Epheser 6.5-9
Ihr Knechte, seid gehorsam euren leiblichen Herrn mit Furcht und Zittern, in Einfältigkeit eures Herzens, als Christo; nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi, dass ihr solchen Willen Gottes tut von Herzen, mit gutem Willen. Lasset euch dünken, dass ihr dem Herrn dienet und nicht den Menschen, und wisset, was ein jeglicher Gutes tun wird, das wird er von dem Herrn empfangen, er sei ein Knecht oder ein Freier. Und ihr Herren, tut auch dasselbige gegen ihnen, und lasset das Dräuen; wisset, dass auch euer Herr im Himmel ist, und ist bei ihm kein Ansehen der Person.
Ihr Knechte, seid gehorsam euren leiblichen Herrn mit Furcht und Zittern, in Einfältigkeit eures Herzens, als Christo; nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi, dass ihr solchen Willen Gottes tut von Herzen. – Diese Ansprache an die Sklaven gestaltet der Apostel besonders eindringlich, weil deren schwere und harte Lage besondere Versuchungen zur inneren Auflehnung in sich schloss. Denn es ist gar nicht bloß von äußerem Gehorsam die Rede: gefordert wird vielmehr freiwillige Ehrfurcht. Denn das Schauspiel, dass jemand sich gern und willig unter ein fremdes Joch beugt, bekommt man selten zu schauen. Wir wollen auch ausdrücklich bemerken, dass der Apostel nicht zu gemietetem Gesinde spricht, wie wir es heute haben, sondern zu jenen Sklaven des Altertums, die in unlösbarer Dienstbarkeit standen, wenn nicht etwa ein besonderer Gnadenakt ihres Herrn sie freiließ, die von dem Herrn um Geld gekauft wurden, so dass diese sie auch zu den schmutzigsten Geschäften gebrauchen konnten. Dazu hatten die Herren ihnen gegenüber das Recht über Leben und Tod, was ihnen gesetzlich eingeräumt war. Solchen Sklaven schärft der Apostel den Gehorsam gegen ihre Herren ein: sie sollen nicht der Träumerei verfallen, dass das Evangelium eine fleischliche Freiheit bringe. Da aber auch die schlechtesten Sklaven aus Furcht vor Strafe gehorchten, so setzt Paulus den Unterschied zwischen den christlichen und den gottlosen in die Gesinnung. Christliche Sklaven unterwerfen sich mit Furcht und Zittern, d. h. mit jener bewussten Anerkennung des Höhergestellten, die aus wahrer Einfältigkeit des Herzens erwächst. Da aber ein Mensch nur mit äußerstem Widerstreben sich unter einen anderen stellt, wenn nicht eine höhere Macht ihn zwingt, so sollen wir auf Gott blicken (siehe Vers 6). So folgt denn, dass es nicht genügt, wenn man nur Dienst vor Augen leistet, wie es ja eine verbreitete Unart der Untergebenen ist, dem Herrn ins Angesicht zu schmeicheln, aber sobald er den Rücken gewandt hat, sich nicht um seinen Befehl zu kümmern und womöglich seiner zu spotten. Gott fordert vielmehr einen wahrhaftigen und von Herzen aufrichtigen Dienst. Knechte, welche treulich ihrem Herrn dienen, beweisen eben damit auch ihren Gehorsam gegen Gott. Der Apostel möchte den Sklaven einprägen, dass es gar nicht bloß menschliche Willkür war, die sie in ihren Stand hineinstieß: Gott war es, der ihnen diese Last auflegte und ihre Arbeit für ihre Herren gedingt hat. Müht sich also ein Knecht nach bestem Gewissen, seinem Herrn zu leisten, was er schuldig ist, so tut er damit nicht bloß seine Pflicht gegen Menschen, sondern auch gegen Gott.
Mit gutem Willen. – Solcher Wille steht im geraden Gegensatz gegen das heimliche Murren, welches vielfach ein Knechtsgemüt erfüllt. Wagt sich auch der Widerwille nicht an die Oberfläche, so unterwirft sich das Herz doch nur mit äußerstem Widerstreben und trägt nur mit innerer Wut das Joch der Unterordnung. Wenn man liest, was sich hin und wieder in den Schriften der Alten über die Gesinnung und das Betragen der Sklaven findet, so erkennt man, dass allen diesen Vorschriften bei jener Menschenklasse ebenso viele Fehler gegenüberstanden, deren Heilung nötig war. Diese Vorschriften gelten aber auch für die Knechte und Mägde unserer Zeit, denn die Wohlordnung des Hausstandes, welchen Gott gegründet hat, liegt Ihm immer am Herzen. Ja unsere Knechte und Mägde müssen bedenken, dass, wenn ihre Lage jetzt viel erträglicher ist als früher, sie auch umso viel weniger Entschuldigung haben, wenn sie nicht auf alle Weise sich bemühen, sich so zu betragen, wie Paulus es hier befiehlt.
Wenn die Herren (Vers 5) leibliche Herren heißen, so wird dadurch die Härte des Sklavenstandes gemildert; es liegt eine Andeutung darin, dass bei aller leiblicher Unterordnung die wesentliche geistliche Freiheit unangetastet bleibt.
