6. Jona-Predigt

VI. Predigt über den Propheten Jona: Kapitel 4

 

 

Nach Anleitung des dritten Kapitels unseres Propheten haben wir es vernommen: Es geht gut, ja es geht wunderbar gut, wenn ein Menschenkind sich beugt unter das Wort der Gnade! Denn das Wort schafft vor ihm her und stellt es alles für ihn dar, so dass ein schwacher und zu allem untüchtiger Mensch den guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes tut. Wir haben ferner vernommen: Wenn wir es durch des Geistes Belehrung glauben, dass wir von dem Gesetz los und ihm abgestorben, und dass wir eines andern Mannes geworden sind, nämlich des, der von den Toten auferweckt ist, so tragen wir, die wir früher dem Tode Frucht getragen haben, alsbald Gott Frucht. Ja, eine solche Frucht, welche ganz nach dem Gesetz ist, wie es geistlich richtet! Wir haben es vernommen: Gehen wir an der Hand der Gnade, so sind alsbald alle schönen christlichen Tugenden und guten Werke zur Stelle, so ist gewiss die Frucht des Geistes da, als da ist: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit, und da ist kein Gesetz gegen uns.

Laßt und des aber eingedenk bleiben, dass es des Geistes Frucht ist, die Frucht welche wir Gott bringen. Ich will Israel wie ein Tau sein, dass es soll blühen wie eine Rose. An mir soll man deine Frucht finden ist unseres Herrn Christi Wort bei dem Propheten Hosea. Denn die Frucht des Geistes wächst wahrlich nicht auf unsrem Acker. Was wir Gott angenehm sind, dass sind wir angenehm allein in der Gnade Jesu über uns. Was wir haben, haben wir allein in der Gemeinschaft Christi. Was wir Gott bringen, ist lediglich aus Gott, durch Ihn und zu Ihm. Das große Wort bleibt fest allen Elenden, die auf den Herrn harren: Ich bin euer Gott, aber auch dieses Wort: Ihr Schafe, ihr Schafe meiner Weide, ihr seid Menschen. Sind wir der Meinung, wir könnten und sollten etwas, nachdem wir zur Belehrung gekommen sind, so müssen wir uns bitter getäuscht finden. Wir haben uns, so lange die Erlösung des Leibes noch nicht völlig da ist, mit unserem uns angewiesenen Platz, dass wir Menschen sind, zu begnügen, und der Gnade Jesu Christi haben wir die Krone und Herrschaft zu lassen. Wer es anders haben will, kann keinen Frieden haben. Die ganze Heilige Schrift, jedes Kapitel in derselben dient zum Belege, dass allein die Gerechtigkeit Christi vor Gott gilt, und dass unsere Ungerechtigkeit diese Gerechtigkeit nur umso mehr verherrlicht! Der Leib ist tot um der Sünde willen und nur der Geist ist Leben und Friede um der Gerechtigkeit willen. Ist aber Christus in uns, so wird der Geist dessen, der Jesus aus den Toten erweckt hat, auch unsere sterblichen Leiber lebendig machen nach Seinem Willen und wann Er will. Was soll der Apostel Paulus antworten auf die Frage des verzagten Herzens, ja auch auf die Frage des trotzigen Herzens: Wenn du lehrest, dass wir ganz in Übereinstimmung mit dem Gesetz sind, wenn uns die Gerechtigkeit des Glaubens zugerechnet wird von Gott, wo bleibst du dann aber mit dem menschlichen Elende, woran du doch reichlich Anteil hast? Soll er dieses Elend leugnen und sagen, es sei dies Elend nicht mehr da? Keineswegs! So antwortet er: Jesus Christus, hat uns freigemacht von dem Gesetze der Sünde und des Todes. Und was das Elend angeht: Wer will verdammen? schreibt Paulus, Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Welche er zuvor versehen hat, die hat er auch verordnet, dass sie gleich sein sollen dem Ebenbilde Seines Sohnes, auf dass derselbige der Erstgeborene  sei unter vielen Brüdern. Soll Er aber der Erstgeborene sein, so ist Er auch der Erbe, und es sei das unsere Freude und Ruhm, dass wir Seine Miterben sind. Denn so fließt uns alles zu aus den Reichtümern der Schätze Seiner Gnade. Und also steht unser Trost, der Trost aller derer, die sich bei sich selbst sehnen nach der Kindschaft, nach des Leibes Erlösung. Denn diejenigen, welche sich darnach sehnen, bekennen, dass sie an und für sich selbst Menschen sind und nichts mehr. Das bekennen sie aber nicht mit Gleichmut; so haben sie denn den Trost der Schrift in ihrer Anfechtung, dass sie deshalb nicht verdammt werden, weil sie sich Menschen zeigen, dass vielmehr der Herr sie trage in Seiner Geduld und Langmut und mit ihnen väterlich schonend umgehe. Solchen Trost gewähre uns der Herr auch heute aus der Betrachtung des vierten Kapitels des Propheten Jona, welches also lautet:

 

Jona 4

Das aber verdross Jona sehr, und er ward zornig und betete zu Herrn und sprach: Ach, Herr, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich Übels gereuen. So nimm nun, Herr, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben.

