23. Oktober

Psalm 66.20:

Gelobt sei Gott, der der mein Gebet nicht verwirft noch Seine Güte von mir wendet.

 

Wenn wir aufrichtig auf die Beschaffenheit unserer Gebete blicken, so müssen wir ergriffen werden vor Staunen darüber, dass Gott sie überhaupt je erhört hat. Vielleicht gibt es manche unter uns, die meinen, ihre Gebete seien wohl der Erhörung wert – das hat auch der Pharisäer gemeint! Aber der wahre Christ, dessen Blick heller erleuchtet ist, weint und trauert über seine Gebete. Und wenn er das Vergangene nachholen könnte, so wollte er gern seine Gebete mit mehr Ernst und Eifer würzen. Wie kalt sind deine Gebete gewesen! Du hättest mit Gott in deinem Kämmerlein ringen sollen wie einst Jakob auf dem Felde. Stattdessen war dein Flehen kraftlos und saftlos, ferne von jenem demütigen, vertrauensvollen, inbrünstigen Glauben, der ausruft: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn. Ja, es ist wunderlich und merkwürdig: Gott hat diese deine kalten Gebete gehört und nicht nur gehört, sondern auch erhört! Oder wie selten sind deine Gebete gewesen. Wie nachlässig warst du in diesem Stücke. Wenn du in Trübsal und Traurigkeit warst, dann kamst du oft vor den Gnadenthron. Wenn dir aber die Erlösung aus deinen Nöten zuteil geworden war, wo kam dann dein anhaltendes Flehen hin? Und obwohl du aufgehört hast, so eifrig zu beten wie sonst, hat Gott dennoch nicht aufgehört, dich mit Erhörung zu erfreuen. Wenn du weggeblieben bist vom Gnadenstuhl, so hat Gott ihn nicht verlassen, sondern der helle Glanz Seiner Gnadengegenwart ist allezeit sichtbar geblieben in deinem Lebenslauf. Oh wie wunderbar! Was ist doch das für ein Gott, dass Er die Gebete auch derer erhört, die so zu Ihm kommen! Oh, dass doch Seine Gnade und Güte, mit der Er so armselige Gebete erhört, unsere Herzen rühren möchte und wir hinfort erfunden würden als solche, die da beten ohne Unterlass!

(Spurgeon)