5. Jona-Predigt

V. Predigt über den Propheten Jona: Jona 3

 

 

Jona 3

Und es geschah das Wort des Herrn zum andern Mal zu Jona, und sprach: Mache dich auf, gehe in die große Stadt Ninive und predige ihr die Predigt, die ich dir sage! Da machte sich Jona auf und ging hin gen Ninive, wie der Herr gesagt hatte. Ninive aber war eine große Stadt Gottes, drei Tagesreisen groß. Und da Jona anfing hineinzugehen eine Tagesreise in die Stadt, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Da glaubten die Leute zu Ninive an Gott und ließen predigen, man sollte fasten, und zogen Säcke an beide, groß und klein. Und da das vor den König zu Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte einen Sack um sich und setzte sich in die Asche. Und ließ ausschreien und sagen zu Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Gewaltigen, also: Es soll weder Mensch noch Tier, weder Ochsen noch Schafe etwas kosten, und man soll sie nicht weiden, noch Wasser trinken lassen. Und sollen Säcke um sich hüllen beide, Menschen und Tier, und zu Gott rufen heftig; und ein jeglicher bekehre sich von seinem bösen Wege, und von dem Frevel seiner Hände! Wer weiss, Gott möchte sich kehren und Ihn reuen und sich wenden von Seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Da aber Gott sah ihre Werke, dass sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reuete Ihn des Urteils, das Er geredet hatte ihnen zu tun, und tat’s nicht.

Was auch die menschliche Vernunft einwenden möge gegen die ewige Wahrheit, dass der Mensch mit seinem Gewilltsein und Laufen nichts fertig bringt, dass man allein an der Hand der Gnade tüchtig ist zu allem guten Werk, an und für sich aber ganz dazu untüchtig ist und bleibt – so wird doch die Vernunft zu Schanden werden müssen immerdar und Gott wird Recht behalten in allen Seinen Worten. Dabei bleibt es, was Jeremia der Prophet bezeugt hat: Ich weiß, Herr, dass des Menschen Tun steht nicht in seiner Gewalt und stehet in niemandes Macht, wie er wandele oder seinen Gang richte (Jeremia 10.23). Jede Bestrebung des menschlichen Willens, sein Leben und seinen Weg in eigner Hand zu behalten, wird nichts anders ausrichten, als dass sie die alte Wahrheit um so heller ans Licht stelle, dass der Herr alles macht um Seiner selbst willen, und der Mensch zwar seinen Weg anschlägt, dass es aber der Herr ist, der seinen Gang leitet (Sprüche 16.4 & 9). Der ist glücklich dran, der das Gesetz seines Gottes hoch ehret und sich selbst weggeworfen hat vor solchem heiligen Gesetz, vor dem heiligen, rechten und wunderschönen Gebot seines Gottes. Denn vor dem Gesetz Gottes muss es zu diesem Bekenntnisse kommen, welches auch der Apostel Paulus von sich ablegt: Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich (Römer 7.19). So lange die Welt nun besteht, sind aber seit Adams Übertretung dies die Sünden der Menschen, womit sie dem Herrn Mühe machen, dass sie immerdar weiser haben sein wollen als Gott, und dass ein jeder der Meinung gewesen ist, wenn ich das Tun nicht übersehen, nicht in der Hand halten kann, wenn es nicht so geschieht, dass ich es als gut zu beurteilen vermag, so kann auch das Tun nicht gut sein. Wenn ich nicht wirke, so wirkt Gott auch nicht, wenn ich nichts tue, so ist und wird nichts getan. Man baue aber mit seiner Vernunft bei dem Gesetz so hoch man will, um sich einen Namen zu machen – Gott der Herr wird aus dem Bau ein Babel machen, dass am Ende der eine den andern nicht versteht und alle sich gegenseitig aufreiben, sich einander beissen und fressen werden, bis man sich untereinander verzehret hat (Galater 5, Jasaja 9.19 – 20). Wie sie auch verkannt wird, so wird die heilige Wahrheit doch stehen bleiben, dass man sich mit seinen Gesetzes-Werken zum Tode wirkt und dass man allein an der Gnade Leben hat, Ein– und Ausgang. Stehen wird sie bleiben, die heilige Wahrheit: Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben, und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken, auf dass niemand rühme, denn sein Geschöpf seid ihr, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin sollten gewandelt haben (Epheser 2.8 – 10). Man nenne solche Wahrheit schmähend ein leidendes Christentum. Aber dieses leidende Christentum schafft allein die Frucht, welche bleibt! Und soe ist allein wirksam zum Leben, weil sie in Gott besteht und wirksam ist, während ein sogenanntes wirkendes Christentum nur dem Tode Frucht bringt, weil Gott nichts davon weiß. In der neuen Schöpfung, in der Schöpfung der Gnade, in der Schöpfung, welche in Jesus Christus ist, hat der Mensch, hat Fleisch gar keine Bedeutung mehr! Gott tut da alles allein um Seines Namens willen! Und Er wirkt und schafft selbst in dem Menschen und durch den Menschen! Da geht es denn auch allein herrlich vonstatten. Dabei mag immerhin der Mensch etwas anders im Sinne und im Kopfe haben, auch wohl alle anderen Überlegungen, Wege und Gedanken im Herzen hegen, als die, welche Gott hat (Jesaja 55.8 – 9). Dennoch geht es gut, ja es geht allein gut, wo der Geist in den Rädern ist: Das dritte Kapitel des Propheten Jona gibt uns davon überfließenden Beweis, und dazu die Deutung und Meinung des heiligen Geistes auseinanderzusetzen, kann nur dienen zur Verherrlichung Gottes und zum Trost der Armen!