Und Jona ging zur Stadt hinaus und ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte; darunter setzte er sich in den Schatten, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde. Gott der Herr aber ließ einen Kürbis wachsen; der wuchs über Jona, dass er Schatten gäbe seinem Haupt und ihm hülfe von seinem Unmut. Und Jona freute sich sehr über den Kürbis. Aber am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen; der stach den Kürbis, dass er verdorrte. Als aber die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen, und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben.

Da sprach Gott zu Jona: Meinst du, dass du mit Recht zürnst um des Kürbis willen? Und er sprach: Mit recht zürne ich bis an den Tod. Und der Herr sprach: Dich jammert der Kürbis, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?

Wir sehen in diesem Kapitel:

1. Wie es den Jona verdross, dass Gott nicht tat, was Er ihn hatte predigen lassen.

2. Dass Jona seinen verkehrten Weg vor Gott behauptet, in seiner Rechthaberei die Tugenden Gottes antastet, und den Herrn bittet, er möge seine Seele von ihm nehmen.

3. Dass darauf der Herr es ihm zu bedeuten gibt, ob er billig zürne.

4. Dass aber Jona darauf nicht Acht gibt und sich  außerhalb der Stadt eine Hütte baut, um zu sehen, ob nicht vielleicht Gott Seine Predigt noch handhaben würde.

5. Dass daselbst Gott einen Kürbis über sein Haupt wachsen und denselben Tags darauf wieder dürre werden lässt, wobei Jona so voll Eigenleibe ist, dass er lieber den Kürbis hätte bestehen lassen zu seinem Nutzen, als die Niniviten zur Verherrlichung der Erbarmung Gottes.

6. Dass sogar Jona über den Verlust dieses Kürbisses so unmutig wird, dass er sich von neuem den Tod wünscht.

7. Wie Gott der Herr in Seiner großen Langmut ihn an dem Kürbis belehrt, dass Jona, wo es um die Anwendung ging, Gottes Wege und Wesen gar nicht verstand und Gott ganz unähnlich war.


 

I. Wie es den Jona verdross, dass Gott nicht tat, was Er ihn hatte predigen lassen.

Jona 4. 1a

Das aber verdross Jona sehr, und er ward zornig…

Was verdross den Jona? Und weshalb ward er zornig? Darum wurde er über die Maßen verdrießlich, darum wurde er zornig: Weil Gott des Übels reute, welches Er geredet hatte, und es nicht tat! – Wie? Jona, ein Prophet Gottes, eine Bote des Friedens, wird darüber zornig, dass Gott nicht tut, was er gepredigt? Er zieht also sein Wort und seine Predigt der Errettung einer ganzen Stadt vor! Ja, meine Geliebten! Es ist geschehen! Stände es nicht geschrieben, wer würde es glauben? Daran wissen wir aber, dass wir Gottes Wort vor uns haben: Denn darin werden uns die Heiligen Gottes vorgemalt, wie sie in Wahrheit gewesen sind – und nicht wie sich das Fleisch dieselben vorzustellen pflegt. Der Mensch denkt in der Not und Sorge seiner Sünden wegen: „Wäre ich wie dieser oder jener Heilige, ja dann würde ich vollkommen sein, dann würde ich wissen, dass Gott an mir gefallen hat“. Nun, wenn man den Heiligen Gottes darin gleichen will, ein solcher Sünder zu sein, wie sie Sünder waren, dann wird man auch alsbald das sein, was sie als Heilige Gottes gewesen sind. Der Mensch sollte aber an den Heiligen Gott denken und an Seine Gnade, und nicht an das Gesetz  und des Fleisches Heiligung! Denn auch Jona hat es wohl von sich erfahren, dass er bei dem Gesetze Gottes nichts an und für sich taugte, obgleich er ein Prophet Gottes war – obgleich er durch und durch belehrt und aus der Hölle herausgerissen war! „Das Gesetz ist geistlich, ich aber bin fleischlich“ – solches hat er auch von sich selbst bekennen müssen.

Versteht den Jona aber wohl:  Er war kein Teufel, der aus teuflischer Ehrsucht lieber eine große Stadt Gottes unglücklich gesehen hätte, als dass er ohne weiteres nicht sollte der Mann bleiben – er war an seinem Gott irre geworden; er verstand dessen Weg nicht mehr! Gott hatte es unbedingt predigen lassen: Noch vierzig Tage, und Ninive wird untergehen! Das war ja Gottes Wort, und nun wurde daraus nichts. So stand er denn als ein Lügner da! Er war treu gewesen, hatte seine Botschaft ganz treulich ausgerichtet, und nun war Gott ihm untreu geworden (wie er meinte!), denn Er tat es ja nicht, was Er ihn hatte predigen lassen! Ein solches Benehmen Gottes verstand er so wenig, wie Hiob Gottes Verfahren mit ihm verstand! Darüber hätte er nun freilich nicht so entrüstet, nicht so zornig werden sollen, dass der Herr nun anders verfuhr. Denn wenn ein Gesandter die Last seines Königs vollbrachte hat, so soll er das weitere  dem Willen des Königs doch überlassen. Aber nein, Jona meinte: „Gott, Gott hat durch mich Tod und Untergang predigen lassen ¬– so soll auch kommen, was ich gepredigt habe!“ Und dabei übersah er ganz, was die Predigt gewirkt hatte – oder er wollte es doch nicht für völlig anerkennen! Da konnte er denn aber mit Agur sagen: Ich bin der allernärrischste, und Menschenverstand ist nicht bei mir! Und es galten auch ihm die Worte, welche der Herr zu Hiob sprach: Wer ist der, der so fehlet in der Weisheit und redet mit Unverstand? Wenn er später an seinen Zorn gedachte, wird er mit Asaph ausgerufen haben: Da war ich ein großes Tier vor dir. Denn Jona  ist wohl der stärkste Beleg dessen, was der Herr gesagt: Aus dem Herzen der Menschen kommt hervor – Unverstand!

