EPHESER

Epheser Kapitel 6 Teil I

Epheser 6.1-4

Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn: denn das ist billig. „Ehre Vater und Mutter“, das ist das erste Gebot, das Verheißung hat: „auf dass dir’s wohlergehe und du lange lebest auf Erden.“ Und ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zu Zorn, sondern zieht sie auf in der Zucht und Vermahnung zu dem Herrn.

Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern. – Lautet das umfassende Gebot, dass man die Eltern ehren soll, so nennt der Apostel hier nur den Gehorsam. Warum diese Beschränkung? Weil der Gehorsam das hervorstechendste Zeichen der Ehrerbietung ist, welche Kinder ihren Eltern schulden. Und gerade diesen Gehorsam zu leisten ist ja auch besonders schwer, denn der menschliche Geist scheut die Unterordnung und beugt sich ungern unter ein fremdes Joch. Die Erfahrung lehrt uns wie selten diese Tugend ist: denn man findet nur sehr wenige Kinder, die ihren Eltern folgsam sind. Ist aber einmal mit dem Gehorsam der Grund gelegt, so folgt alles andere wie von selbst.

In dem Herrn. – Nicht bloß das unter allen Völkern anerkannte natürliche Sittengesetz, sondern auch Gottes heiliger Wille fordert den Kindesgehorsam. Daraus folgt aber, dass der Gehorsam gegen die Eltern nur so weit geht, als dadurch die Pflicht gegen Gott nicht verletzt wird, da diese den Vorrang hat. Ist der Kindesgehorsam nach Gottes Ordnung zu regeln, so darf er ja unter keinen Umständen von Gott abführen.

Denn das ist billig. – Dieses ist hinzugesetzt, um unsere angeborene Wildheit zu zügeln. Billig ist es, zu gehorchen, weil Gott es befohlen hat. Ist Gottes Wille die höchste Regel der Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit, so ist über das, was Er verordnet hat, kein Wort mehr zu verlieren und vollends kein Zweifel zu erheben. Dass aber der Apostel den Gehorsam als Ausdruck der Ehrerbietung fordert, begreift sich leicht: denn mit einer Scheinunterwürfigkeit ist Gott nicht gedient. Zur rechten Ehrung der Eltern gehört eben jede Pflicht, mit welcher Kinder ihre Achtung und Anhänglichkeit beweisen können.

„Ehre Vater und Mutter“, das ist das erste Gebot, das Verheißung hat. – Die an die Gebote gehängten Verheißungen wollen uns locken, dass wir freudiger gehorchen. Hier insbesondere möchte der Apostel den Kindern die geforderte Unterwürfigkeit mit süßer Würze angenehm machen. Er sagt gar nicht bloß, dass Gott auf den Gehorsam gegen Vater und Mutter im Allgemeinen Seinen Lohn gelegt. Sondern er behält diesem Gebot eine ganz besondere Verheißung vor. Stünden in dieser Hinsicht alle Gebote gleich, so würde ja sich kein einzelnes mehr herausheben. Unser Gebot, so hören wir, ist das erste, auf welches Gott mit einer ganz besonderen Verheißung gewissermaßen Sein Siegel drücken wollte. Aber hier zeigt sich eine Schwierigkeit, denn das zweite Gebot hat ebenfalls seine besondere Verheißung (siehe 2. Mose 20.5b + 6): Ich, dein Gott, bin ein starker und eifriger Gott, der Barmherzigkeit tut an vielen Tausenden usw. Da dies aber eine allgemeine Verheißung ist, die sich auf das ganze Gesetz bezieht, so kann man nicht sagen, dass sie nur zu diesem Gebote gehört. So bleibt es also wahr, was Paulus sagt, dass kein anderes Gebot durch eine besondere Verheißung ausgezeichnet wurde. Diese Verheißung lautet (siehe Vers 3): auf dass du lange lebst. Daran sehen wir, dass dieses Leben auch zu den guten Gaben Gottes gehört, die wir nicht geringschätzen dürfen. Übrigens erscheint gerade dieser Lohn besonders passend: Kindern, welche sich ihren Eltern dankbar erweisen, soll es gerade in diesem Leben wohlergehen, welches sie von ihren Eltern empfangen haben.

Auf Erden. – Bei Moses wird ausdrücklich das Land Kanaan genannt, weil es für die Juden außerhalb desselben kein glückliches und begehrenswertes Leben gab. Da aber der Segen Gottes sich jetzt über die ganze Erde erstreckt, so lässt Paulus die genauere Ortsbestimmung, die nur bis zur Ankunft Christi Geltung hatte, jetzt mit Recht fallen.

Und ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zu Zorn, sondern zieht sie auf in der Zucht und Vermahnung zu dem Herrn. – Hinwiederum ermahnt er die Väter, dass sie ihre Kinder nicht durch unmäßige Härte erbittern sollen. Denn hieraus wird der Hass geboren, und dieser hat zur Folge, dass die Kinder das Joch ganz von sich werfen. Deswegen finden wir in Kolosser 3.21 den Zusatz: dass sie nicht scheu werden. Eine maßvolle und anständige Behandlung hält die Kinder in Furcht vor den Eltern, mehrt ihren Eifer zum Gehorchen und gibt ihnen einen fröhlichen Mut, wogegen Härte und unpassende Strenge sie trotzig macht und das Gefühl der Hingebung in ihnen erstickt. Deshalb befiehlt Paulus, sie menschliche zu behandeln. Damit aber die Erziehung nicht zu frei werde, wie es bisweilen der Fall ist, beschränkt er die Freiheit wieder: zieht sie auf in der Zucht und Vermahnung zu dem Herrn: Gott will nämlich nicht, dass die Eltern so weichherzig gegen ihre Kinder sind, dass sie dieselben durch Nachsicht verderben. Die Milde darf nicht zu weit gehen, sondern muss sich innerhalb der Zucht des Herrn halten. Wenn die Kinder verkehrt handeln, so müssen sie zurechtgewiesen werden. Und da sie noch jung und unerfahren sind, so bedürfen sie vieler Mahnungen und eines straffen Zügels, wenn sie nicht zuchtlos werden sollen.