Wir betrachten nach Anleitung dieses Kapitels:

I.    Gottes wiederholten Befehl an Jona

II.    Jonas Gang und Predigt nach Gottes Willen

III.    Der Predigt Frucht


 

I. Gottes wiederholten Befehl an Jona

Jona 3. 1 – 2

Und es geschah das Wort des Herrn zum andern Mal zu Jona und sprach: Mache dich auf, gehe in die große Stadt Ninive und predige ihr die Predigt, die ich dir sage.

Ihr vernehmet es, meine Geliebten, das Wort des Herrn geschah zum andern Male zu Jona. Dasselbige Wort kam zu ihm, was auch schon früher zu ihm gekommen war. Dem Rate Gottes muss gedient, Sein Wille durch uns getan sein! Seinem Befehle haben wir nachzukommen, Sein Gesetz zu erfüllen! Jona hatte erst nach fleischlicher Gesinnung geurteilt, und fleischliche Gesinnung unterwirft sich dem Gesetze Gottes nicht. Sie kann es auch nicht, denn das Tun des Willens Gottes will nach Geist verstanden sein. Jona hatte früher gedacht, was wird es helfen, ob ich predige – Gott ist am Ende doch zu gut, um das zu tun was Er droht. Da hatte er aber nicht an das Mittel gedacht, wodurch solche Güte verherrlicht wird, nicht gedacht an dieses Mittels Kraft und Wirkung. Er hatte die Sache Gottes nach der Konsequenz des Fleisches beurteilt, nicht aber nach der Ordnung und Macht des Wortes.

Was hatte es ihm nun aber geholfen, dass er Gott so widerstanden hat? Am Ende muss er doch nun tun was Gott will und befiehlt! Es hat seine ganze Vernunft ihm zu nichts gedient, als dass er für sich selbst in die äußerste Not und Gefahr des Leibes und der Seele hineingeriet. Wie viele Not, schreckliche Angst und Kummer würde er sich erspart haben, wenn er auf der Stelle dem Befehle Gottes gehorcht hätte, als dieser Befehl zum ersten Mal zu ihm kam. Es ist wahrhaftig kein geringer Beweis der Gnade und des Langmut Gottes, dass Gott ihn in aller Not erhalten, gnädiglich daraus gerettet hat und nun ein weiteres Mal mit Seinem Befehl zu ihm gekommen ist. Vielen anderen war solche Gnade nicht zu Teil geworden! Die Israeliten zum Beispiel, die mit hoher Hand aus Ägypten hinaufgeführt waren, fielen alle ihres Ungehorsams wegen in der Wüste. Nun hat aber Gott den Jona nicht fahren lassen und ihn seiner Sünde und seines Widerstandes wegen nicht nach Verdienen gestraft. Er ist vielmehr wieder zu ihm gekommen, da er als ein Ausgespieener und Auswurf der Hölle am Ufer lag und hat ihm befohlen: Mache dich auf, stehe auf, gehe!