Ist es um Jona willen allein geschrieben, dass er so entrüstet, so zornig gewesen ist, weil Gott die große Stadt nicht umkehrte und seinen Propheten als einen Lügner vor seiner Predigt sitzen ließ? Meine Geliebten, was denkt mancher von euch? Ja, denkt er, habe ich mal erst solche Erfahrungen durchgemacht wie Jona, wie Hiskia, wie Abraham, dann werde ich doch ein andrer Mann sein. – Ich sage euch aber: Der Mensch bleibt ein Mensch! Solches ist die Meinung des Heiligen Geistes,  dass Er uns dieses von Jona mitteilt! Es ist aber der Sünder gräulichstes, wenn wir Gott meistern wollen in Seinen Wegen und Tun. Und genau das tat Jona! Solches können auch wir nicht lassen, was wir auch durchgemacht haben mögen und wer wir auch sein mögen! Dieser Unverstand steckt in dem Menschen. Was er sagt, was er lehrt und behauptet, solches soll gelten – und weiß er, dass es Gottes Wort ist, was er lehrt, so möchte er viel lieber alles verwüstet sehen, als das Gott nun nicht eben so tun sollte, als er zu lehren gegeben hat! In heiligem Eifer  für das Wort  würden wir alles ausrotten! Es soll so hergehen wie wir meinen dass es heilig ist! Sonst zürnen wir drauf los! Und dies nicht allein: Geht es nicht wie wir denken, dass es gehen sollte, so meinen wir vor Gott noch das höchste Recht obendrein zu haben! Und um uns noch mehr zu beschweren, brechen wir alles in Stücke und möchten lieber von hinnen gehen, als dass wir länger hier auf Erden bleiben, wo wir  doch nichts ausrichten können und wir uns von allen zum Besten halten lassen müssen. – Und darum fing Jona an zu beten! 


 

II. Dass Jona seinen verkehrten Weg vor Gott behauptet, in seiner Rechthaberei die Tugenden Gottes antastet, und den Herrn bittet, er möge seine Seele von ihm nehmen.

Jona 4. 1b-2

… und betete zu Herrn und sprach: Ach, Herr, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich Übels gereuen. So nimm nun, Herr, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben.

Mancher will ein anderer sein als er ist, um sich bei dem Gesetz anders darzustellen, als Gott will, dass er sein soll. Bei dem Gesetz sollen wir nämlich untauglich sein und bleiben, und nur der Gnade sollen wir uns freuen, welche uns tauglich machen wird zu Werken, von denen Gott allein den Ruhm haben wird – und nicht wir! So will mancher auch das Gebet in seiner Hand haben und möchte schön beten zu Gott. Das Gebet sollen wir aber auch nicht in der Hand haben, vielmehr gibt der Herr uns ein Unser Vater, wobei wir fortwährend beten sollen, dass es mit unserm Namen, Reich und Willen ein unnützes Ding werde, so dass nichts draus komme. Auch sollen wir bekennen, dass wir uns das täglich Brot nicht mal herbeizuschaffen wissen; sondern dass wir vielmehr der Versuchung die Hand reichen, wenn Gott uns nicht bewahrt, und uns dem Teufel preisgeben, wenn uns der Herr nicht von ihm erlöst. Wir sollten doch aufhören das Gebet in eigener Hand haben zu wollen. Denn alle unsere Gebete taugen nichts! So wahr ist es, was Paulus schreibt: Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich`s gebührt!

Wir haben zwei Gebete von Jona. Beide wurden gebetet mit tief bewegtem Gemüt. Das erste geschah aus dem Bauch des Fisches. Da lag Jona in der Hölle. Dies war ein gutes Gebet, welches er aber nicht selber betete! Denn solch ein Gebet betete der Heilige Geist ihm vor – und Jona sprach es nach! Von diesem Gebet verstand Jona selbst nicht mal alles; der Herr hat es aber erhört und in Erfüllung gebracht.