Wisset, was ein jeglicher Gutes tun wird, das wird er von dem Herrn empfangen, er sei ein Knecht oder ein Freier. – Die Zusage, dass ein jeder seine Guttaten von dem Herrn wieder empfangen wird, birgt einen großen Trost: hat ein Knecht es auch mit einem undankbaren und übelwollenden Herrn zu tun, so wird Gott ihm schon die Arbeit gutschreiben, die er Menschen, die es nicht wert waren, geleistet hat. Wie oft lässt doch der Gedanke einen Knecht lässig werden, dass bei der hochfahrenden Geringschätzung, die er von seinem Herrn erfährt, seine Arbeit gar keine Anerkennung finden werde! Paulus dagegen erklärt, dass der Lohn für Dienstleistungen, welche menschliche oder vielmehr unmenschliche Unfreundlichkeit für nichts hält, bei Gott verwahrt werde. So ist kein Anlass, sich vom Wege der Pflicht abbringen zu lassen. Mag die Welt Knechtsarbeit gering einschätzen, so hat vor Gott die Arbeit eines jeden ihren Wert, er sei ein Knecht oder ein Freier. Hier gilt der König nicht mehr als der Sklave: denn Gott rechnet nicht mit der äußeren Stellung, sondern sieht die Aufrichtigkeit des Herzens an.
Und ihr Herren. – Da die Gesetze den Herren große Macht einräumten gegen ihre Sklaven, so hielten viele alles für erlaubt, was nicht gesetzlich verboten war. Ja einige gingen in ihrer Rohheit so weit, dass die römischen Kaiser sich genötigt sahen, ihre Macht zu beschränken. Allein wenn auch kein Gesetz der Fürsten die Sklaven schützte, so räumt doch Gott den Herren nicht mehr ein, als sich mit dem Gesetz der Liebe verträgt. Die Philosophen des Altertums bezeichneten es als das höchste Maß der Milde gegen die Sklaven, wenn sie als Tagelöhner behandelt wurden; dabei sahen sie nur auf den Nutzen, nämlich auf das, was für den Hausvater das Beste war, um die Ordnung in seinem Hause aufrecht zu erhalten. Paulus stellt hier einen ganz anderen Grundsatz auf: er gründet alles auf Gottes Ordnung und zeigt danach, was Herren ihren Sklaven schuldig sind.
Zuerst sagt er: Tut auch dasselbe gegen ihnen. In Kolosser 4.1 heißt es dafür: Ihr Herren, was recht und billig ist, das gewährt den Sklaven, und bedenkt, dass auch ihr einen Herrn im Himmel habt. Die Stellung des Herrn und des Sklaven ist nicht die gleiche, aber doch besteht zwischen ihnen ein wechselwirkendes Rechtsverhältnis: denn so wie der Sklave dem Herrn verpflichtet ist, so hat der Herr in manchen Stücken auch wieder Pflichten gegenüber seinem Sklaven. Diese Gegenseitigkeit der Pflichten pflegt man wenig zu beachten, weil man versäumt, an das ganze Verhältnis den allein zutreffenden Maßstab der Liebe zu legen. Darauf weist Paulus hin, wenn er fordert, dass die Herren dasselbe tun sollen. Sind wir doch alle nur zu geneigt, zu beanspruchen, was andere uns schuldig sind, aber die Pflichten, die wir gegen andere haben, möglichst abzuschütteln. Solch unbilliger Sinn herrscht namentlich unter den Höhergestellten, die gewohnt sind, Ehre zu nehmen.
Lasset das Dräuen. – Dies eine Wort umfasst alle Kränkungen, welche der Stolz der Herrschenden gebiert: herrisches Auftreten, wobei schon die bloße Erscheinung des Herrn Schrecken einflößt und jedes Wort, das er an den Sklaven richtet, wie eine Drohung klingt. Dergleichen kommt aber daher, dass manche Herren glauben, die Sklaven wären nur um ihretwillen geboren: und dann halten sie dieselben nicht besser als das Vieh.
Wisset, dass auch euer Herr im Himmel ist. – Eine sehr nötige Ermahnung! Denn wir nehmen uns deswegen Alles gegen Untergebene heraus, weil sie uns keinen Widerstand entgegensetzen können, weil ihnen keine Klage beim Gericht gegen uns zusteht, kein Richter, kein Verteidiger für sie auftritt, ja nicht einmal einer, der aus Mitleid sich herabließe, ihre Klagen anzuhören. Hierzu kommt noch, dass, wie man zu sagen pflegt, die Straflosigkeit die Mutter der Zügellosigkeit ist. Hier erinnert aber Paulus, dass bei aller Überordnung der Herren über ihre Sklaven doch über beiden ein gemeinsamer Herr im Himmel steht, dem sie einst Rechenschaft schuldig sind.
Und ist bei ihm kein Ansehen der Person. – Uns pflegt die äußere Stellung einer Persönlichkeit dermaßen die Augen zu blenden, dass Recht und Billigkeit nicht zur Geltung kommen. Paulus aber sagt, dass dergleichen bei Gott nichts gilt. Unter dem Ansehen der Person, welches Gott nicht in Anschlag bringt, ist alles zu verstehen, was abgesehen von dem wirklichen Wert des Betreffenden das Urteil beeinflussen könnte: Verwandtschaft, äußere Erscheinung, Adel, Reichtum, Freundschaft und dergleichen mehr, was Gunst erwirkt, oder wenn es fehlt, Missgunst. Da solche persönlichen und äußerlichen Rücksichten, Urteil und Stimmung den Menschen nur zu oft beherrschen, so mag mancher, der ein irdisches Ansehen besitzt, sich leicht damit schmeicheln, dass Gott sich ebenso übel auf seine Seite schlagen müsste: was bedeutet eigentlich dieser oder jener Mensch, dass Gott wider mich seine Partei ergreifen sollte? Demgegenüber erklärt es Paulus für eine Täuschung, wenn ein Herr sich einbilden sollte, dass seine Sklaven von Gott ebenso verächtlich oder als nichts geschätzt würden wie von der Welt. Denn Gott sieht die Person nicht an, und die Sache des verachtetsten Menschen gilt bei Ihm gerade so viel, wie die des größten Herrschers.