Sollen wir daraus nicht lernen, dass uns alles Sträuben wider das Wort der Gnade nichts fruchtet? Wir kennen sie wohl, die Gebote, die Rechte und die Sitten Gottes. Wir wissen es recht gut, dass alles am Ende dahin zielt und zusammentrifft, dass wir Gott zu kennen, Ihm allein zu dienen, Ihn zu lieben und zu fürchten haben. Wir wissen es wohl, was gute Werke sind: Nämlich, dass wir mit unserm Nächsten umgehen sollen wie Gott mit uns. Diesen Verstand gab uns Gott, es zu wissen, dass der Glaube allein das einzige, höchste und beste gute Werk ist! Dass er aller guten Werke gutes Werk ist, welches dem hohen Gott allein gefallen kann! Auch dieses ist uns nicht verhohlen, dass Gott allmächtig ist, und dass wir Ihn nicht zu meistern sondern Ihm zu gehorchen haben, wenn Er mit Seinem Worte kommt. Dazu erfahren wir es wohl tagtäglich, dass wir mit aller Erkenntnis des Guten und des Bösen am Ende doch nicht wissen, was gut oder böse in den Augen Gottes ist. Sind wir nun aber, da wir solche Erfahrungen und Kenntnisse haben, nicht sehr töricht und strafbar vor Gott? Dass wir uns das anmaßen, Ihm vorschreiben zu wollen wie wir gehen, stehen und liegen sollen? Wie wir Ihn fürchten, Ihm dienen und gehorchen sollen? Wie wir fromm und tüchtig, gerecht und heilig sein mögen? Wissen wir es doch, dass wir Sein Wort zu befolgen haben und demselben lediglich zu glauben und Ihm es zu überlassen haben, was davon die Folgen sein werden! Wir können es lange treiben mit dem Künsteln und Mäkeln an Gottes Wort und Gesetz, können lange theologisieren, um von dem Willen Gottes und Seinem Befehle uns ferne zu halten – man wird aber zu Gottes Ruhe nicht eingegangen sein! Friede mit Gott wird man nicht in Wahrheit haben! Nicht in Wahrheit ein gutes Gewissen zu Gott, so lange man halb das Evangelium und halb das Gesetz, halb die Gnade und halb das Werk an der Hand hält. Der heilige Gott behauptet Sein Recht mit Seinem Gesetze! Er will Seinen heiligen Willen getan wissen! So bleibt uns nichts übrig, als dass wir uns ganz, so wie wir sind, Seiner Gnade ergeben haben, auf dass Er selbst durch die Hand des Geistes das Recht Seines Gesetzes bei uns dargestellt habe: Das Tun Seines Willens! Jona sei uns zum warnenden, wiewohl auch zum tröstenden Beispiel! Zum warnenden, damit wir es verstehen, dass wir mit allem Laufen, mit allem Wollen des Werks, mit aller Naseweisheit der Werke und der Selbstheiligung es zu nichts anderem bringen, als dass wir uns selbst von dem Ruderschiff in das Meer und von dem Meer in die Hölle hineinarbeiten. Und endlich liegen wir als ein Ausgespieener darnieder, wo es denn mit aller Mühe und sauren Arbeit und allem Wundlaufen der Füße ein eitel verlorenes Werk ist. Jona sei es uns aber auch zum tröstlichen Beispiel, dass wir Frucht genug tragen werden! Bleibende Frucht, wenn wir den alten toten Mann, das Gesetz mit seinen Werken, drangeben und uns selbst als Tote betrachten bei solchem Gesetze, uns aber halten an das Wort des Sohnes des lebendigen Gottes. Da ist uns freilich alles Werk aus der Hand genommen, so dass wir es nicht besehen können, auch nichts mehr haben, sondern wir müssen das Schiff auf Gottes Gnade treiben lassen – es wird aber dabei nicht Not noch Gefahr sein! Adam hat es in seiner Hand gehabt, das ganze Leben, da ging es verloren. Dass wir das nun nochmal verlieren sollten, dem hat Gott vorgebeugt: Er hat es alles, das ganze Leben und die Gottseligkeit, das ganze Tun Seines Willens in Christi Hand gelegt, dass wir getrieben durch Seinen Geist, in völliger Abhängigkeit von Ihm einhergingen, auf dass eine ewige Beharrung für uns da wäre. Darum heisst es auch zu Jona: Stehe auf, gehe! Du Auswurf der Hölle, stehe auf! Ob du wohl lahm sein magst von dem Gestoßen- und Geworfensein, gehe in meiner Kraft, durch meinen Geist, in die große Stadt Ninive! Magst nun sehen, ob ein so kleiner Mann und Erdwurm wie du, der du mir mit deiner Erkenntnis von Gutem und Bösem so hart in die Quere kamst, nunmehr etwas fertig bringst, nun du gesehen hast, wie schlecht du meine Wege verstanden hast. Wirst du was Großes haben für eine so große Stadt, ein großes Wort menschlicher Beredsamkeit oder große Kraft des Wortes und einen großen Heiligenruf? Nach Ninive sollst du hin, wenn du auch meintest Samaria oder Jerusalem schicke sich besser für dich und mich. Und nichts sollst du dabei in der Hand und Gewalt haben, nicht mal eine Rede in deinem Mund! Du magst nun gehen, ohne nur zu wissen was du werdest zu sagen haben. Wenn du daselbst wirst eingegangen sein, will ich dir die Predigt in den Mund legen, und nicht was du willst, sondern was ich will sollst du daselbst predigen. Predige ihr die Predigt, die Ich dir sage!