Hier aber haben wir ein anderes Gebet. Es war aber ein schlechtes Gebet, wobei er in umgekehrtem Sinne nicht wusste was er betete. Hätte Gott nun sein Gebet in der Hölle nicht allein gelten lassen, so wäre Jona übel dran gewesen. Denn er stieß mit diesem letzteren Gebet seinen ganzen guten Weg um, welchen er durch die Hölle gegangen war. Und er warf die Seligkeit Gottes weg, wozu er aus solcher Hölle hervorgegangen war. Ach Herr, spricht er, das ist es was ich sagte, da ich noch in meinem Lande war; darum ich auch wollte zuvorkommen zu fliehen auf das Meer. Da ist mit einemmal seine ganze Rettung aus dem Bauche der Hölle für ihn nichtig! Er vergaß gänzlich die Reinigung seiner vorigen Sünden! Solches ist eine schlechte Dankbarkeit für seine Erlösung! Er denkt so wenig an seinen Ungehorsam, dass er denselben vielmehr rechtfertigt vor Gott. Er hat recht gehabt, dass er vor dem Herrn geflohen und sich aufs weite Meer gemacht hat. Er steht rein in seinen Worten, die er vor Gott aussprach, da er noch in seinem Lande war. Er zeigt sich einen vergesslichen Hörer, ein Kind das noch Milch haben muss. Er offenbart sich als einen Menschen von ungeübten Sinnen, der keine Speise vertragen kann; einen schlechten Jünger des heiligen Geistes, indem er meint, der Herr verherrliche die Tugenden seiner Güte, ohne dass er durch das Wort die Gerechtigkeit verherrlicht sei, in welcher allein der Herr solche Tugenden den Menschenkindern zu genießen gibt. Also er hat recht gehabt und Gott hat verkehrt gehandelt – und nun will er noch dazu in den Himmel und nicht länger hier auf seinem Posten bleiben, denn Gott habe ihn für nichts und wieder nichts laufen, leiden und predigen lassen!

Ob wir`s besser machen? Wir, die den Herrn kennen und dem Rachen der Hölle wunderbar entkommen  sind? Danken wir Gott, dass Er sich nicht geschämt hat, einen großen Heiligen uns nach der Wahrheit beschreiben zu lassen, auf das wir doch ja des Trostes voll sein mögen, dass Er nicht mit uns tut nach unsern Sünden!

Beten wir zu Ihm um geöffnete Augen und Selbstkenntnis, so werden wir dasselbe  Benehmen bei uns tagtäglich wiederfinden! Schämen wir uns vor Gott, dass wir voll Rechthaberei stecken, denn darin sind wir wirklich den Kindern ähnlich, die stets meinen, sie wüssten es doch besser als ihre Eltern! Wir Menschen hängen von dem Eindruck eines jeglichen Augenblicks ab. Und geht es uns nicht nach unseren Gedanken – alsbald fangen wir auch vor Gott an zu murren! Und soll solches Murren Gebet heißen: „Ach Herr, warum so und so“, so fordern wir Ihn zur Rechenschaft auf und sind der ganzen Erlösung nicht mehr eingedenk! – Nicht eingedenk der tausendfachen Not des Leibes und der Seele; wie wir dabei gerungen haben; wie wir erlöst sind und was wir Gott für Gelübde getan haben! Ja, wir haben dann weder Herz noch Augen für Seine Wunder! Und weil es uns nicht augenblicklich so geht, wie wir es uns vorgestellt haben, möchten wir von hinnen! Lass mich sterben, was tue ich länger hienieden? – Ob uns solches in Wahrheit bedacht ist, ist freilich eine andere Frage! Aber der Tod ist uns manchmal lieber als Gottes Weg und Tun, weil wir nichts davon verstehen. Elias, obschon er noch ein wenig zuvor gewaltig gepredigt hatte der Herr ist Gott – sobald er erfuhr, dass ihm das Schlachten der Baalspfaffen und die Verherrlichung Gottes so wenig geholfen hat, dass die gottlose Isebel ihm sofort nach dem Leben trachtete – er hat es nicht anders gemacht!


 

III. Dass darauf der Herr es ihm zu bedeuten gibt, ob er billig zürne.

Jona 4. 4

Aber der Herr sprach: Meinst du, dass du mit Recht zürnst?

Jona 4.9

Da sprach Gott zu Jona: Meinst du, dass du mit Recht zürnst um des Kürbis willen? Und er sprach: Mit recht zürne ich bis an den Tod.

Aber groß sind der Langmut und die Geduld des Herrn! Und wie verkehrt, wie sündig, wie rebellisch das Gebet des Jona auch sei, Gott antwortet ihm dennoch auf sein schlechtes Gebet! Der Herr macht es wie eine verständige Mutter: Er schlägt nicht drauf zu, gibt aber auch von der Gerechtigkeit nichts nach. So lesen wir: Aber der Herr sprach: Meinest du, dass du billig zürnest…? Über eine solche Antwort konnte Jona einmal nachdenken. Denn so verfährt der große Gott mit Seinen Kindern! Er könnte uns mit einem Schlag von Sich stoßen in unserer Verkehrtheit und uns ein ewiges Schweigen auferlegen in Seinem Zorn – aber Er tut nicht mit uns nach unseren Sünden und ist eingedenk, dass wir Staub und Asche sind! Er schlägt uns deshalb nicht tot, weil wir Ihn nicht verstehen! Er verstößt uns nicht, weil wir meinen, wir haben billig an Seinen Wegen allerlei auszusetzen!

Ihr kennet diesen Herrn, welcher zu Jona sprach: Meinest du, dass du billig zürnest? Er ist derselbige von dem bezeugt wird, dass Er alle unsere Sünden auf sich lud! Und dass Er den Brüdern in allem gleich wurde, auf das Er barmherzig wäre und ein treuer Hohepriester zur Versöhnung der Sünden des Volkes! Er achtet selbst auf die Äußerungen der Verkehrtheit der Seinen, auf ihre verkehrten Gebete. Und Er unterrichtet sie ganz schonend aber auch majestätisch, so dass ein Menschenkind vor Seinen Antworten und Belehrungen zusammen sinken sollte. Nur der Mensch achtet in seinem verkehrten Sinn nicht auf die Belehrungen seines Gottes! Der Herr hat viele Mühe mit ihm, bis Er ihn davon überzeugt hat, dass die Billigkeit und die Gerechtigkeit immerdar auf Seiten des Herrn sind, eitel Unbill und Unvernunft aber auf Seiten des Menschen!

