BÜCHERECKE

Schöne neue Welt

von Aldous Huxley

 

Verlag: Fischer Verlag

 

Leseprobe

Lenina musste sich den Schrecken von Malpais also ungeschützt stellen. Und die folgten nun Schlag auf Schlag. Der schändliche Anblick zweier stillender junger Mütter ließ sie tief erröten und das Gesicht abkehren. Etwas so Unanständiges hatte sie in ihrem ganzen bisherigen Leben nicht gesehen. Und Bernhard machte alles noch schlimmer, indem er die ekelhaft vivipare Szene auch noch freimütig kommentierte. Jetzt, da die Wirkung des Soma nachgelassen hatte, schämte er sich seiner vormittäglichen Nervenschwäche im Hotel und tat sein Äußerstes, stark und unorthodox zu erscheinen.

„Was für ein wunderbar intimes Verhältnis“, befand er bewusst frevelhaft. „Und was es für starke Gefühle hervorrufen muss! Ich habe mich oft schon gefragt, ob uns, die wir keine Mütter kennen, nicht etwas entgeht. Dir zum Beispiel, Lenina, weil du niemals Mutter sein wirst. Stell dir vor, du säßest hier mit einem eigenen kleinen Baby…“

„Bernard! Was unterstehst du dich!“ Das Auftauchen einer alten Frau mit Augen- und Hautleiden lenkte sie von ihrer Entrüstung ab.

„Lass uns wieder gehen“, flehte sie. „Das gefällt mir alles gar nicht.“

 

(Ausschnitt aus: Aldous Huxley – Schöne neue Welt; Fischer Verlag)

 

Inhalt

Das ist die Welt in der Zukunft: Geburt via Retorte – hergestellt und indoktriniert für die gesellschaftliche Stellung. Jeder Mensch hat seine ihm zugeschriebene Aufgabe, die er – dank seiner Schlafsuggestion während den Erziehungsphasen in seiner Kindheit – mit Glück erfüllt. Feste Partnerschaften gibt es nicht, im Gegenteil – eine zu lange gehende Partnerschaft wird als gesellschaftlich verwerflich angesehen. Ebenso verhält es sich mit dem Konsumverhalten – Reparatur gibt es nicht, alles ist darauf ausgelegt, wirtschafts-freundlich und ökonomisch neu gekauft zu werden. Und Anstelle von Gott gibt es „den großen Ford“ – und mit seiner Geburt beginnt die neue Zeitrechnung. Eine Gesellschaft im Glück - und wenn es jemandem doch mal schlechter geht, so gibt es ja immer noch die tägliche Ration Soma, der allglücklichmachenden Droge.

In dieser Welt leben Lenina und Bernhard, die eine Urlaubsreise in die native Welt von Malpais unternehmen. Doch dort begegnen sie dem einheimischen John – und damit verändert sich einiges…

 

Biographie

Aldous Huxley wurde 1894 in Godalming/England geboren. Aufgrund seines schlechten Sehvermögens war ihm eine naturwissenschaftliche Laufbahn im Bereich Biochemie verwehrt, so dass er sich schon früh der Literatur widmete und von 1913 bis 1916 an der Universität Oxford studierte. Seine Freiwilligkeitsmeldung als Soldat im 1. Weltkrieg 1916 wurde ebenfalls aufgrund seines Augenleidens abgelehnt. Nach einigen anderen beruflichen Tätigkeiten konzentrierte sich Huxley auf seine schriftstellerische Laufbahn, deren bekanntestes Ergebnis der dystopische Roman „Schöne neue Welt“ wurde. 1937 emigrierte Huxley mit seiner Familie in die USA, wo er 1966 an den Spätfolgen einer Kehlkopfkrebserkrankung starb.

 

Bewertung

Huxley ist mit „Schöne neue Welt“ eine sozial- und konsumkritische Dystopie gelungen, die ihrer Zeit voraus gewesen ist. Trotz den biochemischen und genetischen Hintergründen zeigt das Buch eher eine Kritik an der Konsumgesellschaft und dem Werteverfall; sowie insbesondere auch der Massenindoktrinierung, die heutzutage zwar nicht im Schlaf Programm-mäßig den Menschen eingeflüstert wird, dafür aber durch die durchgehende digitale Vernetzung zu einem nicht mehr kontrollierbaren (und überprüfbaren) Informationsbeeinflussung führt. 

 

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