So war Jona alles aus den Händen genommen. Wo er hat hin gewollt, ist er nicht hingekommen, und wo er nicht hin wollte, da musste er hin. Was er hat predigen wollen, hat er nicht predigen können, und was er nicht hat mögen predigen, hat er predigen müssen. Das ist allemal Gottes Weg. Was du sagen willst und überlegst bei dir selbst, davon kommt nichts. Und woran du nicht gedacht hast, das kommt heraus. Wenn du beten willst, gibt es nichts. Auch nichts, wenn du heilig sein willst und gute Werke tun willst. Wenn du aber nicht willst, und was du nicht willst, das wird Gott dich beten lassen, auch dich heilig sein und gute Werke tun lassen nach Seinem Willen und nach Seinem Gefallen, so dass du nichts davon sehen sollst. Du sollst allein Gottes Gnade erfahren und Seine Treue, auch sehen was Sein Wort darstellt, es gefalle dir oder es gefalle dir nicht. Was Gott heilig heisst, sollst du Ihm heilig sein lassen, und wo Er dich hin haben will, wirst du wohl hinkommen. Hören wir nur was folgt.


 

II.    Jonas Gang und Predigt nach Gottes Willen

Jona 3. 3 – 4

Da machte sich Jona auf und ging hin gen Ninive, wie der Herr gesagt hatte. Ninive aber war eine große Stadt Gottes, drei Tagesreisen groß. Und da Jona anfing hineinzugehen eine Tagesreise in die Stadt, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.