Jona gab darauf auch nicht acht – er meinte doch, er zürne billig! Bis dahin hatte er das Wesen der Stadt angesehen, wie da alles vom König bis zum Bettler in Sack und Asche lag. Alles war zerknirscht und zerschlagen und das Wort des Propheten hatte mächtig gewirkt – es hatte Wunder getan! Aber das alles gefiel dem Propheten nicht, denn aus dem Worte vom Untergang wurde nichts! Sein Wort und seine Predigt wurden Lügen gestraft! Ja, er zürnte billig, wie er meinte – und ohne auf Gottes Antwort, auf eine schonende und belehrende Frage zu merken, verlässt er die Stadt! 


 

IV. Dass aber Jona darauf nicht Acht gibt und sich  außerhalb der Stadt eine Hütte baut, um zu sehen, ob nicht vielleicht Gott Seine Predigt noch handhaben würde.

Jona 4. 5

Und Jona ging zur Stadt hinaus und ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte; darunter setzte er sich in den Schatten, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde.

Man möchte fragen: Ist es möglich? Hat der Jona ein so hartes Herz, dass er so wenig Acht gibt auf die Stimme des Herrn; auf die Belehrung des Heiligen Geistes?

Ach ja, wenn Gott spricht: Ich will das steinerne Herz aus euch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben, so mag es vor Gott wahr sein. Und wir haben es zu glauben, dass Er das steinerne weggenommen und uns ein fleischliches gemacht hat! Ein weiches Herz wird wohl da sein, auch ein mitleidendes, barmherziges Herz – die volle Nächstenliebe, wenn es der Herr gesagt hat! Wir sollen aber nichts davon sehen, nichts davon in unserer Macht haben –  vielmehr sollen wir es erfahren, dass wir an und für uns selbst das steinerne, unbarmherzige, lieblose Herz behalten haben! Denn dies war ganz lieblos von Jona, sich dahinzusetzen und es abzuwarten, ob denn nicht die Stadt am Ende würde untergehen, so dass alles Schreien und heftige Rufen der Leute von Ninive, auch ihrer kleinen Kinder und des armen Viehs ihnen doch nichts geholfen hätte! Dazu setzte er sich in seinem Überdruss der fürchterlichsten Hitze der Sonne aus. Weil Ninive nicht in der Hitze des Zorns umkam, wollet er selbst sich durch die Hitze der Sonne plagen lassen und davon sterben, aber Gott sollte die Stadt umkehren. Da ihm aber die Hitze zu arg ist, machte er sich daselbst eine Hütte und setzte sich darunter in den Schatten; da ist er denn vor dem Sonnenbrande halb geborgen, aber Ninive muss durchaus umgekehrt werden, weil er solches gepredigt hat.
Ob wir es besser machen? Haben wir den Menschen die Wahrheit zu sagen, so kommen wir mit Gottes Wort und drohen und dräuen mit diesem Worte! Was nun das Wort heute und morgen wirken wird, darauf geben wir nicht acht! Es muss aber so kommen wie wir gesagt haben, und ausrotten möchten wir das Unkraut mit dem Weizen.

Da ist nun Jona und wartet ab, ob nicht das Feuer von dem Himmel bald herunterfahren wird. Sieht es nicht so aus, als wäre er der Teufel?! Oh wie wenig war er Gott ähnlich! Wie schien es ganz auf ihn anwendbar: Wenn ich allen Glauben hätte, also dass ich Berge versetzte, und ich hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts! Denket euch einen Menschen, selbst einen Sünder, der sonst doch wusste, dass ein Mensch nichts nehmen kann,  es sei ihm denn von oben gegeben – einen Menschen, dem so viel vergeben war, – er konnte die große gewaltige Stadt überschauen, welche in Sack und Asche lag und seine Eingeweide brausen nicht über die tausende von unglücklichen Menschen! Er würde gesagt haben: So ist es recht! Wenn die  ganze Stadt in Flammen aufgegangen wäre! Nein, dieser Jona muss vor dem Gericht der Philanthropen verdammt werden. Schade nur, dass die Philanthropen ganze Länder und Reiche, wie auch ganze Gemeinden in das Unglück und in das Verderben stürzen, wenn man nicht nach ihrer Philanthropie regieren und einhergehen will! Jona wird aber den Angefochtenen, die keine Liebe in sich finden, zum Trost vorgehalten, damit sie wissen, dass die Menschen Gottes Menschen sind! Und dass sie aufhören, die Liebe in der eigenen Hand haben zu wollen! Denn die Liebe, welche die Gläubigen haben, ist in Christus Jesus und wird nur nach Gottes Willen rege, wenn der Geist in den Rädern ist. Ohne dies bringen sie es mit aller Liebe doch zu nichts! Denn ohne Gott wirkt ihre Liebe  doch stets verkehrt. Und alle unsere guten Taten sind Untaten, und unser Barmherzig-sein ist Unbarmherzigkeit!

