauf leichter verzichten können als Paulus? Und doch geht er die Brüder um ihre Fürbitte an. Und das ist bei ihm keine Heuchelei, sondern es ist sein aufrichtiger Wunsch, dass sie ihm beistehen. Hören wir jetzt, was sie für ihn erbitten sollen. Er verlangt danach, dass ihm ein freudiges Auftun seines Mundes gegeben werde. Wie ist das zu verstehen? War er verstummt oder durch Furcht daran gehindert, das Evangelium zu bekennen? Keinesfalls! Aber es war zu befürchten, dass er, nachdem er einen so herrlichen Anfang gemacht hatte, später nachlasse. Dazu kam, dass er von einem solchen Eifer, das Evangelium zu bezeugen, beseelt war, dass er sich nie befriedigt fühlte. Und fürwahr, wenn wir bedenken, welche Bedeutung diese Arbeit hat, und wie groß sie ist, so müssen wir alle gestehen, dass wir derselben bei weitem nicht gewachsen sind. Daher (in Vers 20) das weitere Anliegen, dass Paulus reden möchte, wie sich‘s gebührt, womit er eben zu erkennen gibt, dass eine seltene Tüchtigkeit dazu gehört, das Evangelium in gebührender Weise zu bezeugen. Dabei ist jedes einzelne Wort der Beachtung wert. „Freudig“ soll das Evangelium verkündigt werden, ohne eine Spur jener Furcht, die uns nicht mit freiem und vollem Munde und unerschrockener Zunge Christum bekennen lässt. Paulus wünscht sich also nicht die Fähigkeit, schlaue Antworten zu geben, oder Ausflüchte zu finden, um die Gegner durch Winkelzüge zu täuschen. Er wünscht sich einen geöffneten Mund, um ein lauteres und festes Bekenntnis abzulegen. Denn ein halb geöffneter Mund gibt eine zweifelhafte und verworrene Rede.
Aber ist es nicht vielleicht ein Zeichen des Unglaubens, wenn er andere um ihre Fürbitte angeht? Zweifelt er etwa an der eigenen Gebetskraft? Keineswegs! Er nimmt ja nicht, wie Ungläubige zu tun pflegen, seine Zuflucht zu einem Mittel, welches dem Willen Gottes widerstreitet oder wenigstens mit Gottes Wort sich nicht ganz reimt. Er stützt sich nur auf solchen Beistand, von welchem er weiß, dass Gott ihn zulässt, ja verheißt und empfiehlt. Gott befiehlt, dass die Gläubigen füreinander beten sollen. Es ist für jeden Christen ein großer Trost, wenn er hört, dass die Sorge um sein Wohlergehen auch allen Übrigen befohlen ward, und zwar von Gott selbst, sodass wir versichert sein können, dass andere nicht umsonst für uns bitten. Würde es recht sein, eine Hilfe zurückzuweisen, die Gott uns bietet? Es ist das eigentlich ja schon genug, dass jeder auf Grund der Verheißung Gottes gewiss sein kann, dass er erhört wird, so oft er bittet. Wenn aber Gott nun Seine Freigebigkeit noch dadurch steigert, dass Er es auch erhören will, wenn andere für uns bitten, dürfen wir dann diese Seine Güte von uns weisen? Müssen wir sie nicht vielmehr mit offenen Armen freudig aufnehmen? Wir sehen also, dass Paulus nicht durch Kleinglaube oder Zweifel veranlasst wurde, die Brüder um ihre Fürbitte zu ersuchen, sondern, dass er deswegen danach verlangt, weil er nichts unbenutzt lassen will, was ihm von Gott gegeben ward.
Eine Anrufung verstorbener Heiligen lässt sich aber darauf nicht gründen, wenn Paulus von den Lebenden, mit denen er in lebendiger Gemeinschaft steht, Fürbitte begehrt. Wir könnten ebenso gut Engel zu Tische laden, als mit den Verstorbenen Verkehr pflegen.