Jona hat gewiss nicht anders gekonnt! Gott wird ihm jeden anderen Weg abgeschnitten haben! Man hält sein Gelübde wohl und ist gehorsam, wenn der Herr einen gehorsam macht. Und man ist dann auch ganz freiwillig gebunden unter den Willen Gottes, so dass man nicht anders will, wenn man auch anders könnte – und nicht anders kann, wenn man auch anders wollte. Jona ging nach Ninive, wie später Petrus zu Cornelius ging, der erst auch nicht gewollt hatte, sondern gemeint hat, er müsse seinem Volke predigen, das sei doch vor allen und allein das Volk Gottes, es könne nie Gott ein rechter Ernst sein, dass er zu den unheiligen Heiden einkehren sollte. Aber Gott belehrte ihn wohl eines anderen, darum sagt er in seiner Verantwortung zu den Gläubigen aus der Beschneidung: Wer war ich, dass ich konnte Gott wehren? Ebenso, ob dem Jona früher ein solcher Weg nach Ninive nicht gefallen haben mochte, jetzt musste er ihm wohlgefallen! Und er ist gehorsam geworden, seit er erfahren hat, dass er mit all seiner Einbildung von Gehorsam ein Rebell gewesen ist wider den Willen Gottes. Denn so ist es nun einmal: So lange man bei dem alten Manne, dem Gesetze lebt, da will man Gott stets gehorsam sein, und sucht allerlei Werke auf, Ihm solchen Gehorsam zu beweisen. Man kommt auch fortwährend mit solchen toten Werken zu Gott und fragt: Habe ich das nicht gut gemacht, willst du mir nicht helfen, dass ich je mehr und mehr zur Vollkommenheit bringe, was ich zu deiner Ehre angefangen habe? Muss man dann aber von Gott die Antwort hören: Deine Werke taugen nicht, sie werden auch nicht halten, ich habe dir aber schon längst meinen Willen bekannt gemacht! So will man sich eben solchem Willen Gottes nicht unterwerfen und flieht vor Ihm und will es nicht wissen, dass die eigene Frömmigkeit der Weg ist, der einem gut dünkt in seinen eigenen Augen – dass aber am Ende das alles Wege des Todes sind! Ist man dagegen von Gott durch Seine treue Demütigung belehrt, dass aller Gehorsam, welchen wir für Gehorsam halten (es ist aber ein Gehorsam nach eigener Wahl) lauter Pharisäismus, Eigensinn und Ungehorsam ist, da macht man sich auf und geht als ein Ungehorsamer und dennoch freiwillig den Weg, den Gott uns geheißen hat. Da geht man denn, aber man weiß selbst nicht wie! Die Hände, die Füße und das Angesicht bedeckt mit der Bereitfertigkeit des Geistes, und man zieht die Straße entlang, welche man sonst für Unheiligkeit hielt und auch noch wohl für unheilig halten möchte, wäre nicht der Verstand gefangen geleitet unter Christi Gehorsam. Alsdann muss der Weg heilig sein, weil Gott es so will und es so geheißen hat. So geht denn auch Jona nach Ninive. Und möge auch ein ganzes Volk, das sich selbst heiligt, dazu auch sein eigen Herz ihm sagen: „Wie Prophet, du gehst nach einer Stadt, die so gottlos ist?“ Aber, welche Stadt oder welcher Mensch sollte in den Augen dessen nicht gottlos sein, der einen Apostel von Seinem treuen Knecht Abraham hat schreiben lassen, dass er ein Gottloser gewesen sei, und von dessen Engeln sogar bezeugt wird: Siehe, unter Seinen Knechten ist keiner ohne Tadel und in Seinen Boten findet Er Torheit, wie viel mehr denn bei denen, die in Lehmhütten wohnen (Hiob 4. 18). Wenn Gott einen ansieht in Seiner Erbarmung, in ansieht in Seinem Christus, so wird er in dem Herrn, seiner Gerechtigkeit vor Gott, gerecht sein, auch heilig um und an! Aber ein solcher Mensch ist und bleibt an und für sich ein Gottloser, und wenn er sich über einen Schächer erhebt, so wird er ein Gräuel sein in den Augen dessen, der sich nicht schämt der Sünder und aller Verlorenen Gott zu heißen. Oder war Ninive mehr gottlos als Jerusalem oder Samaria? Es wird sich am Tage des jüngsten Gerichts herausstellen, was gottloser gewesen, Ninive und Paris, oder Elberfeld. So viel ist gewiss, dass der Herr selbst gesagt hat, dass die Männer von Ninive, weil sie sich auf Jonas Predigt bekehrt haben, das Gericht besser werden ertragen können, als Jerusalem! Und es ist bezeichnend genug, dass es von derselben Stadt, wovon der Herr selbst aussagt: Ihre Bosheit ist heraufgekommen vor mich, an unserer Stelle heißt: Ninive aber war eine große Stadt Gottes, und dass hinzugesetzt wird, um es recht in das Licht zu stellen, welche große Stadt Gottes sie gewesen: Sie war drei Tagereisen groß. Ob zwar der Teufel drin regierte, so blieb sie dennoch eine Stadt Gottes, denn die Erde ist des Herrn und ihre Fülle auch. Und ob sie groß war in Gottlosigkeit, so war sie, eben weil sie eine Stadt Gottes war, um so viel eher ein Gegenstand, an dem sich die allmächtige Gnade verherrlichen konnte. Unser großer Gott und Seligmacher, der sich nicht schämt, diejenigen Brüder zu nennen, welche wohl einen anderen Namen verdienten, schämt sich auch auch dann noch nicht, eine Stadt die Seine zu nennen, wenn Er sie ihrer Gottlosigkeit wegen umkehren muss. Es ist Ihm nichts zu gottlos, wenn Er sich erbarmen will, und Er macht gar viele der Wunder Seiner Seligkeit eben da, wo nichts ist und alles verloren ist!