Es war doch auch eine Aufgabe für Jona! Ließ Gott sein Wort nicht kommen, welches er gepredigt hatte, so wäre es doch nicht Gottes Wort. So sei er kein Mann Gottes, so sei Gott nicht mit ihm, sei sein ganzer Weg verkehrt und er stecke dann wohl in Sünden und Ketzerei. So hat Jona wohl gemeint, dass er den rechten Glauben habe. Aber nunmehr zeigte sich, dass sein ganzer Weg auf Einbildung beruhte: So sei Gott wider ihn und für die Niniviten, und er sei nicht errettet, sondern liege noch in der Finsternis!

So ist der Mensch bei aller Erfahrung die er macht: Weil er nicht Acht gibt auf alles, was zwischen dem Grunde und Anfang liegt, wovon er ausgeht, und dem Schluss und Ende, wohin er steuert! So verdammt er Gott und seinen eigenen Weg oder des Nächsten Stand. Es muss alles so kommen und so dastehen wie er es meint.


 

V. Dass daselbst Gott einen Kürbis über sein Haupt wachsen und denselben Tags darauf wieder dürre werden lässt, wobei Jona so voll Eigenleibe ist, dass er lieber den Kürbis hätte bestehen lassen zu seinem Nutzen, als die Niniviten zur Verherrlichung der Erbarmung Gottes.

Jona 4. 6-8a

Gott der Herr aber ließ einen Kürbis wachsen; der wuchs über Jona, dass er Schatten gäbe seinem Haupt und ihm hülfe von seinem Unmut. Und Jona freute sich sehr über den Kürbis. Aber am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen; der stach den Kürbis, dass er verdorrte. Als aber die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen, und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde.

Aber der Hausvater weiß wohl, was er in seine Kinder gelegt hat und wie er sie zu lehren hat, dass sie zufrieden werden mit allen Seinen Wegen, sich tief schämen vor ihrem Gott und umso mehr Ihn als den allein weiden Hort und Herrn erhöhen und groß machen. Die Hütte, welche Jona sich erbaut hatte, gab ihm doch kaum Schatten genug gegen die Sonnenhitze, und je mehr die Sonne stach und die Umkehrung Ninives ausblieb, umso verdrießlicher und zorniger musste Jona werden. Da heißt es nun: Gott der Herr aber verschaffte einen Kürbis, der wuchs über Jona, dass er Schatten gab über sein Haupt und errette ihn von seinem Übel.  Und Jona freute sich sehr über den Kürbis.  Gott der Herr, der Himmel und Erde erschaffen, kann wohl schnell da was emporkommen lassen, wo sonst nichts wächst. So überschattet Er denn Sein Kind mit einem Rizinusbaum.  Das machte dem Jona große Freude; er war nun vor der Hitze besser geschützt. Er bekam eine bessere Laune und er konnte die Umkehr der Stadt etwas geduldiger abwarten. So gibt der Vater dem Kind eine Spielsache, um es für einen Augenblick zufrieden zu machen in seinen Schmerzen. Jona mag wohl für einen Augenblick gedacht haben: Nun lass  Ninive noch eine Weile stehen bleiben – ich freue mich, dass ich es wenigstens hier etwas besser aushalten kann. Und sein Eifer für Gottes Wort und Wahrheit legt sich ein wenig, indem er selbst etwas abgekühlt wird durch den schattenreichen Baum.  So legt er sich zufrieden zur Ruhe. Aber der Herr, der den Wal erschaffte, um ihn zu erretten von seinem verkehrten Wege, der auch den Baum gegeben hatte, um Jona schmecken zu lassen, wie wohl es einem Menschen ist, erlöst zu werden von seinem Übel, der verschaffte einen Wurm des Morgens, da die Morgenröte anbrach. Dieser stach in den Kürbis, so dass der verdorrte – und aus war es mit allen frohen Erwartungen des Propheten und die Sonne fing an zu brennen mit aller ihrer Glut. Dabei bleibt es nicht einmal dabei: Er bekommt Stoß auf Stoß! Nun ist ihm die Hütte nicht allein verdorben, der Kürbis nicht allein verdorrt, nicht allein sein schattiger Weiler ist ihm zerstört: Als die Sonne aufgegangen war, verschaffte Gott einen heißen Ostwind; und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde. Tat Gott solches nun von Herzen? Er plagt und betrübt Seine Menschenkinder nie von Herzen! Aber wir wollen des Wortes Diener nicht sein, sondern Meister! Es hat manchmal den Anschein, als verfahre der Herr sehr hart und unbarmherzig mit Seinen Kindern. Hat Er ihnen eben was gegeben, worüber sie sich darüber freuen – es währt nicht lange, und der heiße Ostwind ist wieder da! Und es scheint gelogen, was Gott verheißen hat: Die Sonne wird dich nicht stechen des Tages, noch der Mond des Nachts. Liegt es aber an Gott oder an uns? Hat Er auch Ursache dazu, dass Er uns klagen lässt: Er hat meinen Weg vermauert mit Werkstücken und meinen Steig umgekehret. Er hat auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen. Er lässt mich des Weges fehlen, Er hat mich zerstückelt und zunichte gemacht. Wozu werfen wir unsere Freude über den Haufen? Wozu der heiße Ostwind? Wozu das stäupen und stechen? Das ist des Herrn Liebe und Treue: Uns zu belehren, dass Er es allein ist und das wir nichts sind – seien wir auch ein Prophet, ein Mann Gottes oder seien wir auch einer der Allerheiligsten! Die Hand in den  Busen! In Christus Jesus ist Leben und an Ihm die Frucht! Und alles bewegen, tun, denken und wollen ist nach Gottes Gesetz lediglich in Ihm! Aber wir? Mit allen Gaben des Geistes wissen wir, wenn es uns überlassen ist, nichts auszurichten! Und was wir können, ist allein dieses, dass wir schön allerlei Verkehrtheit an den Tag legen –  mehr aber vermögen wir nicht! Wir sollten es nur in  Wahrheit von uns wissen wollen, Gottes Wort hin oder her – aber wir suchen solches, was die Naseweisheit und die Eigenliebe eingibt! Und haben wir das in unseren Händen, so lassen wir alles Übrige sein, was es sein mag. Solches lässt Gott aber bei uns nicht stehen: Es soll uns bekannt, uns aufgedeckt und von uns anerkannt werden, auf dass kein Fleisch sich rühme vor Gottes Angesicht und uns Gott als der allein weise und ewige  König anerkannt bleibe! Als ein Gott, der es allein versteht selig zu machen! Dazu kommt denn der heiße Ostwind, dazu muss uns davor und danach die Sonne auf den Kopf stechen, dass wir matt werden!


