JONA-PREDIGTEN

6. Jona-Predigt - II. Teil

 

II. Dass Jona seinen verkehrten Weg vor Gott behauptet, in seiner Rechthaberei die Tugenden Gottes antastet, und den Herrn bittet, er möge seine Seele von ihm nehmen.

Jona 4. 1b-2

… und betete zu Herrn und sprach: Ach, Herr, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich Übels gereuen. So nimm nun, Herr, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben.

Mancher will ein anderer sein als er ist, um sich bei dem Gesetz anders darzustellen, als Gott will, dass er sein soll. Bei dem Gesetz sollen wir nämlich untauglich sein und bleiben, und nur der Gnade sollen wir uns freuen, welche uns tauglich machen wird zu Werken, von denen Gott allein den Ruhm haben wird – und nicht wir! So will mancher auch das Gebet in seiner Hand haben und möchte schön beten zu Gott. Das Gebet sollen wir aber auch nicht in der Hand haben, vielmehr gibt der Herr uns ein Unser Vater, wobei wir fortwährend beten sollen, dass es mit unserm Namen, Reich und Willen ein unnützes Ding werde, so dass nichts draus komme. Auch sollen wir bekennen, dass wir uns das täglich Brot nicht mal herbeizuschaffen wissen; sondern dass wir vielmehr der Versuchung die Hand reichen, wenn Gott uns nicht bewahrt, und uns dem Teufel preisgeben, wenn uns der Herr nicht von ihm erlöst. Wir sollten doch aufhören das Gebet in eigener Hand haben zu wollen. Denn alle unsere Gebete taugen nichts! So wahr ist es, was Paulus schreibt: Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich`s gebührt!

Wir haben zwei Gebete von Jona. Beide wurden gebetet mit tief bewegtem Gemüt. Das erste geschah aus dem Bauch des Fisches. Da lag Jona in der Hölle. Dies war ein gutes Gebet, welches er aber nicht selber betete! Denn solch ein Gebet betete der Heilige Geist ihm vor – und Jona sprach es nach! Von diesem Gebet verstand Jona selbst nicht mal alles; der Herr hat es aber erhört und in Erfüllung gebracht.

Hier aber haben wir ein anderes Gebet. Es war aber ein schlechtes Gebet, wobei er in umgekehrtem Sinne nicht wusste was er betete. Hätte Gott nun sein Gebet in der Hölle nicht allein gelten lassen, so wäre Jona übel dran gewesen. Denn er stieß mit diesem letzteren Gebet seinen ganzen guten Weg um, welchen er durch die Hölle gegangen war. Und er warf die Seligkeit Gottes weg, wozu er aus solcher Hölle hervorgegangen war. Ach Herr, spricht er, das ist es was ich sagte, da ich noch in meinem Lande war; darum ich auch wollte zuvorkommen zu fliehen auf das Meer. Da ist mit einemmal seine ganze Rettung aus dem Bauche der Hölle für ihn nichtig! Er vergaß gänzlich die Reinigung seiner vorigen Sünden! Solches ist eine schlechte Dankbarkeit für seine Erlösung! Er denkt so wenig an seinen Ungehorsam, dass er denselben vielmehr rechtfertigt vor Gott. Er hat recht gehabt, dass er vor dem Herrn geflohen und sich aufs weite Meer gemacht hat. Er steht rein in seinen Worten, die er vor Gott aussprach, da er noch in seinem Lande war. Er zeigt sich einen vergesslichen Hörer, ein Kind das noch Milch haben muss. Er offenbart sich als einen Menschen von ungeübten Sinnen, der keine Speise vertragen kann; einen schlechten Jünger des heiligen Geistes, indem er meint, der Herr verherrliche die Tugenden seiner Güte, ohne dass er durch das Wort die Gerechtigkeit verherrlicht sei, in welcher allein der Herr solche Tugenden den Menschenkindern zu genießen gibt. Also er hat recht gehabt und Gott hat verkehrt gehandelt – und nun will er noch dazu in den Himmel und nicht länger hier auf seinem Posten bleiben, denn Gott habe ihn für nichts und wieder nichts laufen, leiden und predigen lassen!

Ob wir`s besser machen? Wir, die den Herrn kennen und dem Rachen der Hölle wunderbar entkommen  sind? Danken wir Gott, dass Er sich nicht geschämt hat, einen großen Heiligen uns nach der Wahrheit beschreiben zu lassen, auf das wir doch ja des Trostes voll sein mögen, dass Er nicht mit uns tut nach unsern Sünden!

Beten wir zu Ihm um geöffnete Augen und Selbstkenntnis, so werden wir dasselbe  Benehmen bei uns tagtäglich wiederfinden! Schämen wir uns vor Gott, dass wir voll Rechthaberei stecken, denn darin sind wir wirklich den Kindern ähnlich, die stets meinen, sie wüssten es doch besser als ihre Eltern! Wir Menschen hängen von dem Eindruck eines jeglichen Augenblicks ab. Und geht es uns nicht nach unseren Gedanken – alsbald fangen wir auch vor Gott an zu murren! Und soll solches Murren Gebet heißen: „Ach Herr, warum so und so“, so fordern wir Ihn zur Rechenschaft auf und sind der ganzen Erlösung nicht mehr eingedenk! – Nicht eingedenk der tausendfachen Not des Leibes und der Seele; wie wir dabei gerungen haben; wie wir erlöst sind und was wir Gott für Gelübde getan haben! Ja, wir haben dann weder Herz noch Augen für Seine Wunder! Und weil es uns nicht augenblicklich so geht, wie wir es uns vorgestellt haben, möchten wir von hinnen! Lass mich sterben, was tue ich länger hienieden? – Ob uns solches in Wahrheit bedacht ist, ist freilich eine andere Frage! Aber der Tod ist uns manchmal lieber als Gottes Weg und Tun, weil wir nichts davon verstehen. Elias, obschon er noch ein wenig zuvor gewaltig gepredigt hatte der Herr ist Gott – sobald er erfuhr, dass ihm das Schlachten der Baalspfaffen und die Verherrlichung Gottes so wenig geholfen hat, dass die gottlose Isebel ihm sofort nach dem Leben trachtete – er hat es nicht anders gemacht!