Und wie herrlich wird hier nun Gottes Wille vollführt – eben durch einen solchen, der von sich selbst nichts weiteres zu sagen wusste, als dass er ein Ungehorsamer und Widerspenstiger gewesen sei. Wie herrlich wird Gottes Wille vollführt – eben durch einen solchen, der sich nunmehr zu allem ohnmächtig und untüchtig fühlt! Da stehen seine Füße in den Toren dieser großen Stadt Gottes. Wie eigen muss es ihm zu Mute gewesen sein? Er mag sich wohl einem Tiere verglichen haben, welches hingeleitet und geschlachtet wird anderen zum Nutzen! Und er musste sich erscheinen wie ein Instrument in Gottes Hand, welches, wenn es die geschickte Meisterhand nicht aufnimmt und damit das Ihre tut, nicht Laut noch Stimme von sich gibt.

Was soll Jona predigen, da er nun in die große Stadt hineingetreten ist? Er möchte fast ohnmächtig werden bei dem Anblick einer so großen Menschen- und Seelenzahl! Aber der Herr hatte ihm gesagt: Predige ihr die Predigt, die ich dir sage! Und er sollte die Wahrheit der Verheißung erfahren: Tue deinen Mund auf, ich will ihn füllen. Jona hat angefangen, ein Drittel der Stadt zu durchgehen, da tut der Herr ihm den Mund auf: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Das Wort ist aus dem Munde, ist von der Zunge, und wie eine Bombe hat es eingeschlagen unter das Volk, wie ein Gewitter, dass alles anfängt zu zittern und zu beben! Diese Predigt war nicht aus menschlichem Willen hervorgebracht! Mit Sträuben sprach er das Wort untergehen aus – denn es stürmte dabei in seiner Seele: Es wird doch nichts daraus! Und die Entscheidungsperiode von vierzig Tagen – nur Gott konnte es ihm eingeben, solche Zeit zu bestimmen.

Sollen wir dieses, was sich mit Jona zugetragen hat, nicht zu Herzen nehmen? Lebe bei dem Gesetze, bei dem alten Manne, welchen Christus getötet und unfruchtbar gemacht hat, so wirst du viel von Gehorsam vorgeben, aber es wird nichts draus werden. Treibe auf Gnade, befinde dich in der Hand deines Herrn, so habe keine Sorge für Werk und Heiligkeit, der Herr wird dich die Heiligkeit finden lassen, wo du sie nicht vermutest, und Er wird dir Werke genug nach Seinem Willen auf die Hand legen – ja, wohl mehr als dir lieb sein wird! Denn wo Gottes Werke getan werden, da geht der Mensch unter mit seinem Glauben, mit seinem Gewilltsein, mit seinem Namen, mit seiner Tüchtigkeit, und er muss auf die Hand des Herrn sehen und von Ihm tagtäglich den Befehl abwarten, so dass er sich wohl davon machen möchte, wenn ihn der Herr nicht hielte! Und so ist denn was der Mensch alsdann tut allein das Werk des Herrn. Darum geht es aber auch allein gut, wie wir solches ganz schlagend sehen an der Frucht, welche Jonas Predigt geschafft hat.