 

VI. Dass sogar Jona über den Verlust dieses Kürbis so unmutig wird, dass er sich von neuem den Tod wünscht.

Jona 4. 8b

Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben.

Verstehen wir das anfänglich? Verstehen wir das in der Anfechtung? Ach – so wenig wie Jona! Er wünschte seiner Seele den Tod und sprach: Ich will lieber tot sein, denn Leben. – War dies nun Geduld unter Gottes Rute? War dies nun ein christliches beugen? Eine Hingabe unter Gottes Schläge? Gewiss nicht! Die Heuchler haben freilich immerdar so viele Tugenden, dass sie von allem frommen Fleisch angebetet werden; die Aufrichtigen hingegen können sich keine Tugend erheucheln! Sie geben sich, wie sie sind.

Jona weiß von seiner christlichen Beschaffenheit: Nun, da er den Kürbis nicht mehr hat, will er durchaus tot sein. Und ob ihn Gott auch belehrt mit der Frage: Meinest du, dass du billig zürnest um den Kürbis? Jona hat nicht mal ein Ohr für solch eine Belehrung! Er antwortete: Billig zürne ich bis an den Tod. Solches ist nun nicht zum Troste derer geschrieben, die in ihrem Leichtsinn sagen, weil sie ihre Gelüste nicht nach Herzenswunsch haben können: „Ich wollte, ich wäre tot!“ Es ist im Gegenteil zum Troste der angefochtenen und bekümmerten Gemüter geschrieben, dass sie es doch verstehen, dass es nicht billig ist, so bestehen auf ihren fleischlichen Geschichten zu bestehen. Und das nichts über sie kommt außer es ist von der Hand eines gnädigen und treuen Vaters,  der für sie, wie schmerzlich es ihnen auch manchmal seien mag, so dass sie den Tod dem Leben vorziehen, doch alles zum mitwirken lässt. Denn solches sollen sich alle Heiligen Gottes zu Herzens nehmen, dass sie sich den Tod nicht wünschen, weil sie die Wege Gottes nicht begreifen. Es soll sich aber ein Menschenkind vor Gott demütigen seiner Sünde wegen, dass es sich so rebellisch gegen Gott erheben kann, aber darum soll es die Hoffnung der Seligkeit nicht fahren lassen! Am Ende wird er sich doch selbst schämen, dass er so gar nichts von Gottes Wegen gewusst hat und dieselben davor und danach nicht gutgeheißen hat, wie das aller Heiligen Sünde und Unverstand ist! Aber er wird doch am Ende auch heilig darüber lachen, dass der Herr das Ruder in Seiner Hand gehalten hat und ihn getragen hat in Seinem Busen wie ein Hirt das neugeborene Lamm.


 

VII. Wie Gott der Herr in Seiner großen Langmut ihn an dem Kürbis belehrt, dass Jona, wo es um die Anwendung ging, Gottes Wege und Wesen gar nicht verstand und Gott ganz unähnlich war.

Jona 4. 10-11

Und der Herr sprach: Dich jammert der Kürbis, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?

Denn so macht es auch der Herr mit Jona! Diese Rede des Herrn ist schlagend; ein Kind kann sie verstehen! Einen Menschen Gottes, zu allem guten Werk vorbereitet, jammert eines Kürbis, welchen er nicht gepflanzt und auch nicht aufgezogen hat! Einen Kürbis, welcher eines Abends kam und der Morgens frühe verschwunden war – aber es jammerte ihn nicht einer solch großen Stadt Gottes wie Ninive war! Wäre Ninive untergegangen, so hätte er Gott gepriesen! Und weil der Kürbis verschwindet, wünscht er sich den Tod! Gottes Feuer würde er über die Niniviten haben kommen lassen, die ganze Hitze seines Zorns, er meint das brenne nicht – und wo es ihn ein wenig brennt, will er nicht länger leben! Sein Wort aus dem Munde Gottes vom Untergang soll rasch in Erfüllung gehen, aber ob Gott dadurch gerechtfertigt und der Nächste eben durch ein solches Wort errettet würde, kommt ihm nicht in den Sinn! So hat er denn gar keine Liebe Gottes und des Nächsten in sich, obschon er ein Prophet des Herrn ist! Der Herr beschämt ihn sogar damit, dass er keine Liebe zu den jungen Kindern hat, dass er auch nicht an das Vieh gedacht hat, und also bloß an sich selbst denkt. Ja, einen Propheten jammert es mehr eines Kürbis, als einer großen Stadt!