 

III.        Der Predigt Frucht

Jona 3. 5 – 10

Da glaubten die Leute zu Ninive an Gott und ließen predigen, man sollte fasten, und zogen Säcke an beide, groß und klein. Und da das vor den König zu Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte einen Sack um sich und setzte sich in die Asche. Und ließ ausschreien und sagen zu Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Gewaltigen, also: Es soll weder Mensch noch Tier, weder Ochsen noch Schafe etwas kosten, und man soll sie nicht weiden, noch Wasser trinken lassen. Und sollen Säcke um sich hüllen beide, Menschen und Tier, und zu Gott rufen heftig; und ein jeglicher bekehre sich von seinem bösen Wege, und von dem Frevel seiner Hände! Wer weiss, Gott möchte sich kehren und Ihn reuen und sich wenden von Seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Da aber Gott sah ihre Werke, dass sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reuete Ihn des Urteils, das Er geredet hatte ihnen zu tun, und tat’s nicht.

Die Frucht war herrlich. Es kam Glaube, nachdem die Verdammung und der Untergang gepredigt war! Es kam Buße, Zerknirschung, Reue, Demütigung in Sack und Asche! Das Wort der Predigt kam vor den König – dieser ließ Menschen und Vieh, Reiche und Arme, Alte und Junge fasten, sich in Säcke hüllen und heftig zu Gott rufen! Und ein jeglicher musste sich bekehren von seinem bösen Wege und von dem Frevel seiner Hände! So gab alles in der Stadt Gott die Ehre und tat was Gott wollte. Alles rechtfertigte Gott, verdammte sich selbst und alle seine bösen Wege, verließ dieselben und verzweifelte nicht an Gottes Erbarmen. So zeigten sich der Hoffnung Anfang, welche eben darin besteht, dass man nicht verzweifelt. Sie ließen dabei Gott in Seinem Rechte und Freimacht, sie zu erhalten oder zu verderben, aber wie bestimmt auch der Spruch Gottes gewesen: Noch vierzig Tage und Ninive wird untergehen, so gaben sie es doch nicht verloren und ließen nicht nach, mit heftigem Rufen bei Gott anzuhalten um Errettung, Hilfe und Gnade, und sie fassten von Ihm diesen guten Gedanken: Wer weiß, Gott möchte sich kehren und ihn reuen und sich wenden von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Dies war die Frucht der Predigt des Wortes! Die Leute zu Ninive glaubten an Gott! Und da Gott ihre Werke sah, das ist also ihr rechtschaffener Glauben, dass sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, so reute Ihn des Übels, das Er geredet hatte Ninive zu tun, und Er tat es nicht! – Und so war denn die große Stadt Gottes von dem Verderben und dem Untergang für diesmal errettet!

Die Vernunft, angereizt von dem Teufel, hat hier viele Fragen aufzuwerfen, leider die Vernunft der Christen, welche darin von den Niniviten beschämt werden, wie auch Jona selbst von den Niniviten beschämt wurde. Hatte er sich doch gegen den Willen Gottes gesträubt, gegen das Wort der Gnade! Aber die Niniviten fürchteten sich vor dem Worte Gottes und glaubten ihm. – Die Vernunft wirft sich alsbald mit der Frage auf: War diese Buße und Bekehrung der Niniviten aufrichtig? So geht denn die Vernunft stets darauf aus, die Herrlichkeit der Werke, welche in Gott getan sind, zu schmälern, um dagegen ihre eigenen Werke für vollkommen anzupreisen. Was tue ich aber mit einer Frage, welche keiner Antwort wert ist? Gott ist gerechtfertigt, das ist genug! Und da Gott der Niniviten Werke sah, gereute Ihn des Übels, das Er geredet hatte. Die Vernunft bringt aber jede rechtschaffene Buße und Bekehrung in Verdacht, wogegen die Bekehrung des Fleisches nie in Verdacht genommen, sondern hoch gepriesen wird. Und alsbald muss dies durch allerlei Blätter der christlichen Welt erzählt werden – und wer es wagt, dergleichen in Verdacht zu nehmen, der soll kein guter Christ mehr heißen. Die Vernunft meint, Ninive habe von Gott nichts wissen können, weil die Vernunft nicht an den heiligen Geist glauben will, welcher die ganze Welt straft und allerwärts den lebendigen Gott und seine Gerechtigkeit vor den Gewissen handhabt. Die Vernunft zerarbeitet sich sodann an ihren Überlegungen, wie dieses alles zusammenhängen möge und könne mit Gottes Ratschlüssen – weil die Vernunft es nie begreifen kann, dass Gottes Ratschlüsse durch die Predigt von Buße und Glauben, nie aber ohne diese Predigt in Erfüllung gehen! Wie sie es denn auch nicht begreifen kann, dass Gottes Zorn keine Leidenschaft in Gott ist, sondern Sein allerheiligster und ruhevoller Wille, die Sünde zu richten und zu strafen, und dass Seine Drohungen, welche Sein Wort bringt, wo sie haften, in Wahrheit nur ein Aufschrecken zur Bekehrung sind und eine Offenbarung Seiner Erbarmung. Wenn Gott sagt, du wirst sterben und nicht leben, so bekehre dich von deiner Ungerechtigkeit und halte Gott Seinen Christus vor – so wirst du leben und Sein liebliches Angesicht sehen in alle Ewigkeit!

Aber genug von der Vernunft! Das dritte Kapitel des Propheten Jona beweist es vor aller Welt schlagend und überzeugend genug, was ich in dem Eingang meiner Predigt aussprach: Dass man, wie untüchtig auch an und für sich selbst, dennoch zu allem guten Werk tüchtig sein wird, wenn man an der Hand der Gnade geht. Ihr habt keinen Mangel an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesu Christi; welcher auch euch wird festhalten bis an das Ende, dass ihr unsträflich seid auf den Tag unseres Herrn Jesu Christi schrieb Paulus an die Korinther. Wer will Liebe, Hoffnung, Glaube, Sanftmut, Demut, Keuschheit, Aufrichtigkeit; wer begehrt und erstrebt sich allerlei gute Werke, Heiligkeit und Frucht, woraus er seiner Seligkeit gewiss sein möchte? Wer will Gebet und gottesfürchtigen Wandel? Wer will ein Herz, welches ehrlich und gut, welches ohne Falsch ist? In Summa: Wer will den Willen Gottes unsträflich getan haben, auch der Kennzeichen sich erfreuen, dass er ein Kind Gottes ist und in Gottes Wegen einhergeht? Der gebe es alles aus seiner eigenen Hand! Lass los, spricht der Herr, und du wirst losgelassen werden. Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat ewiges Leben! Wer ewiges Leben hat, hat die Wirkungen, die Bewegungen, das Vorsichherschaffen, welches diesem Leben eigen ist, wie von selbst. Jona wollte auch erst seinen Weg in eigener Hand halten und klüger sein als Gott, darüber geriet er in die Hölle – als er aber nichts mehr hatte, nichts mehr wusste, als den Herrn und Sein Wort, da ging es so gut, dass wir an ihm ein Beispiel haben, welches wohl einzig in der Schrift dasteht: Denn eine große Stadt Gottes kam zum Glauben und zur Buße durch eine einzige Predigt, worauf Jona nicht hat studieren können, um sie fertig zu bringen, und durch einen einzigen Gang, welchen der Prophet nicht mal hatte gehen wollen!

Es sieht allerdings gefährlich aus und scheint ein Sprung in die Tiefe der Hölle, als ein Gottloser gerecht und selig zu werden und das ‚Können’ und das ‚Sollen’ drangegeben zu haben – denn da muss man lediglich von der Gnade abhängen. Aber das Wort, das Wort von Gnade – kann es machtlos sein, ist es nicht allmächtig? Wohl dem, der sich demselben ergeben hat! Ich sage dem Wort, und nicht seinem Befinden. Das Wort, es schafft vor sich her. Und wer als ein Auswurf der Hölle auf Gottes Wort einhergeht und auf Sein Wort das Netz auswirft, sei es auch in die Tiefe, wo nach aller Vernunft nichts gefangen wird, er wird das Schiff wohl in den Hafen bringen, zum Sinken belastet mit Werken, die in Gott getan sind. Die Fische hat aber der Herr gegeben, nicht hat sie der Mensch geschaffen. Und ist dem Menschen zum Ruhm oder hat er damit etwas verdient, dass er sie gefangen hat? Und wer sorgt noch hinterher, dass das Netz nicht zerreißt? Alles ist aus Gott! Gotte und dem Lamme allein die Ehre von nun an und in Ewigkeit! Amen.