Und mit dieser Belehrung und Frage des Herrn, worüber noch viel zu sagen wäre, schließt das Buch Jona. Gar keine Antwort mehr von Jona, gar keine weitere Geschichte von ihm, wie denn nun sein Ende gewesen sei; auch kein Wort mehr von den Niniviten. Dazu auch viele Tiere – dies ist das letzte Wort des Buches!

Die Meinung des heiligen Geistes habt ihr vernommen: Nur in Christus Jesus ist ein Mensch vor Gott gerecht! Gott rechtfertigt einen Gottlosen, dieser Gottlose geht allein an der Hand der Gnade den Weg der Gebote Gottes und ist als solcher heilig. Das Wort, worin er aufgenommen ist, schafft alles vor ihm her und tut eitel Wunder. Nur durch tiefe Wege, durch die Hölle hindurch, macht der Mensch diese Erfahrungen zur Seligkeit, und an der Hand seines Gottes tut er den guten, wohlgefälligen und vollkommene Willen Gottes von Herzen. Das Ganze ist aber alles des Heiligen Geistes Werk und Frucht und kein Gesetz ist gegen einen solchen Menschen in Christus Jesus. Dagegen ist und bleibt ein solcher ein Mensch um und um, der von Gottes Wort und Wegen nichts Rechtes versteht und auch vor dem Gesetze an und für sich selbst gar nicht taugt. Geht es nicht so, wie er es sich vorgestellt, wird er alsbald an allem irre und meint, er sei in seinem Rechte und Gott handle nicht mit ihm, wie er sollte. Und er gibt in seinem Unmut Weg, Leben und Seligkeit, alles mit einander, dran. Nur mit dem Sichtbaren ist der Mensch an und für sich selbstzufrieden. Und wenn er es gut hat, so mag die ganze Welt treiben, wie sie kann.

Gott der Herr aber lässt die Seinen nicht in solch einem verkehrten Sinn! Im Gegenteil: Er belehrt sie als ein guter und liebender Hausvater! So werden sie denn mehr und mehr beschämt über allen ihren Behauptungen und über dem, was sie gesucht haben! Und sie müssen sich am Ende gestehen: Gott ist allein weise! Auch ist Er alleine gut, Er allein hat die Erkenntnis von Gutem und Bösem – ich bin nicht wie Gott!

Ich schließe meine Predigten mit der Bemerkung: Wie gut es ist, dass wir Menschen, seien wir auch Propheten des Herrn, nicht Gott sind und Gottes Gewalt und Macht nicht in eigner Faust haben! – Sonst wäre die Kirche und die Welt schon längst zu Grund gerichtet! Und es würde das eine Kind Gottes das andere in den Abgrund schleudern! Nunmehr bleibt es aber dem Worte anheimgestellt, mit Juden und Barbaren, mit Keuschen und Huren, mit Ehrlichen und Zöllnern, mit Heiligen und Sündern (demnach auch mit einem jeden von uns!!!) zu handeln nach Seiner Weisheit und nach Seinem Wohlgefallen.

Jona und Hiob waren irre an ihrem König geworden, weil sie nicht begriffen, dass ein guter Kriegsknecht die Treue des Königs nicht in Verdacht nehmen soll, wenn er auch durch einen Kugelregen hindurch muss, welchen der König selbst angeordnet hat. Und wer versteht den großen Gott in Seinem Tun? Nur einer verstand Ihn, kannte Ihn, nahm Ihn nicht in Verdacht, obschon der Vater Ihn noch ganz andren Dingen Preis gab: Sein Name ist Jesus Christus! Durch Ihn sei Gott gepriesen, dass wir bei dem Weheruf: Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leib diese Todes? keine Verdammung zu erwarten haben! Die Heiligen der Welt können mit ihrer Theologie von Werken, Heiligkeit und Tugenden den Propheten Jona nicht verstehen. Aber die Heiligen Gottes kennen sich selbst nicht besser! Sie freuen sich über Gottes Trostwort: Ihr seid Menschen, aber ich bin euer Gott. Und welche von euch solche Heiligen sind: Freuet euch solcher unaussprechlichen Geduld und Langmut der Liebe, womit Gott uns in die Lehre genommen hat! Sind bei uns Eingeweide, so sind sie da in Christus Jesus, sonst sind nicht mal Eingeweide bei uns für die stummen Tiere, für das Geschöpf Gottes, welches keine unsterbliche Seele hat, wie viel weniger für die, welche eine unsterbliche Seelen haben. Es ist aus mit allem Ruhm des Fleisches! Wer sich rühmt, der rühme des Herrn allein! In Ihm sind die Gerechtigkeit, die Weisheit und die Stärke! Bei Ihm allein ist die Treue, die Liebe, die Gewogenheit zu dem Verlorenen! Und so wird durch uns Sein Rat vollbracht werden, dass Er allein die Ehre davon haben wird! Bei uns die Beschämung, Sein die Barmherzigkeit und Güte.  Amen.